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Stern-Meissen-Sänger komponiert mit den Augen

Der gelähmte frühere Stern-Combo-Meissen-Sänger Reinhard Fißler schrieb ein neues Lied. Er will kranken Menschen Mut machen.

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Von Peter Anderson

Die Kamera blickt Reinhard Fißler (62) direkt in die Augen. Mit den Bewegungen seiner Pupillen bedient der frühere Stern-Combo-Meissen-Sänger den angeschlossenen Computer. Auf einem hoch angebrachten Bildschirm im Wohnzimmer seiner Berliner Wohnung kann er mit einem Augenschlag auf Objekte klicken, kann er wie mit einem normalen Mauszeiger arbeiten.

Fißler komponiert. Er schreibt Noten, Texte. Ihn – der früher wenig mit Rechentechnik am Hut hatte – hat seine Krankheit zum Computer-Freak gemacht. Fißler erkrankte vor mehr als elf Jahren an ALS. Die unheilbare Krankheit lähmt die Nervenzellen, die die Muskeln steuern. Bekannt wurde sie durch den britischen Physiker Stephen Hawking, der in jungen Jahren ALS bekam und sich heute mit Hilfe eines Sprachcomputers verständlich macht. Der Maler Jörg Immendorf starb 2007 an ALS.

Fißler wirbt für Kulturpalast

Bei Stern-Combo-Sänger Fißler fing es damit an, dass er seine Gitarre nicht mehr halten konnte. Mittlerweile hat die Krankheit ihm auch die Kraft zum Atmen genommen. Der Musiker wird die meiste Zeit durch eine Maschine beatmet.

Unterkriegen lässt er sich dadurch nicht. Fißler bleibt aktiv, mischt sich ein. Im Juli 2008 druckte die SZ einen langen Beitrag aus seiner Feder, in dem er sich mit deutlichen Worten für den Erhalt des Dresdner Kulturpalasts als eine sämtliche Unterhaltungsarten bietende Stadthalle stark machte. In Berlin unterstützt er den Kinderzirkus Cabuwazi, einen der größten in Europa überhaupt, der sich seit 1992 aus einem Hinterhofprojekt entwickelt hat.

Im Mai nahm der 62-Jährige in Berlin an einer Tagung der Interdisziplinären Gesellschaft für außerklinische Beatmung teil. Mit Hilfe seines mobilen Beatmungsgerätes, das mit seinem Pflegebett in einem Kleinbus transportiert werden kann, ist Fißler mobil.

Im Kongresszentrum am Alexanderplatz war auch sein neues Lied „Mal sehen, wohin die Reise geht“ zu hören. Er wolle Menschen mit ähnlichen Erkrankungen ermutigen, sich dem Leben positiv zu stellen, sagte Fißler gestern in einem Telefonat mit der SZ. Die Musik gebe ihm dafür viele wertvolle Impulse, die auch von Anderen geteilt würden. Manager Detlef Seidel zufolge soll „Mal sehen, wohin die Reise geht“ auf der voraussichtlich im Herbst erscheinenden neuen CD der Stern Combo Meissen zu hören sein. Die Schallplatte war bereits für vergangenes Jahr angekündigt. Dann jedoch erwies es sich als schwierig, die Termine der Stern-Combo-Musiker zu koordinieren.

Meißen macht Pause

Auf einen Live-Auftritt in ihrer Heimatstadt verzichtet die Combo dieses Jahr. „Wir waren vor wenigen Tagen beim Stadtfest in Großenhain dabei. Da legen wir jetzt eine Pause ein“, sagt Manager Seidel. Zumal die nächsten Live-Auftritte nicht weit enfernt stattfinden. Am 13. August ist die Stern Combo in Leipzig auf dem Mark zu hören, eine Woche später dann beim Dresdner Stadtfest vor der Semperoper.