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Sprühen erlaubt

Seit 20 Jahren setzt sich das Spike für Graffiti-Künstler ein. Nicht jeder mag die bunten Bilder. Das soll sich jetzt ändern.

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© Sven Ellger

Von Sarah Grundmann

Abstrakte Malereien, bunte Schriftzüge oder manchmal auch richtige Porträts – alles mit der Sprühdose geschaffen. Manche nennen es Schmierereien, für Sprayer und auch für das Spike Dresden ist es hingegen Kunst wie jede andere auch. Seit 20 Jahren setzen die Mitarbeiter des Treffs auf der Karl-Laux-Straße sich für Graffiti-Künstler ein. Zum Jubiläum machten sie sich und den Künstlern der Szene jetzt ein Geschenk: Auf der neuen Internetseite „Graffiti-Dresden“ sind legale Kunstwerke aus der Sprühdose dokumentiert und Flächen, die gestaltet werden dürfen, aufgelistet.

Der neue Graffitipark an der Leipziger Straße öffnet Mitte März.
Der neue Graffitipark an der Leipziger Straße öffnet Mitte März. © Norbert Neumann

„Schon vor zwei Jahren kam die Idee dazu auf“, sagt die Leiterin Ellen Demnitz-Schmidt. „Aber so ein Projekt dauert halt seine Zeit.“ Mittlerweile ist die Seite aber online, ein guter Auftakt in das Jubiläumsjahr. Die Plattform ist nicht nur für Künstler der Szene gedacht. „Wir möchten jeden einladen, eine Graffiti-Tour durch Dresden zu machen. Deswegen sind die Bilder von den Kunstwerken auch mit Koordinaten versehen“, so die Leiterin. So soll auch das Image von Graffiti aufpoliert werden, noch gibt es einige Gegner.

61 000 Euro für Sprayer-Paradies

Ziel ist es, alle legalen Sprüh-Werke in Dresden zu zeigen. Sowohl auf den ausgewiesenen freien Flächen als auch Auftragskunst auf Häuserwänden, Verteilerkästen und Parkautomaten. Dafür ist das Spike allerdings auch auf fremde Hilfe angewiesen. „Zwar ziehen ein, zwei Leute für uns mit der Kamera los. Aber allein können wir nicht alles stemmen“, sagt Sebastian Girbig. Er ist Mitarbeiter im Spike und hat die Homepage mit angelegt. „Schließlich ist die Kunst aus der Sprühdose auch ziemlich kurzlebig, oft am nächsten Tag wieder übersprüht.“ Deswegen würde er sich über eingeschickte Bilder von Künstlern und Passanten freuen. So sollte das Archiv, das schon jetzt weit über 1000 Bilder umfasst, bald komplett sein.

Doch eine Einschränkung gibt es trotzdem: Gezeigt werden nur legale Graffiti. Und das, obwohl Illegalität in der Szene eine ganz große Rolle spielt. „Das wollen wir auch nicht verschleiern“, so Demnitz-Schmidt. „Allerdings möchte das Spike der Illegalität keine Plattform geben. Sondern Möglichkeiten zeigen, diese Art von Kunst frei auszuleben.“ Und die haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, nicht zuletzt auch wegen Demnitz-Schmidt und ihrem Team. „Seit Jahren sind wir im engen Kontakt mit der Stadt und fordern mehr freie Flächen ein.“

Zuletzt mit Erfolg: Denn noch Mitte März dieses Jahres soll die fünfte legale Fläche in Dresden eröffnet werden. Auf der Brachfläche am Puschkinplatz wurde bis Ende vergangenen Jahres alles für ein regelrechtes Sprayer-Paradies vorbereitet. Jetzt sind nur noch Restarbeiten zu erledigen: Wegen der schlechten Witterung um die Weihnachtszeit konnte zum Beispiel der Rasen noch nicht ausgesät werden, teilt der Amtsleiter für Stadtgrün und Abfallwirtschaft, Detlef Thiel, auf SZ-Anfrage mit. Wege wurden aber bereits angelegt, zwischen Metallpfeilern wurden sechs Wände zum Besprühen aufgestellt. Sie sind zwischen fünf und sechs Metern lang und zweieinhalb Meter hoch, so können bald 200 Quadratmeter des rund 2 000 Quadratmeter großen Areals besprüht werden. Insgesamt wurden für den Park 61 000 Euro investiert. Das Spike wird ihn in Zukunft betreuen, hat auch bei der Gestaltung geholfen. Neben der neuen Fläche an der Leipziger Straße gibt es in Dresden bereits vier weitere Orte, an denen nach Lust und Laune gesprüht werden darf. Im Jugendhaus „Game“ auf der Gamigstraße stehen 120 Quadratmeter für die Künstler bereit. Die Einrichtung war ein wahrer Vorreiter auf dem Gebiet der Sprühkunst, veranstaltete 1996 das erste große Graffiti-Treffen in Dresden. Eine weitere Fläche im Dresdner Süden ist rund um das Spike zu finden. Das Areal dort ist um die 500 Quadratmeter groß. Auch in der Neustadt kann gesprüht werden, die Einfahrt der Kneipe „Scheune“ und die Rückwand des Klubs „Katy`s Garage“ sind schon mehrere Jahre mit bunten Malereien verziert, 2011 wurde die Fläche dort sogar erweitert. Vor 15 Jahren wurde auch an der Flutrinne ein 700 Quadratmeter großes Areal zum Sprühen freigegeben.

„Mit so viel Raum für legale Sprühkunst ist Dresden im Vergleich zu anderen Großstädten – wie Berlin oder Leipzig – schon richtig paradiesisch“, sagt Girbig. Trotzdem sei der Bedarf noch nicht gedeckt. Deshalb sucht die Stadt noch nach Freiflächen, die bald besprüht werden können. „Da geht noch mehr“, sagt auch Demnitz-Schmidt. Sie hofft auf Ideen von Dresdnern. Wer eine geeignete Brachfläche findet, kann sich beim Spike melden.

Wer Ideen für weitere legal plains hat, kann sich unter 2818084 oder [email protected] melden.