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Tattoo-Räuber macht bei Juwelier in Löbau Beute

Goldketten für 2 100 Euro erbeutet: Die Polizei fahndet nach einem Mann mit auffälligen Merkmalen.

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© Thomas Eichler

Von markus van appeldorn

Gisela Heller bekommt heute noch zittrige Knie, wenn sie an den Donnerstagnachmittag zurückdenkt. Wütend ist die 73jährige kultivierte Dame. So wütend, dass ihr sogar das Wort „Gesocks“ über die Lippen kommt. Der Begriff gilt dem unbekannten jungen Mann, der sie in ihrem Juwelierladen in Löbau beraubt hat.

Seit 25 Jahren betreiben Gisela Heller und ihr Mann Heinz-Peter das Schmuckgeschäft an der Inneren Zittauer Straße. In jüngster Zeit sind sie ein bisschen kürzergetreten, öffnen nur noch an drei Tagen die Woche. „Das Alter“, sagt sie. Die Arbeit macht ihr immer noch Spaß. Und sie will für ihre Stammkunden da sein. Am Donnerstag ist es ruhig im Laden. Wie so oft ist Gisela Heller allein im Geschäft. Ihr Mann arbeitet daheim in der Goldschmiede.

Gegen 15 Uhr betritt der Fremde zum ersten Mal das Geschäft, um sich beraten zu lassen, erzählt sie. 15.30 Uhr kommt er noch einmal wieder. „Der sprach kein Wort Deutsch“, erinnert sich Gisela Heller, „hat nur gestikuliert.“ Offensichtlich interessiert sich der etwa 30jährige Mann für Goldketten. Erst zieht sie eine Auswahl unter ihrer Verkaufstheke hervor, räumt sie aber schnell wieder weg. Der Mann deutet auf einen Ständer mit mehreren Ketten in einer verschlossenen Vitrine.

Gisela Heller ist arglos. Sie öffnet die Vitrine und stellt den Kettenständer auf den Verkaufstresen. „Ich habe das Display aber nicht losgelassen, sondern noch mit einer Hand festgehalten“, sagt sie. Daran hängen fünf Ketten, 50 Zentimeter lang und aus 333er Gold gefertigt. 2 100 Euro ist die Ware wert.

Dann geht alles blitzschnell. Der Unbekannte entreißt ihr den gesamten Ständer mit den Goldketten und rennt davon. „Der hat sich das unter seine Jacke gestopft und ist davon. Ich habe ihn an der Türe noch kurz am Ärmel der Jacke gepackt“, sagt Heller. Vergeblich. „Ich bin froh, dass die Ladentür aufstand. Wenn ich ihn gepackt hätte und die Ladentür wäre geschlossen gewesen, hätte er mir womöglich noch eine verpasst.“

Der Unbekannte sprintet durch die Eichelgasse davon. Ein paar Meter verfolgt Gisela Heller ihn noch. Einem Passanten ruft sie zu: „Halten Sie den Mann fest! Der hat mich bestohlen!“ Doch der reagiert nicht. Niemand hat etwas von dem Raub und der Flucht mitbekommen. Die Straße ist menschenleer an diesem Donnerstagnachmittag. „Das ist oft so“, sagt Gisela Heller, „wenn der Markt vorbei ist, ist hier am Donnerstag nichts mehr los.“

Gisela Heller ist unverletzt, steht nach dem Überfall aber unter Schock. „Ich habe am ganzen Leib gezittert“, sagt sie. Sofort ruft sie ihren Mann an und die Polizei. Eine erste Fahndung nach dem Täter bleibt erfolglos. Aber Gisela Heller war aufmerksam. Sie konnte eine recht präzise Beschreibung des Täters abgeben: Der Mann sei um die 30 Jahre alt und habe südländisches Aussehen. Er trug dunkle Jeans und ein bedrucktes T-Shirt. „Das sah aus, als wären da Hochhäuser oder so etwas Ähnliches drauf“, erinnert sich Gisela Heller. Darüber trug er eine dunkle Sweatshirt-Jacke mit Reißverschluss. Und noch ein auffälliges Detail hat sich Gisela Heller gemerkt: „Er hatte tätowierte Finger.“

Gerade solche präzisen Hinweise sind für die Polizei wertvoll. Die aktuelle Kriminalitäts-Statistik für die Landkreise Görlitz und Bautzen weist eine Aufklärungsquote von über 60 Prozent der Straftaten aus. Der mit Abstand beste Wert seit vielen Jahren und weit über dem Landesdurchschnitt von 55,8 Prozent. Das Ergebnis führt die Polizei auch auf die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zurück. „Dank schneller und genauer Zeugenhinweise gelingt es der Polizei, Straftaten aufzuklären“, sagte der damalige Görlitzer Polizeipräsident Conny Stiehl bei der Präsentation der Kriminalitätsstatistik. Um 12 Prozent gestiegen ist allerdings auch die Zahl der Straftaten, die die Polizei der Gruppe von Flüchtlingen oder Asylberechtigten zuordnet. Für 2016 weist die Statistik 1 364 Fälle aus (2015: 1 222). Überwiegend handelt es sich bei diesen Straftaten um Ladendiebstähle.

Gisela und Heinz-Peter Heller sind ihrem Entschluss, in Rente zu gehen durch den Überfall noch näher gerückt. „Ich habe immer gesagt, wir machen das, solange es meiner Frau Spaß macht“, sagt Heinz-Peter Heller, „aber der Spaß ist ihr jetzt ein bisschen vergangen.“ Und Gisela Heller bestätigt: „Ich gehe jetzt schon mit einem etwas mulmigen Gefühl ins Geschäft.“

Die Kriminalpolizei sucht Zeugen. Hinweise nimmt das Polizeirevier Zittau-Oberland ( 03583 620) sowie jede andere Polizeidienststelle entgegen.