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Toter Seeadler vom Hauptbahnhof stammt offenbar aus Brandenburg

Über die Herkunft und den Todesort des Greifvogels kursieren widersprüchliche Angaben. Jetzt melden sich Interessenten, die das Tier ausstopfen lassen wollen.

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Von Andreas Rentsch

Hat er vor wenigen Tagen im Großen Garten ein Exemplar der Art Haliaeetus albicilla gesehen? SZ-Leser Eberhard Johannes ist fest davon überzeugt. Mehr noch: „Das ist bestimmt der Adler gewesen, der am 27. Dezember tot im Hauptbahnhof gefunden wurde. Ich habe ihn erst für einen Bussard gehalten, wie er dort auf dem Baum saß.“

Eine Woche nach dem außergewöhnlichen Fund auf Gleis 1 spekulieren Fachleute und Laien immer noch über die Frage, wie und wo der gefiederte Räuber zu Tode kam. Steffen Keller von der Vogelauffangstation in Kaditz sagt, er habe inzwischen mit einem Augenzeugen gesprochen. Dessen Angaben zufolge sei der Vogel nahe Elsterwerda vom Eurocity Berlin-Prag erfasst worden. Ein „Jungadler noch mit dunklem Schwanz“, also nicht älter als drei Jahre, vermutet Keller. „Genaueres lässt sich erst sagen, wenn die Vogelwarte aus ihrem Winterschlaf erwacht.“

Eurocity kam pünktlich an

Gemeint ist die Beringungszentrale Hiddensee, eine gemeinsame Einrichtung der fünf ostdeutschen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Dorthin wurde die Nummer des Rings gemeldet, den der Adler trug: AA 008329. Eine Antwort blieb aus.

Nach der Kollision jedenfalls habe ein Zugbegleiter den Kadaver eingesackt und alles Weitere veranlasst, berichtet Keller unter Berufung auf seinen Gesprächspartner. Die Deutsche Bahn (DB) bestätigt diese Version allerdings nicht. „Der Eurocity 177 kam an diesem Tag pünktlich auf die Minute im Dresdner Hauptbahnhof an“, betont die zuständige Sprecherin Daniela Bals. Im Übrigen sei Gleis 1 extra gesperrt worden, um den leblosen Vogel von der Feuerwehr bergen zu lassen.

Vielleicht verrät die Analyse des Rings endlich mehr über „AA 008329“. Nach Ansicht des Vogelkundlers Ulrich Köppen dürfte der Seeadler aus dem Süden Brandeburgs stammen. „Exakt sagen kann ich das erst, wenn wir am Montag in der Beringungszentrale die Nummer abgeglichen haben.“

Derweil liegt der Kadaver in einer Kühltruhe des Tierheims (die SZ berichtete am 30. Dezember, S. 13). Das öffentliche Interesse an dem Fall bleibt hoch. So melden sich Interessenten, die den Vogel ausstopfen lassen möchten. „Wenn es kein Museum gibt, das ihn haben will, würde ich den Adler gerne übernehmen“, sagt Stefan Handrick aus Dresden-Bühlau.

Aas lockt die Vögel an

Dass Greifvögel nach einer Kollision mit Schnellzügen verenden, geschieht relativ häufig. „Angelockt werden die Tiere durch Aas, das an den Schienen liegt“, erklärt Hartmut Meyer vom Verein Sächsischer Ornithologen.

Wenn dann ein Triebwagen heranrase, sei es meist zu spät. Die Wirbelschleppe des Zugs ziehe den um Auftrieb kämpfenden Vogel ins Verderben.