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Tatort trickst mit Drehorten

Das Dresdner Team war in der Innenstadt und im Osten unterwegs. Die Geografie spielte dabei keine Hauptrolle.

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Von Annechristin Bonß

Dresden. Liegt die Marienbrücke plötzlich in der Nähe vom Körnerplatz? Diesen Fehler haben viele Tatort-Fans am Sonntag sofort bemerkt. Am Abend lief die dritte Ausgabe des beliebten Krimis mit dem Ermittlerteam aus der Elbestadt. In Level X geht es um die bizarre Internetwelt junger Menschen voller Filmchen, Selbstinszenierung und Klicks und die Gefahren, die darin lauern. Nun ist der Täter auf der Flucht. Kommissarin Karin Gorniak sprintet hinter dem jungen Mann her, während Kollegin Henni Sieland Verstärkung holt. „Wir brauchen unbedingt zwei Wagen Nähe Körnerplatz“, sagt sie. Komisch, denn sie steht an der Versöhnungskirche an der Schandauer Straße in Striesen.

In der nächsten Szene verfolgt Karin Gorniak den flüchtigen Dominik über die Marienbrücke. Keine fünf Sekunden sind vergangen. Im Hintergrund ist die beleuchtete Yenidze zu sehen. Jogger würden für die Distanz von Loschwitz bis in die Altstadt sicher eine halbe Stunde brauchen. Nicht so im Film. Es geht auf die Neustädter Seite. Unter der Brücke treffen die Kommissarin und der Flüchtige aufeinander. Er richtet eine Waffe auf sie. Schemenhaft sind parkende Autos und Sandhaufen zu sehen. Die beiden stehen unterhalb der Brücke auf der Altstädter Seite. Bis vor Kurzem durfte auf dem Platz zwischen den Brückenbögen noch geparkt werden. Anscheinend hat diese Elbseite den Filmleuten besser gefallen, auch wenn die beiden Protagonisten gerade noch in Richtung Neustadt gelaufen sind. Schließlich ist die beleuchtete Stadtsilhouette von hier aus besser in den Hintergrund der dramatischen letzten Minuten zu rücken.

Die Dinge sollten schon passen

Dresdner haben diese feinen geografischen Fehler im aktuellen Tatort sehr schnell erkannt. Doch im Film geht es eher um die Optik und zueinanderpassende Szenerien, als um geografische Richtigkeit. Örtliche Gegebenheiten, die außerhalb von Dresden kaum jemand kennt. Unterschiedlich wird darüber in den sozialen Netzwerken diskutiert. Einige sehen darüber hinweg. Ist halt Film. Doch manch einer findet solche gestalterischen Mittel vollkommen daneben. „Tatorte sind ja Regionalika, da sollten solche Dinge nicht passieren“, schreibt etwa Uwe Stuhrberg auf Facebook. „Vom Pohlandplatz bis zur Yenidze joggen, das musste als Kommissar drauf haben. Auch wenn du den Umweg übern Körnerplatz nimmst“, schreibt Robert Pohl.

Viele Dresdner Tatort-Fans haben die unterschiedlichen Drehorte des Films erkannt. Ein Mord direkt am Georgentor, eine Gruppe wilder Rocker, die auf einem der Elbdampfer feiern, ein Hund, der mit Löwenmähne durch den Großen Garten rennt oder die ehemalige Gardinenfabrik an der Breitscheidstraße als Ort der finalen Rettungsaktion. Dabei haben einige Drehorte ihren eigentlichen Zweck behalten. So das Parkhaus mit der schneckenförmigen Auffahrt in der Centrum-Galerie, die Versöhnungskirche samt Kreuzgang an der Schandauer Straße, ein Wohnhaus auf der Florian-Geyer-Straße oder auch die Kneipe Laika in der Kamenzer Straße.

Dreh im Hygiene-Museum

Andere Orte dienten dagegen nur als Kulisse. So hat sich das Foyer des Hygiene-Museums in den Vorraum der Gerichtsmedizin verwandelt. Einen Montag lang, als das Museum sowieso geschlossen war, haben die Filmleute hier gedreht, sagt Sprecher Marian Zabel. Die Häuser 1 und 2 im Uniklinikum, wo sonst nur die Verwaltung und die Hauptkasse untergebracht sind, haben sich kurzfristig in eine Rettungsstelle verwandelt. Dafür hat das Tatort-Team die Zeit der Sanierungsarbeiten in den beiden Häusern genutzt, sagt Sprecher Holger Ostermeyer.

Auch Marco Dziallas hat einen seiner Lieblingsplätze im Dresden-Tatort entdeckt. Der Linken-Stadtrat engagiert sich für den Erhalt der Robotron-Kantine an der Lingnerallee. Der Flachbau soll abgerissen werden. Noch prüft die Stadt, ob und wie der Erhalt möglich ist. Für den Tatort dient die Außenansicht der Kantine als Sitz von „Super 7“. Die Firma vermarktet im Film die jungen Internetstars. Im Hintergrund sind die Reste der beiden Robotron-Bauten an der Zinzendorfstraße zu sehen, die vor wenigen Wochen abgerissen wurden.

„Ich bin froh, dass das Gebäude noch einmal solche Aufmerksamkeit bekommt“, sagt Marco Dziallas. Sogar aus Frankfurt am Main hat sich ein Architekturexperte gemeldet und die Kantine als Drehort gelobt. Schade nur, dass die Filmcrew für die Innenaufnahmen in das Casino im Wasapark Radebeul ausgewichen ist. Denn als Ort für Jungunternehmen, hippe Internetprojekte oder Co-Working würde sich die Kantine auch wunderbar eignen, sagt Marco Dziallas. Knapp sieben Millionen Zuschauer haben mit ihm den Dresdner Tatort verfolgt. Im Vergleich mit anderen Tatorten war diese Einschaltquote eher schwach. An den vielen Seiten von Dresden hat das sicher nicht gelegen.