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Studenten gar nicht erst gehen lassen

Die Stadt sollte sich überlegen, Semesterbeiträge zu bezahlen – eine Aktion mit Hintergedanken.

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© Anne Hübschmann

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Mit dieser Vita hat es Johannes Fiolka als Stadtchef der Großenhainer CDU wahrlich nicht leicht: 23 Jahre, Architekturstudent und smart. Der junge Mann spricht ernsthaft wie ein Alter, sein Vorgänger Tilo Hönicke bescheinigt ihm absolute Zuverlässigkeit und er ist sogar schon seit acht Jahren aktiv in der Jungen Union. In seinem Ortsverband sind knapp hundert Mitglieder, meist über viele Jahre, und ein politisches Schwergewicht wie Bundesinnenminister Thomas de Maizieré – viele wissen es gar nicht – hat im kleinen Großenhain seine CDU-Heimat.

Die ländliche Gegend ist durchaus konservativ geprägt, nur eben nicht gerade an so junge Leute in Führungspositionen gewöhnt. Jetzt kommt der junge Mann mit einem Vorschlag, der zwar just zum studentischen Milieu passt, der aber auch der Stadtkasse nützt und den andere Kommunen schon erfolgreich ausprobieren – Studenten die Semesterbeiträge erstatten, wenn sie ihren Hauptwohnsitz nicht in Großenhain abmelden.

„Die Stadt bekommt dann weiterhin die Pro-Kopf-Zuweisung und wir würden im Gegenzug den Semesterbeitrag von knapp 500 Euro übernehmen“, so Fiolka. Was dem jungen CDU-Mann allerdings noch wichtiger ist – so lässt die Stadt Studierende nicht erst gehen. Die Bereitschaft, nach Hause zurückzukehren, sei so viel größer, als wenn ohnehin schon fünf Jahre Studium und Wohnen in der Stadt zwischen dem Absolventen und der alten Heimat liegen. „Klar funktioniert das nicht immer“, sagt Johannes Fiolka. Aber Großenhain müsse viel aktiver versuchen, als Dresdner Umland zu profitieren.

Derzeit gelinge das Coswig und Weinböhla viel besser, aber das sei lediglich eine Frage der Zeit. Das Dresdner Umland werde sich ausdehnen. Darauf müsse sich die Stadt vorbereiten, mit einem guten Angebot an Schulen, Kinderbetreuung, medizinischer Versorgung und angenehmem Wohnen. Großenhain als „Oasenstadt“ vor den Toren Dresdens – das ist für den Großenhainer, der selbst seinen Hauptwohnsitz hier hat, keine abstruse Spinnerei. Im Gegenteil: Großenhain sollte mit einem klaren Image gezielt in Dresden für sich werben. Warum nicht auch „Start-ups“ in die Stadt holen? Dafür braucht es natürlich ein entsprechendes Internet – doch das ist absehbar.

Für die CDU Großenhain formuliert der 23-Jährige schon aus dem letzten Wahlergebnis heraus einen klaren Gestaltungsanspruch. Dass es auch in der Großenhainer CDU angesichts der großen Politik rumort, sei normal. „Aber deshalb treten die Leute nicht aus.“ Wir sind hier in Großenhain und wollen hier etwas bewegen, sagt der junge Mann. Dass nicht alle mit Bundes- und europäischen Entscheidungen einverstanden sind, sei ja klar. Aber wie wolle man denn Handeln organisieren und Mehrheiten zusammenbringen, wenn nicht über Parteien? Er selbst sei ganz jung zur JU gegangen, weil er es nicht mehr ansehen konnte, was alles Mist sei.

Mit den Leuten zu diskutieren, sei ihm wichtig. Demnächst will die CDU auf ihrer Homepage erstmals einen interaktiven Button freischalten. Schon das ein Aha-Effekt für Großenhain. Dann können die Großenhainer ihre Meinung zu Stadtthemen direkt auf der Partei-Seite hinterlassen. Oder vorbeikommen und konkrete Dinge ansprechen. „Wir streiten auch um Dinge, aber nicht um uns persönlich zu produzieren.“