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Tee fürs Feld

Familie Gülde aus Friedersdorf züchtet winzige Lebewesen und bringt sie auf dem Acker aus. Das aktiviert den Boden.

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© Matthias Weber

Von Gabriela Lachnit

Friedersdorf. Bis in die späte Nacht hinein ist Jens Gülde vor wenigen Wochen mit einem Traktor über sein Feld gefahren und hat eine Flüssigkeit ausgebracht. Spritzen? Etwa Pflanzenschutzmittel? Und das als Bio-Bauer? Jens Gülde, der Bio-Landwirt aus Friedersdorf, kann beruhigen: „Wir wenden seit diesem Jahr eine für uns neue Methode an, um den Boden auf dem Acker zu verbessern. Was wir ausbringen, sind keine Pflanzenschutzmittel, sondern das ist Kompost-Tee.“

In der Kompost-Tee-Maschine werden Mikroorganismen vermehrt. Sie sorgen auf dem Feld für besseren Boden.
In der Kompost-Tee-Maschine werden Mikroorganismen vermehrt. Sie sorgen auf dem Feld für besseren Boden. © Gülde
Der Friedersdorfer Öko-Landwirt Jens Gülde bringt Kompost-Tee auf seinem Feld aus. In den nächsten Tagen wird erneut gespritzt – biologisch.
Der Friedersdorfer Öko-Landwirt Jens Gülde bringt Kompost-Tee auf seinem Feld aus. In den nächsten Tagen wird erneut gespritzt – biologisch. © Gülde

Dieser Kompost-Tee ist ein flüssiges Präparat, bei dem Mikroorganismen aus dem Kompost gefiltert und vermehrt werden. Die Flüssigkeit wird auf dem Feld auf den Boden oder auf bereits vorhandene Kulturpflanzen ausgebracht. „Kompost-Tee ist kein Dünger“, erklärt der Landwirt, „sondern er wirkt als Katalysator für lebenserhaltende und stärkende Prozesse im Boden und auf der Blattoberfläche.“ Dem Boden werden mit dem Kompost-Tee Mikroorganismen zugeführt. Mikroorganismen sind mikroskopisch kleine Lebewesen, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. Zu ihnen gehören unter anderem Bakterien und Pilze.

Mikroorganismen führen zu einer langfristigen Verbesserung und Stabilisierung des Bodens. Die Agraringenieurin Anke Thomas, die bei Jens Gülde im Lausitzer Agrarbüro arbeitet, erklärt weiter: „Mit gutem Boden wachsen die Pflanzen besser, sind gesünder und kräftiger.“ Durch die Behandlung mit Kompost-Tee werden die im Boden schon vorhandenen Mikroorganismen aktiviert und neue zugeführt. „Das unterstützt die Bildung von Humus und verbessert die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens. Die winzig kleinen Lebewesen im Boden fördern das Wachstum und die Entwicklung der Pflanzen und machen sie stresstoleranter gegen negative Umweltbedingungen.“

Vor allem das größere Wurzelwachstum der Pflanzen ist ein Ergebnis, das mehrere Auswirkungen hat. „Ein dichtes, feingliedriges Wurzelgeflecht gibt der Pflanze nicht nur mehr Halt, sondern es sorgt dafür, dass sie auch den Boden festhält“, erklärt Frau Thomas. Bei Regen zum Beispiel wird weniger Erde weggeschwemmt. Gerade das sei beim konventionellen Anbau in der Landwirtschaft manchmal der Grund dafür, dass Pflanzenschutzmittel nicht auf dem Feld bleiben, sondern weggespült werden und so auch ins Grundwasser gelangen können, erläutert die Agraringenieurin.

Den Kompost-Tee setzen Jens Gülde und Anke Thomas in einer speziellen Maschine selbst an. Darin werden 300 Liter Wasser mit Sauerstoff aktiviert, indem über Schläuche Luft und damit Sauerstoff zugesetzt wird. In der trichterförmigen Maschine entsteht dabei ein Wasserwirbel. Dem wird eine spezielle Humusmischung zugesetzt, außerdem noch Steinsalz, Melasse, Malzkeime und Steinmehl. Bei einer Temperatur von 27 Grad Celsius vermehren sich die Mikroorganismen rasant. Nach zwölf bis 24 Stunden ist das Tee-Konzentrat fertig. Es wird gefiltert, verdünnt und kann ausgebracht werden. „Bei unserer ersten Spritzung haben wir wahrscheinlich beim Filtern nicht richtig aufgepasst“, erklärt der Bio-Bauer. So konnten größere Bestandteile in die Spritzflüssigkeit gelangen und haben die Spritze verstopft. „Diese Verstopfung mussten wir erst beseitigen, das hat uns Zeit gekostet, sodass wir bis in die späte Nacht hinein auf dem Feld unterwegs waren“, erklärt Gülde und setzt damit allen Spekulationen über eventuelle Heimlichkeiten mit Pflanzenschutzmitteln ein Ende. Das war schließlich auch der Grund, warum der Bio-Bauer seine Nachbarn über sein Tun informiert und kürzlich zu einem öffentlichen Vortrag zum Kompost-Tee eingeladen hatte. Etwa 35 Interessenten, darunter Friedersdorfer Bürger und Bauern aus der konventionellen Landwirtschaft, haben sich dabei über regenerative Landwirtschaft informiert.

In wenigen Tagen wird Jens Gülde erneut Kompost-Tee auf dem Feld ausbringen. Dort hat er Triticale angebaut. Das ist ein Getreide, eine Mischung aus Weizen und Roggen. Der Bio-Landwirt ist überzeugt, dass er in wenigen Jahren den Ackerboden erheblich verbessert haben wird. Nicht nur höhere Erträge und geringere Kosten für den Anbau, sondern vor allem der verantwortungsbewusste Umgang mit der Produktionsgrundlage Ackerboden machen ihn dabei zufrieden.