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Stadtrat kritisiert die Streitkultur

Auf einer Kamenzer Hauswand werden Maik Weise und die Stadt verunglimpft. Er wehrt sich, die Stadt nicht. Hat es den Richtigen getroffen, fragt er.

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Frank Oehl

Kamenz. Eine Hauswand-Verbalattacke beschäftigt die Kamenzer. Betroffen sind die „Stadt“ und „RA Weise“, die angeblich zu Lasten friedfertiger Nachbarn miteinander gekungelt haben – siehe SZ vom 20. Januar. Nach ein paar Tagen hat sich jetzt der angesprochene Rechtsanwalt, der immerhin auch CDU-Stadtrat ist, noch einmal ausführlich zu Wort gemeldet.

Rechtsanwalt Maik Weise.
Rechtsanwalt Maik Weise. © Wolfgang Wittchen

Maik Weise nennt die Inschrift „Bei Ordnungsmaßnahme von Stadt und RA Weise sitzt du als Nachbar in der Scheiße“ einen „vorsintflutlichen Facebook-Eintrag“. Er fragt weiter: „Was haben Facebook-Posts und die Schmiererei gemeinsam? Bei beiden wird ungeniert und unter dem Deckmantel der Anonymität über andere Menschen hergezogen und sogar gehetzt.“ Allerdings habe es mit der Anonymität im konkreten Fall nicht funktioniert. Der Spruch strotze dermaßen vor Insiderkenntnissen, dass im Grunde nur ein einziger Täter in Betracht komme. „Nur eine Familie in ganz Kamenz ist zugleich Nachbar von mir und der Stadt Kamenz selbst.“

Während sich Weise mit einer Strafanzeige gegen die „mutmaßlichen Schmierfinken“ zur Wehr setzt, ist eine ähnliche Reaktion der Stadt offenbar ausgeblieben, was den Rechtsanwalt irritiert. Wieso tue die Stadt nichts gegen die Verleumdung? „Dass sie nun öffentlich und – solange die Farbe hält – ewig des Missmanagement bezichtigt wird, scheint das Rathaus nicht zu stören.“ Nur ein einziger Rathaus-Mitarbeiter habe mit Weise Kontakt aufgenommen und ihm Kraft gewünscht. Auch aus der Öffentlichkeit habe es keine Reaktion gegeben. „Meine Freunde stehen nach wie vor auf und an meiner Seite.“ Es tue gut, welche zu haben. „Aber die vielen Aufmerksamen in der Stadt, die sonst schon ein Unkrauthalm zwischen zwei Pflastersteinen stört, den die KDK noch nicht sofort entfernt hat – wo sind die jetzt?“

Gleiches Recht für alle gefordert

Weise vermutet, dass es mit ihm womöglich „den Richtigen“ getroffen habe. Es gehöre heute zum guten Ton, gegen Politiker zu hetzen. Es sei zwischenzeitlich einigermaßen straffrei, Personen aus der Politik zu beleidigen, zu verleumden und sie zu bedrohen. Und Weise fragt, was in Kamenz passiert wäre, wenn statt „Ordnungsmaßnahme“ die „Asylpolitik“ und statt „RA Weise“ alle „Ausländer“ gemeint gewesen wären? „Mal abgesehen davon, dass sich der Spruch nicht mehr reimen würde, hätte es in Kamenz längst eine Lichterkette, eine Mahnwache oder zumindest einen Arbeitseinsatz zum Entfernen der Inschrift gegeben.“ Oder, wie groß wäre der Aufschrei gewesen, fragt Weise, wenn es einen Stadtrat einer anderen Fraktion betroffen hätte.

Wobei er nicht missverstehen werden möchte, wie er schreibt: „Alle Angriffe auf Abgeordnete sind abscheulich. Bitte aber auch: gleiches Recht für alle!“ Und Weise geht sogar noch weiter und behauptet, dass die Reaktion auch dann eine andere gewesen wäre, wenn statt „Stadt“ z.B. „OB Dantz und seine Mitarbeiter“ gestanden hätte. „Die Inschrift wäre auch da längst weg und es gäbe eine ausführliche Stellungnahme im Amtsblatt der Stadt.“

Weise vermutet, dass die Inschrift wohl noch sehr lange zu lesen sein wird. „Die Eigentümerin des Gebäudes wird weder Strafanzeige gegen ihr eigenes Familienmitglied stellen, noch die Schmiererei entfernen. Und der Urheber wird dies wohl auch nicht tun.“ Und da auch „von Amts wegen“ nichts passiert, ist Weise maßlos enttäuscht vom politischen Establishment und der Streitkultur in der Stadt. „Willkommen und gern gesehen ist hier offenbar nicht jeder.“