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Stadtmauer gefunden

Wie erwartet wurden Teile des Wildenhainer Tores und der Stadtbefestigung freigelegt. An sie wird auch künftig erinnert.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Angelika Salmen vom Landesamt für Archäologie ist gerade einen Tag in der Stadt und freut sich schon über den Erfolg: „Da haben wir tatsächlich Reste der alten Stadtmauer und weitere Teile gefunden, die zur Befestigungsanlage gehört haben“, so die Mitarbeiterin. Aus historischen Quellen war unschwer herauszulesen, dass sie sich beim Bau der Berliner Straße zeigen werden. Und tatsächlich schichten sich zwischen zwei Rohren, die die Straße queren, genau an der Einmündung der Neumarktgasse relativ flache Bruchsteine auf. Ihre obere Kante liegt etwa einen halben Meter unter der bisherigen Straßendecke. Die Mauer ist noch einen Meter mächtig, war aber früher jedoch noch viel dicker.

Das Wildenhainer Tor, das bis 1835 bestand. Bis 1844 stand der Turm dahinter.
Das Wildenhainer Tor, das bis 1835 bestand. Bis 1844 stand der Turm dahinter. © Zeichnung/Richard Hönicke

Zwölf Meter hoch und bis zu drei Meter breit umringte der Wall noch vor 200 Jahren die historische Innenstadt. Im Garten der Osteria an der Ecke zur Schubert-Allee, im Innenhof der Berliner Straße 20 bis 24 und an der Schubertallee sind noch Teile der Mauer erhalten. Wo sie jetzt in der Erde gefunden wurde, war sie einst geschleift worden und musste neuer Bebauung weichen. Genauso ging es dem schönen Wildenhainer Tor, dessen Fundamente nur wenige Meter entfernt in der Erde vermutet werden. Es war eines von vier Torhäusern. Der Baggerfahrer der Großenhainer Straßenbaufirma Karl Riemer, Inhaber Jan Hausdorf – selbst ein Wildenhainer – gräbt vorsichtig den Sand in der Baugrube beiseite. Angelika Salmen will mit ihren begleitenden archäologischen Untersuchungen die Bautätigkeit nicht stören. Während die auszutauschenden Leitungen freigelegt werden, ist sie dabei zu fotografieren, zu skizzieren – also für die Nachwelt zu dokumentieren.

Neben Heimatfreunden wie Klaus Hammerlik und Hartmut Jannasch, der gleich nebenan wohnt und in dessen Haus noch das Türmerstübchen des Tor-Turmes erhalten ist, schaut sich Stadtbaudirektor Tilo Hönicke sofort die Ausgrabungen an. Sein Vater Richard Hönicke, einst Kunstmaler, hatte auch das Wildenhainer Tor in Aquarell gemalt. „Wir werden nach Abschluss der Bauarbeiten die Stelle, an der das Stadttor stand, wie in der Naundorfer Straße im Belag herausarbeiten“, verspricht Hönicke.

Blicke in die wehrhafte Vorzeit

Der Stadtbaudirektor weiß, dass unter seinem Vorgänger im Amt bei Bauarbeiten in den 70er Jahren an dieser Stelle nicht viel Rücksicht genommen wurde. Was damals an weiterer Substanz verloren ging, ist nicht bekannt. Nun aber haben die Großenhainer und Gäste der Stadt mal wieder eine Gelegenheit, „Blicke in die vaterländische Vorzeit“ zu werfen, wie Hobbyarchäologe Preusker es formulierte. Sicher noch die ganze Woche kann man Angelika Salmen bei der Arbeit zuschauen, die sie in enger Abstimmung mit der Baufirma vornimmt. Diese verpflichtende Leistung war von der Stadt ausgeschrieben worden.

Die Stadtmauer war übrigens mal mehr als einen Kilometer lang. Schon 1371 wird sie erwähnt. Die Fundstücke im Straßenraum könnten also fast 700 Jahre alt sein.