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Stollen-Bäcker auf Abwegen

Zwei Angestellte haben die leckeren Striezel aus der eigenen Backstube gestohlen und im Internet vertrieben. Sie wollten Kasse machen, landeten aber vor Gericht - und müssen Strafen zahlen.

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© dpa

Von Alexander Schneider

Zwei Bäckergesellen haben beste Bewertungen für ihre „Original Dresdner Christstollen“ erhalten. Die Zweikilo-Spezialität, die sie in großen Stückzahlen im Internet versteigerten, erfreute sich größter Beliebtheit. Mit Formulierungen wie „suuuuperlecker, Spitzenqualität“, „wie immer vollste Zufriedenheit“, „superschnelle Lieferung“, „toller Geschäftspartner“ oder „einwandfreie Ware“ bedankten sich die Ebay-Kunden bei ihnen. Allein, die süße Sache hat einen fahlen Beigeschmack. Die geschäftstüchtigen Gesellen hatten gestohlene Ware weit über Sachsens Landesgrenzen hinaus vertrieben. Als Angestellte der Stadtbäckerei Säurig hatten sie nur die Lizenz zum Backen – auf eigene Faust Kasse machen durften sie nicht. Die Kalorienbomben hatten sie ohne Wissen ihres Chefs aus dem gut gefüllten Kühlhaus mitgehen lassen, um sie in Bares zu verwandeln.

Gestern standen die 30 und 23 Jahre alten Gesellen als Angeklagte vor dem Amtsgericht Dresden. Gleich zweimal soll der ältere mitten in der Stollensaison zur Höchstform aufgelaufen sein. Der 30-Jährige hat im Herbst 2011 bereits mehr als 80 Striezel entwendet und versteigert. Im vergangenen Jahr stieg dann auch der Mitangeklagte, der nur wenige Monate bei Säurig angestellt war, in den schwunghaften Handel ein. Gemeinsam vertickten sie weitere 76 Rosinen-Striezel. 25 Euro kostet der Vierpfünder in Säurigs Online-Shop, woraus sich ein Schaden von deutlich über 3.500 Euro abschätzen lässt.

Bäckermeister enttäuscht

Aufgeflogen ist die Sache, weil Roland Schmidt, Inhaber der einst königlich-sächsischen Hofbäckerei, von Kunden angesprochen wurde, dass seine Originale bei Ebay zu haben seien. Und das auch noch zu Schnäppchenpreisen. Durch eigene Bestellungen fahndete Schmidt nach den Tätern und hatte bald seine eigenen Mitarbeiter identifiziert. „Ich hab die Stollen am Karton erkannt“, sagte Schmidt jetzt als Zeuge im Gerichtssaal. Die beiden Gesellen saßen ihm betröppfelt gegenüber auf der Anklagebank und hatten schon zuvor alle Vorwürfe kleinlaut zugegeben. „Weil man dann ein Extrageld hat“, sagte einer zur Motivation. Geld fürs Auto, für Schulden und für Weihnachtsgeschenke. Der Jüngere sagte, er habe mit einsteigen wollen, als er davon erfuhr: „Es war einfaches Geld.“ Er nannte die Tat eine „Selbstverständlichkeit. Das haben viele seit Jahren gemacht.“

Schmidt war enttäuscht. „Ich ging davon aus, meinen Leuten vertrauen zu können.“ Dem 30-Jährigen, der schon bei Säurig gelernt hatte, habe er jedoch verziehen, als er bei ihm gebeichtet und sich entschuldigt habe. Der Mann arbeitet den Schaden noch immer ab. „Er ist eine Topkraft und leitet jetzt die Backstube“, sagte Schmidt. „Er hat mein vollstes Vertrauen.“ Den jüngeren Bäcker habe er wegen fachlicher Mängel schon entlassen, als er von den Taten noch nichts wusste. Erst vor zwei Monaten soll der 23-Jährige versucht haben, erneut an den Code fürs Kühlhaus zu kommen, sagte der Bäckermeister. „Das habe ich wieder angezeigt.“

Richter Jürgen Scheuring verurteilte die Diebe zu Geldstrafen. Der Ältere muss 4.800, der jüngere 3.600 Euro zahlen.