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Tod unterm Dach

Wieder wird in der alten Wäscherei eine Leiche gefunden. Die Bergung ist kompliziert.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ralph Schermann

Erneut wurde ein lebloser Körper in der Ruine der ehemaligen Großwäscherei auf der Brückenstraße 6/7 gefunden. Bei Redaktionsschluss am Mittwoch war die gegen Mittag entdeckte Leiche noch nicht geborgen. „Ein Herankommen ist bisher nicht möglich. Verbrannte menschliche Überreste liegen in einem nicht einsehbaren und absolut unzugänglichen Bereich im Dachgeschoss“, bestätigt Irene Schott von der Staatsanwaltschaft Görlitz.

Zugführer Andreas Otte fordert Material an: Der Görlitzer THW-Ortsverband muss ein einsturzgefährdetes Haus sichern.
Zugführer Andreas Otte fordert Material an: Der Görlitzer THW-Ortsverband muss ein einsturzgefährdetes Haus sichern. © D. Dittrich

Die Verbrennungen der jetzt aufgefundenen Person könnten darauf schließen lassen, dass ein Zusammenhang mit dem Feuer vom April besteht. In dem Gebäude wütete am 24. April ein Großbrand. Er breitete sich über den Dachstuhl der Ruine auf einer Länge von 30 Metern aus. Schon während der Löscharbeiten konnte das als einsturzgefährdet geltende Dachgeschoss nicht betreten werden. Die Männer der Feuerwehr bekämpften den Brand deshalb hauptsächlich über die Drehleiter.

Vor dem Bergen der jetzt gefundenen Leiche muss daher erst eine Sicherung erfolgen. Dafür rückte am Mittwoch das Technische Hilfswerk Görlitz an. Die Helfer sollen die Decken abstützen und begehbar machen. „Erst nach Abschluss der Gebäudesicherung und der Bergung werden Kriminaltechniker den Fundort untersuchen können“, sagt Staatsanwältin Irene Schott.

Die Identität der Leiche bleibt bis dahin noch unklar. Möglicherweise handelt es sich bei dem Toten um René H., der seit April als verschwunden galt und später als vermisst gemeldet wurde. Die Polizei hat während der Vermisstenermittlung erfahren, dass sich der 51-jährige Obdachlose aus Kodersdorf öfter auch in dem ehemaligen Wäschereikomplex aufhielt. Deshalb hatten Kriminalisten am Mittwochmorgen in Begleitung eines Statikers das Gebäude aufgesucht und dabei auch einen Leichenspürhund eingesetzt. Die Ermittlungen zum Brandgeschehen vom April sind noch nicht endgültig abgeschlossen, es wird jedoch eindeutig von Brandstiftung ausgegangen. Jetzt werden diese Untersuchungen noch um den Leichenfund erweitert.

Schon am 13. April 2015 war in der Industriebrache ein Toter gefunden worden. Es handelte sich um einen skelettierten Leichnam. Erst zwei Monate später war klar, dass es sich um einen zum Auffindezeitpunkt 66-jährigen polnischen männlichen Staatsangehörigen handelte, der im Nachbarland als obdachlos galt. Aufgrund des Verwesungsgrades konnte eine Todesursache nicht mehr festgestellt werden. Zum jetzigen Leichenfund indes gibt es eine Parallele: Beide lagen im Dachgeschoss.

Schon beim ersten Fund wurde deutlich, dass es sich bei dem seit der Wende leer stehenden und nur in den Treppenhäusern noch halbwegs begehbaren Objekt um einen gelegentlichen illegalen Treff Obdachloser, aber auch Krimineller und Drogenabhängiger handelt. Dabei war einst ganz anderes vorgesehen: Die „Alte Wäscherei“ sollte nach 1990 als Bestandteil des Vorhabens Brückenpark zu einer Flaniermeile, Freizeitzone und zugleich Bildungslandschaft werden. Aufmerksamkeit schrieb das Areal stattdessen bisher leider nur auf traurige Art. Am Mittwoch wurde ein weiteres solches Kapitel angefügt.