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Teure Facebook-Hetze

Ein Freitaler hatte im Internet einen Politiker beleidigt und den Holocaust ins Lächerliche gezogen. Nun ging er gegen seine Verurteilung vor.

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© Symbolbild/dpa

Von Yvonne Popp

Freital/Dresden. Als „Abschaum“, „Blutschänder“ und „elende Ratte“ soll Ronny T. den ehemaligen Oberbürgermeister-Kandidaten und Linken-Stadtrat von Freital, Michael Richter, auf seiner Facebook-Seite bezeichnet haben. Am Amtsgericht Dippoldiswalde war er deshalb im Februar 2016 zu einer Geldstrafe von 750 Euro verurteilt worden. Aber nur ein Vierteljahr später stand der damals 49-jährige Hausmann erneut in Dippoldiswalde vor Gericht.

Diesmal hatte er zwei Bilder auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht, die das Leid der jüdischen Bevölkerung während des Holocaust in übelster Weise verharmlosten.

So war auf dem einen ein Häftling mit Davidstern, und der Aufseher eines Konzentrationslagers zu sehen. Das Bild trug die Unterschrift: „Mit dem goldenen Stern bist du der Sheriff in Auschwitz“. Auf der zweiten Abbildung war ein Schornstein, darüber eine schwarze Rauchwolke abgebildet. Darunter stand: „Jüdisches Familienfoto“. Wegen Volksverhetzung kassierte er dafür eine weitere Geldstrafe in Höhe von 750 Euro. Gegen beide Urteile hatte sein Rechtsanwalt Berufung eingelegt.

Wie schon zu beiden Verhandlungen in Dippoldiswalde war auch gestern am Landgericht in Dresden der Freispruch seines Mandanten das erklärte Ziel von Jens Lorek. Er wies die 8. Strafkammer darauf hin, dass in beiden Fällen der Nachweis dafür fehle, dass das fragliche Internetprofil tatsächlich von T. genutzt worden war, zumal es auch nicht unter dem Klarnamen des Angeklagten angelegt war. Ebenfalls sei in beiden Fallakten keine IP-Adresse aufgeführt, über die der Internetzugang seinem Mandanten hätte zugeordnet werden können. Im Übrigen, so argumentierte Lorek weiter, würden die angeblichen Beleidigungen gegen Michael Richter keinen Straftatbestand der Beleidigung erfüllen. Sie werden von der Meinungsfreiheit gedeckt, da sie im Zuge einer hitzigen Debatte über dessen Ansichten zur Flüchtlingspolitik hervorgebracht worden waren.

Aufreger war damals Richters Aussage, dass man Flüchtlinge schon deshalb integrieren müsse, weil sie später unserer überalternden Gesellschaft einmal zugute kommen werden. Mit dem Zusatz: „Es ist wichtig, dass frisches Blut reinkommt“, war er aber teilweise auf massiven Widerstand gestoßen. Die vorsitzende Richterin erkannte an, dass die Stimmung in Freital zu dieser Zeit sehr aufgeheizt war. „Damit kann man aber nicht alles rechtfertigen“, mahnt sie den Angeklagten. Auch ihrer Ansicht nach fallen die Bezeichnungen „Abschaum“ und „Blutschänder“ unter die Meinungsfreiheit, sind also im Zusammenhang mit der damaligen politischen Diskussion keine Beleidigungen. Einzig „elende Ratte“ sei grenzwertig, sagte sie. Dennoch folgte sie der Verteidigung, und stellte das Verfahren hinsichtlich der Beleidigungen ein.

Am Vorwurf der Volksverhetzung hielt das Gericht aber fest. Hier bestritt Ronny T. dann auch nicht länger, die beiden Bilder, die in so geschmackloser Weise die Gräueltaten der Nationalsozialisten verharmlost hatten, auf seine Facebook-Seite gestellt zu haben. Unter Einbeziehung einer bereits rechtskräftigen Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung vom Februar dieses Jahres verurteilte das Gericht den ehemaligen Transportunternehmer wegen des Tatbestands der Volksverhetzung schließlich zu einer Gesamtgeldstrafe von 2280 Euro. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung verzichteten im Anschluss auf weitere Schritte. Das Urteil ist rechtskräftig.