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Tharandt: Nachwuchsautorin gewinnt Preis und sagt Verleihung ab

Helena Lange hat den Theo-Award als Schriftstellerin gewonnen. An der feierlichen Preisübergabe nimmt sie nicht teil. Aus einem einfachen Grund.

Von Mathias Herrmann
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Helena Lange bekam den Berlin-Brandenburgischen Preis für Junge Literatur 2024.
Helena Lange bekam den Berlin-Brandenburgischen Preis für Junge Literatur 2024. © Mathias Herrmann

Als Helena Lange den größten Preis ihrer jungen Schriftsteller-Karriere erhalten sollte, sagte sie die Zeremonie ab. Sie tausche den roten Teppich gegen die Erhabenheit einer Kirche. "Der Preis freut mich sehr, aber die Konfirmation meiner Schwester ist mir wichtiger", begründet die 15-jährige Autorin ihre Entscheidung.

Mit ihrem Beitrag "Über meine französischen Großeltern" überzeugte die Schülerin aus Spechthausen bei Tharandt die Jury des "Theo – Berlin-Brandenburgischer Preis für Junge Literatur" und ist eine von 15 Preisträgern 2024. In dem Essay beschreibt Lange ihren Aufenthalt in Frankreich vergangenes Jahr und der Begegnung mit den Großeltern ihrer Austauschschülerin. Lange nahm an einem Schüleraustausch teil und lebte zwei Monate bei einer französischen Familie.

Eine Reise in den französischen Norden

Der Text nimmt den Leser mit auf eine liebevolle Reise durch den Norden Frankreichs. "Es sind meine Beobachtungen, die ich aufgeschrieben habe", sagt die angehende Abiturientin des Weißeritzgymnasiums Freital. Leicht hat es sich die Schülerin der 10. Klasse dabei nicht gemacht, alles in Worte zu fassen. Mehrmals formulierte sie den Text neu, veränderte Worte, überarbeitete die Vorlage. "Ich wollte die Aussagen schöner machen", sagt sie und ist stolz auf das Ergebnis.

Auch die Jury ist beeindruckt von der sprachlichen Kraft und den sensiblen Beobachtungen. "Mit viel Feingefühl erzählt sie uns von ihren Eigenarten und Liebenswürdigkeiten", beschreibt Jurymitglied Maximilian Meier von der Buchhandlung Krumulus in Berlin den Text.

Dass Helena Lange literarisch erfolgreich ist und zu den Preisträgern des Wettbewerbs gehört, weiß noch nicht einmal ihre Deutschlehrerin. "Ich habe den Text von mir aus hingeschickt und kaum jemanden etwas davon erzählt", sagt sie. Nur ihre Familie wusste es. Deswegen freut es sie um so mehr, zu den Ausgezeichneten zu gehören.

Dass niemand von der Auszeichnung weiß, ändert sich jetzt. Die Sammlung der Texte der Gewinner ist im Buchhandel erhältlich. Unter dem Titel "Spuren" kann das Almanach bestellt und gekauft werden.

Die 15-jähre Nachwuchsautorin Helena Lange begeistert sich auch für Kunst und Politik.
Die 15-jähre Nachwuchsautorin Helena Lange begeistert sich auch für Kunst und Politik. © Mathias Herrmann

Mehr als 600 junge Menschen aus Deutschland und Österreich beteiligten sich an dem Wettbewerb. Die Nachwuchsschriftsteller sind zwischen neun und zwanzig Jahren alt. Der Wettbewerb "Theo" verdankt seinen Namen dem Schriftsteller Theodor Fontane. Angelehnt an seine "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" lautete das Thema des diesjährigen Wettbewerbs "Spurensuche". Der Wettbewerb wird seit 2008 jährlich vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels Berlin-Brandenburg und dem Verein Wortbau vergeben.

Die Suche nach den besten Worten

Mit ihren 15 Jahren hat Helena Lange viel ausprobiert. Sie ist leidenschaftliche Malerin, Schriftstellerin und Filmemacherin. Vor drei Jahren wurde ihr Trickfilm "Fortschritt" bei der Preisverleihung von "Film ab" gezeigt. Er entstand während eines Ferienworkshops des Fantasia Vereins Dresden.

Ob sie später weiter künstlerisch aktiv sein wird, ist sie sich nicht sicher. "Ich interessiere mich auch für Politik", sagt sie mit einem Blick in die Zukunft. "Aber noch habe ich zwei Jahre bis zum Abitur", hält sie sich mit einer Festlegung für einen Berufswunsch zurück. In der kommenden Zeit könne sich noch vieles ändern.

Dass Helena Lange immer nach den stärksten Worten sucht, ist auch in ihren Antworten während des Gesprächs zu spüren. Es sprudelt nicht aus ihr hervor, wenn sie zum Beispiel über Frankreich spricht. Mit jeder Antwort zur Kurzgeschichte, scheint sie die Reise gedanklich noch einmal zu erleben. Sie wägt ihre Worte ab und erzählt überlegt.

Mit Tagebüchern zum Schreiben gefunden

Manchmal sind ihre Antworten stark und kräftig, dann wieder sanft in der Erinnerung. Helena Lange steht nicht gern im Vordergrund. Sie sei zurückhaltend und beobachte Menschen und Situationen, beschreibt sie sich. Sie lässt die Dinge geschehen und hält den Moment dann künstlerisch fest.

Ihre Texte sollen wirken, denn sie liebt Sprache. "Ich schreibe seit Jahren in meinem Tagebuch die täglichen Erlebnisse und Beobachtungen auf", erzählt sie. Anschließend sucht sie nach den schönsten Formulierungen, schreibt den Text um, bis sie passen. Zu ihren Vorbildern zählt sie Necati Öziris' Roman "Vatermal" sowie der Film "Pinocchio" von Guillermo del Toro.

Auch ihre Kleidung ist unaufdringlich. Ein schwarzes T-Shirt und eine Jeans - weniger auffallen geht kaum. Nur ein paar aufgestickte Blumen auf ihrer Jeans setzen Akzente. Ihre Art und Worte erinnern an Janis Joplin: jung, stark und selbstbewusst.

Helena Langes Interessen sind vielseitig. Ob sie noch einmal einen Text für den Nachwuchswettbewerb einreicht, lässt sie offen. "Das Thema muss mir zu sagen und ich brauche eine Idee." Erzwingen will sie es nicht.