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Stressfrei zur Arbeit

Immer mehr Pendler fahren Bus und Bahn. Glashütter Unternehmen fördern das – als nahezu einzige im Landkreis.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Glashütte/Freital. Für Antje Dennewitz beginnt der Arbeitstag sportlich. Die 45-Jährige setzt sich aufs Fahrrad und radelt von ihrer Wohnung am Dresdner Schillerplatz zum Haltepunkt Reick. Hier steigt die Dresdnerin in die S-Bahn Richtung Pirna. Dann heißt es „hinsetzen und losfahren“, sagt die junge Frau und lächelt. Denn sie genießt es, sich von hier bis zu ihrer Arbeitsstelle in Glashütte chauffieren zu lassen. Dazu muss die Dresdnerin nach acht Minuten in Heidenau von der S-Bahn in die Müglitztalbahn umsteigen. Mit der hat sie nach weiteren 25 Minuten Zugfahrt ihr Ziel gegen 7.45 Uhr erreicht. Bis zu ihrer Arbeitsstelle braucht sie eine Minute zu Fuß. „Mit dem Auto wäre ich nicht viel schneller“, sagt sie. In Glashütte sei es nicht leicht, einen Parkplatz zu finden.

Als studierte Künstlerin und Designerin arbeitet Antje Dennewitz bei der Uhrenfirma Nomos Glashütte. Seit dem Frühjahr 2016 kümmert sie sich hier hauptberuflich um die Gestaltung des Stammhauses und des Kaufhauses. Die Arbeit macht ihr Spaß. Und ihr Arbeitgeber versüßt ihr das noch. Denn Nomos Glashütte übernimmt komplett die Kosten für die Bus- und Bahnfahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort.

Bis vor Kurzem hat jeder Mitarbeiter seine Karten bei der Firma einzeln abrechnen können. Diese erstattete den Preis zu 100 Prozent. Inzwischen gibt es bei Nomos Glashütte das Jobticket des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO). Kostenmäßig hat sich für die Pendler nichts geändert, sagt Antje Dennewitz. „Aber das Ticket ist unbürokratischer.“ Denn alle Verrechnungen laufen im Hintergrund. Zudem werde es ganz praktisch per Post nach Hause geschickt. Die Dresdnerin findet das Jobticket toll und empfiehlt es weiter. Doch daran sind Bedingungen geknüpft.

An welchen Schaltern können Jobtickets gekauft werden?

Ein Jobticket kann weder am Automaten noch am Schalter gekauft werden. Gewähren kann es nur der Arbeitgeber. Dieser muss einen Vertrag mit einem Bus- und Bahnunternehmen im VVO-Gebiet geschlossen haben und sich verpflichten, dass mindestens 30 Mitarbeiter das Ticket nutzen. Wer in einer Firma arbeitet, die das Ticket nicht anbietet, kann selbst aktiv werden und die Geschäftsführung bitten, es einzuführen.

Welche Kosten entstehen für den Jobticket-Inhaber?

Das Jobticket ist in jeden Fall um mindestens 20 Prozent billiger als eine vergleichbare Monatskarte. Denn zehn Prozent der Kosten übernimmt der VVO-Kooperationspartner – in Glashütte ist es der Regionalverkehr Dresden (RVD). Weitere zehn Prozent der Ticketkosten zahlt der jeweilige Arbeitgeber. Bei einem Jobticket für eine Zone reduziert sich der Preis, den der Arbeitnehmer für eine Monatskarte zahlen müsste, von 39,90 auf 31,92 Euro. „Er spart etwa acht Euro im Monat“, sagt Schlemper. Noch größer ist die Ersparnis beim Verbundraum-Monatsticket. Hier reduziert sich der Preis von 144,80 auf 115,84 Euro. Da der Arbeitgeber von Antje Dennewitz nicht nur den geforderten Mindestanteil von zehn Prozent, sondern 90 Prozent zahlt, ist das Ticket für sie und ihre Kollegen kostenfrei. Ähnlich handhaben es die Mitbewerber Glashütte Original und die Union Uhrenfabrik. Auch sie stellen das Ticket den Mitarbeitern kostenfrei bereit.

Kann das Jobticket nach der Arbeit genutzt werden?

Wer ein Jobticket hat, kann es montags bis freitags in der Zeit von 6 Uhr bis 18 Uhr personengebunden nutzen und hat gegenüber einer normalen Monatskarte noch einen Vorteil: Die Mitnahme eines Fahrrads ist kostenfrei. Außerhalb der Zeitspanne kann die Fahrkarte übertragen werden. Am Wochenende können eine weitere erwachsene Person sowie vier Kinder bis zum 15. Geburtstag mitgenommen werden. Antje Dennewitz’ Familie nutzt das Ticket unter anderem, um am Wochenende ins Elbsandsteingebirge oder ins Osterzgebirge zu fahren.

Wie viele Firmen nutzen das Ticket bereits?

Im Gebiet des Verkehrsverbundes Oberelbe bieten 121 Firmen ihren Mitarbeitern Jobtickets an. Im Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist deren Zahl bisher nur sehr gering. Zwischen 2014 und 2016 lag sie konstant bei drei. In diesem Jahr ist sie auf vier gestiegen, sagt VVO-Sprecher Schlemper. Jobtickets bietet neben Nomos Glashütte, dem Glashütter Uhrenbetrieb und der Uhrenfabrik Union auch ein Arbeitgeber in Pirna an – der aber namentlich nicht genannt werden möchte. Hinzu kommen Unternehmen und Behörden mit Hauptsitz in Dresden, wie die Sächsische Zeitung oder die sächsischen Landesbehörden. Die Zahl der Jobticketnutzer in Glashütte nimmt unterdessen stetig zu. Im Januar 2016 waren es 203 Nutzer, im Januar 2017 bereits 277.

In welchen Regionen sieht der VVO noch Potenzial fürs Jobticket?

Pirna, Heidenau und das untere Müglitztal sind aus Sicht des VVO sehr gut mit Bus und Bahn erschlossen. „Hier können wir uns gut vorstellen, dass das Jobticket Arbeitsplätze attraktiv hält“, sagt Schlemper.