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IOC-Präsident Bach plant Russlands Rückkehr

Russland steht vor der Rückkehr in den Weltsport - und die Ukraine droht mit einem Olympia-Boykott 2024. Auch aus Deutschland erhält das IOC Gegenwind.

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Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, plädiert für eine Rückkehr russischer Sportlerinnen und Sportler zu Olympia.
Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, plädiert für eine Rückkehr russischer Sportlerinnen und Sportler zu Olympia. © dpa

Oberhof. Für das Wochenende stand Abwechslung auf dem Programm. Vielleicht sogar Ablenkung. Im verschneiten Oberhof überreichte Thomas Bach am Freitag die Medaillen an die neuen Rodel-Weltmeister, er freute sich schon auf seinen Besuch an der Eisrinne am Samstagmorgen. Doch auch im idyllischen Thüringer Wald konnte der IOC-Präsident dem bösen Wort "Boykott" nicht entgehen. Heftig wehte dem IOC-Präsidenten der Wind ins Gesicht, nachdem er mit seiner Exekutive die Tür für Russlands Rückkehr in den Weltsport weit geöffnet hatte - doch Bach blieb standhaft.

Es entspreche "nicht den Werten und der Mission der olympischen Charta, Athleten aufgrund ihres Passes auszuschließen", betonte Bach. "Möglicherweise" könnten daher "russische und belarussische Sportler unter neutraler Flagge" bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris starten. Und ein dadurch entstehender Boykott der Ukraine? Dieser sei in diesem Fall "nicht in Einklang mit unserer Mission. Wir kennen die Auffassung der Ukraine, die Russland nicht nur als Staat isolieren will, sondern die totale Isolierung aller Russen verfolgt", so der 69-Jährige.

Boykott Olympischer Spiele ist Bachs Trauma

Einen Boykott bei der Rückkehr russischer Sportler hatte am Abend zuvor der ukrainische Sportminister Wadym Hutzajt bei Facebook angedroht: "Unsere Position bleibt unverändert - solange der Krieg in der Ukraine andauert, sollten russische und belarussische Sportler nicht an internationalen Wettkämpfen teilnehmen. "Wenn wir nicht gehört werden, schließe ich die Möglichkeit nicht aus, dass wir die Olympischen Spiele boykottieren und uns weigern werden, an ihnen teilzunehmen."

Boykott: Bachs Trauma. Der Westen boykottierte Moskau 1980, der Gegenboykott des Ostblocks folgte vier Jahre später in Los Angeles. Der Sport, das beschloss Bach damals, müsse absolut neutral sein, "um überleben zu können, um seiner Funktion als Brückenbauer gerecht werden zu können, aber er kann nicht apolitisch sein".

Die Brücken zwischen Russland und der Ukraine gibt es nicht mehr, sie sind zerbombt - wie zahlreiche Plätze, Hallen, Trainingsstätten in der Ukraine und damit die Grundlage für einen friedlichen und fairen Wettkampf. Verantwortlich dafür ist das russische Regime mit Bachs früherem Partner Wladimir Putin. Das weiß auch das IOC, das den Einmarsch der russischen Armee am 24. Februar, nur drei Tage nach der Abschlussfeier der Winterspiele 2022, scharf verurteilte und Sanktionen empfahl.

Und das doch seit Monaten die Wiedereingliederung der russischen und belarussischen Athletinnen und Athleten vorantreibt. Unter Auflagen, als "neutrale Sportler" mit einer wie auch immer verbürgten Ablehnung der Gräueltaten ihrer Staatsführung. "Inakzeptabel für unser Land", stellte Hutzajt fest - und weiß Verbündete an seiner Seite. Darunter: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die sprach in der FAZ von einem "völlig falschen Weg", den das IOC beschreite."

Der Sport sollte in seiner Verurteilung des brutalen Krieges, den Putin gegen die ukrainische Zivilbevölkerung führt, klar sein", forderte Faeser: "Die internationalen Sportverbände bleiben in der Verantwortung, sich eindeutig zu positionieren." Diese Verantwortung hat das IOC weitergereicht, mit dem Hinweis, dass eine "überwiegende Mehrheit" die Rückkehr unter "strengen Bedingungen" befürworte.

Deutsche Athletenvereinigung kritisiert Bachs Pläne

Dazu zählt auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der die Mission des Weltsports verteidigt, "Menschen im friedlichen Wettstreit zusammenzubringen". Mit notwendigen Sanktionen, mit einem funktionierenden Anti-Doping-System und einer deutlich sichtbaren Neutralität russischer und belarussischer Sportler sowie deren Distanzierung vom Krieg - jedoch möglichst bald, da die Qualifikationen für Paris 2024 beginnen.

"Wir sind an diesem Punkt noch nicht angekommen", sagte Maximilian Klein vom unabhängigen Verein Athleten Deutschland am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Der Plan komme "zum falschen Zeitpunkt. Russland führt den brutalen Angriffskrieg fort und intensiviert seine Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung", sagte Klein: "Daher können wir jetzt nicht darüber reden, russische Athletinnen und Athleten wieder zuzulassen."

Bach aber betonte mehrfach die "dreiteiligen Prinzipien" im Umgang mit dem Thema Ukraine. Die Sanktionen gegen Russland (keine Identifikation, keine internationalen Wettbewerbe auf russischem Boden, keine Einladung für Regierungsvertreter) sollen aufrecht erhalten werden, die Solidarität mit ukrainischen Sportlern bleibt - aber der individuelle Athlet dürfe nicht durch Ausschluss "diskriminiert werden, auch wenn sich Länder im Konflikt befinden". Insgesamt sei die Rückkehr russischer und belarussischer Sportler aber noch "in der Konsultation", so Bach. (sid)