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Tote Soldaten bleiben vorerst in Usti

Usti nad Labem. Deutsche und Tschechen bemühen sich um eine Lösung für die Wehrmachtssoldaten.

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Von Anneke Hudalla

Abgesehen von einigen tschechischen Journalisten waren am Ende alle zufrieden – sofern man in diesem Zusammenhang überhaupt von Zufriedenheit sprechen kann: Die Stadt Usti nad Labem (Aussig), der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) und die deutsche Botschaft in Prag haben sich am Mittwoch darauf verständigt, dass die Gebeine der etwa 4 000 Wehrmachtssoldaten, die seit drei Jahren in einer Fabrikhalle in Usti lagern, bis zu ihrer endgültigen Bestattung auch weiterhin in der Halle verbleiben dürfen. Das wird aller Voraussicht nach noch mindestens zwei Jahre dauern – und vor allem diese Aussicht war es, die manche der anwesenden Journalisten etwas verstörte.

„Wir sind sehr dankbar“

„Wir werden uns nun sehr intensiv darum bemühen, einen geeigneten Ort für die Bestattung der Gebeine zu finden“, erklärte Fritz Kirchmeier, Pressesprecher des VDK, nach dem Treffen. „Doch selbst wenn wir dabei sofort fündig werden sollten, würde es etwa zwei Jahre dauern, bis der Ort rein technisch zur Nutzung vorbereitet ist.“ Die Frage einer tschechischen Journalistin, ob man den VDK nicht zwingen könne, die Gebeine früher zu beseitigen, wies Oberbürgermeister Petr Gandalovic schroff zurück. Von den Gebeinen gehe weder eine Gesundheitsgefahr für die Einwohner von Usti aus noch sei bei der Lagerung in der Halle das tschechische Bestattungsgesetz verletzt worden.

Bereits in den vergangenen Tagen hatte der Bürgermeister immer wieder erkennen lassen, dass er die ethischen Aspekte der Angelegenheit für mindestens ebenso wichtig hält wie rechtliche oder hygienische Fragen. „Die Stadt Usti wird den VDK bei der Suche nach einem Friedhof nicht unter Zeitdruck setzen“, betonte Gandalovic deshalb am Mittwoch. „Allerdings wird der Volksbund ab sofort dafür aufkommen, dass die Halle polizeilich gesichert und technisch in einen pietätvollen Zustand versetzt wird.“

Froh und erleichtert über das Verhandlungsergebnis zeigte sich der VDK. In einem Gespräch mit der SZ hatte Pressesprecher Kirchmeier am Montag gesagt, er hoffe, die „Affäre“ um die Gebeine in Usti werde die tschechische Öffentlichkeit nicht grundsätzlich gegen die Arbeit des Volksbundes aufbringen. „Wir sind sehr dankbar dafür, dass die Stadt dieses Treffen initiiert hat, und dass das Gespräch in einer so guten Atmosphäre verlaufen ist“, sagte Kirchmeier am Mittwochabend. Doch das Hauptproblem des VDK, nämlich die Finanzierung eines Soldatengrabes, ist weiterhin offen. Ob die Bundesregierung Geld zuschießen werde, könne er nicht sagen, ließ Botschaftsgesandter Konrad Scharinger wissen.

Hat sie niemand vermisst?

Wie unterschiedlich die deutsche und die tschechische Perspektive auf die toten Soldaten trotz allem ist, offenbarte ganz am Ende der Pressekonferenz die Frage einer tschechischen Journalistin. „Hat denn diese Toten in Deutschland niemand vermisst?“, wollte sie von den verdutzt dreinblickenden Vertretern der deutschen Seite wissen. Er verstehe diese Frage nicht, antwortete Kirchmeier. In Deutschland gebe es rund eine Million Familien, die nichts über das Schicksal ihrer Angehörigen im Zweiten Weltkrieg wissen. Manchen tschechischen Medien war dies dann auch eine Erwähnung wert.