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Stollen trotzt Novembersonne

In den Bäckereien läuft die Produktion des Weihnachtsgebäcks auf Hochtouren. Muss nur noch das Wetter mitspielen.

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© Anne Hübschmann

Von Catharina Karlshaus

Großenhain. Mittwochmorgen, kurz nach sieben. In der Backstube von Gottfried Tobollik im Großenhainer Ortsteil Skäßchen herrscht Hochbetrieb. Von allem ist reichlich vorhanden: Stollenteig, Zutaten, Mitarbeiter. Lediglich die Sonne, die bereits zum Fenster herein blitzt und die angekündigten Tagestemperaturen von 17 Grad machen der Stimmung einen Strich durch die Rechnung. „Also mit vorweihnachtlicher Atmosphäre hat das ja nun wirklich nichts zu tun“, sagt Gottfried Tobollik und schüttelt den Kopf. Der Verkauf sei bisher nur schleppend angelaufen. Angesichts von zweistelligen Temperaturen habe keiner Lust auf die typisch winterliche Spezialität.

Gut 100 bis 150 Stollen in verschiedensten Geschmacksrichtungen würden seit Ende September in der Großenhainer Traditionsbäckerei gefertigt. Stollen mit Rosinen, Mohn oder Schokolade. In der Backstube duftet es nach allem, was spätestens zum ersten Advent die Gaumen der Kunden erfreuen soll. Dass ihnen angesichts von steigenden Preisen der Appetit darauf vergehen muss, steht wohl nicht zu befürchten.

Auch wenn ganz entscheidende Kosten wie die für den Lohn der Mitarbeiter oder die Energie steigen würden. „Wir können das in unserer Region nicht alles auf die Kunden umlegen. Wir sind hier nun mal auf dem Land und da ist keinem zuzumuten, so viel Geld auszugeben“, weiß Gottfried Tobollik. Wer bei ihm einen ein Kilogramm schweren Rosinenstollen kaufen möchte, müsse lediglich mit 25 Cent mehr – also 13,75 Euro – rechnen. Preise wie in der nahegelegenen Landeshauptstadt seien bei ihm keineswegs denkbar.

Etwas, das auch Matthias Brade durchaus bewusst ist. Den Dresdner Luxusstollen für 20 bis 24 Euro könne und wolle man sich in der Region nicht leisten. Wie der Riesaer Bäckermeister mit 19 Geschäften im Landkreis Meißen betont, werde sich sein Unternehmen an derlei Preisgestaltung nicht orientieren. „Und das ist auch gar nicht notwendig gewesen. Zwar sind die Löhne wieder gestiegen, aber die Rohstoffpreise sind relativ stabil geblieben“, erklärt Matthias Brade.

Während seine Kunden im Sommer Aufschläge auf Brötchen und Brot registrieren mussten, können sie dem Kauf des traditionellen Stollens gelassen entgegensehen. In diesem Jahr, so Matthias Brade, sei der Stollenpreis nicht angehoben worden. Wann sich die potenziellen Käufer – auch in der Großenhainer Filiale ist die Leckerei bereits seit einigen Wochen im Angebot – davon überzeugen, entscheide die Witterung. Momentan sei sie mit viel Sonne natürlich nicht dazu angetan, dass Stollen in großer Anzahl gekauft werde. Allerdings: Da er bis zum Verzehr gut durchziehen muss, habe man mit dem Backen nicht länger warten können. Seit dem 4. Oktober werde das Gebäck im eigens klimatisierten Raum hergestellt und auf Vorrat gut gekühlt eingelagert.

Etwas später mit dem Backen begonnen hat die Bäckerei Boelzig in Ebersbach. Laut Kathrin Biedermann, die erfolgreich den Familienbetrieb ihres Vaters Wolfgang Boelzig fortführt, hätten die Temperaturen vorher auch noch nicht mitgespielt. Als sie die ersten Stollen hergestellt hätten – ohne Farbstoffe und Aromen – hätten die abgepackten Marzipanstollen zum Preis von 6,42 Euro bereits im Supermarkt gelegen.

„Wenn man bedenkt, dass ein Kilo Marzipan vier Euro kostet, kann sich nicht nur der Profi ausrechnen, dass diese Rechnung ohne Zusatz von künstlichen Stoffen eigentlich nicht aufgehen kann“, gibt Kathrin Biedermann zu bedenken. In ihrer Bäckerei, zu welcher auch drei Filialen gehören, würden ausschließlich natürliche Zutaten verwendet. Das Mehl etwa, welches sie von der „Dresdner Mühle“ beziehe, stamme von Landwirten aus der Region, die auf diese Weise auch unterstützt werden sollen.

Obgleich innerhalb der vergangenen zwölf Monate ringsum wieder alle Kosten gestiegen seien, habe man das Kilo Rosinenstollen nur um 25 Cent auf 15,25 erhöht. „Wir bitten unsere Kunden da auch wirklich um Verständnis. Abgesehen von der Lohnerhöhung haben sich höhere Kosten bei Energie und Heizöl ergeben.“ Gerade der letzte Posten, von 56 auf 86 Cent gestiegen, nehme durch das Backen eine nicht unwesentliche finanzielle Rolle ein. „Eingedenk dieser Randbedingungen wollen wir vor allem ein gutes Produkt abliefern. Und das hat eben seinen Preis.“