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Traditionsreiches Stadion vor dem Ende?

Großenhain - Wenn heute zu einer Sportstätte, die fast schon über 55 Jahre in Großenhain besteht, im Rathaus offensichtlich Pläne bestehen, dieses Stadion der Freundschaft aufzugeben, dann sollte man sich einige Jahrzehnte zurückversetzen.

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Großenhain - Wenn heute zu einer Sportstätte, die fast schon über 55 Jahre in Großenhain besteht, im Rathaus offensichtlich Pläne bestehen, dieses Stadion der Freundschaft aufzugeben, dann sollte man sich einige Jahrzehnte zurückversetzen. König Fußball regierte überall. Die BSG Turbine Großenhain wurde am 2. Juni 1951 im Klubraum der Stadtwerke von 46 Belegschaftsmitgliedern gegründet. Sportfreund Hans Bielitz war erste BSG-Leiter. Am 17. Mai 1952 sah die Jahnkampfbahn, besucht von 5000 Zuschauern, den Sieg von BSG Turbine gegen den DDR-Meister Erfurt mit 1:0. Die Verantwortlichen der Sektionen, insbesondere Paul Ettrich, Paul Saalbach, Max Kaube, Paul Schüttig, Bruno Eggert, Erich Kretschmar, Hans Kleeberg, Georg Thieme versuchten immer wieder, namhafte Gegner nach Großenhain zu holen.

Am 10. Februar 1954 dann das Spiel gegen den 1. FC Dynamo Dresden mit 1:0. Längst war es eine Tatsache, dass die Blau-Weißen in der Stadt der würdigste Fußballrepräsentant waren. Zuschauerzahlen von 1500 bis 2000 waren keine Seltenheit – heute sind es zwischen 100 und 200.

10000 freiwillige Stunden

1953, nach dem Aufstieg zur Bezirksklasse, mussten sich die Fußballer gegen gleichwertige Gegner durchsetzen. Es musste ein neues Stadion her. Und es wurde gebaut. Über 10000 freiwillige Arbeitsstunden leisteten die Sportler der BSG Turbine und die Bürger der Stadt. Am 14. Mai 1955 konnte BSG-Leiter Heinz Fleischer mit Vertretern der Massenorganisation, des Trägerbetriebes und einer großen Anzahl Sportlern (siehe Foto) die schöne Anlage auf den Namen Stadion der Freundschaft taufen. Kurz danach weilten mehrere Mannschaften aus Westdeutschland, der SC West Köln, der SC Schrobenhausen, der TSV Meiling und andere in der Stadt. Diese Sportbeziehungen waren ein Zeugnis vom damaligen Willen des unteilbaren Deutschlands.

In all den Jahren als ständiger Zuschauer (seit 1954 in Großenhain ansässig), bin ich fast jedes Wochenende in diesem Stadion gewesen. Mein Sohn und meine Enkel haben dort das Fußballspiel erlernt. Und ich möchte es auch heute nicht missen. Viele Talente wurden hier fachlich und sportlich ausgebildet von Jochen Schubert, Hans Menzel, Familie Geitel, Werner Junge, Hans Kleeberg, Heinz Schumann, Christian Müller, Diethart Preuß. Ich bin überzeugt davon, dass ich nicht der einzige Bürger und Sportler bin, der für den Erhalt dieses Stadions ist.

Von den 60er Jahren an gab es viele Mannschaften in Großenhain, die auf diesem Platz gespielt haben: BSG Motor, BSG Einheit, BSG Aktivist, BSG Lok und Vorwärts (Kasernierte Volkspolizei und Nationale Volksarmee). Sollten diejenigen, die für das Aufgeben des Stadions der Freundschaft sorgen (und vom Fußball etwas verstehen), doch eine andere Meinung haben?

Mannschaften im Spielbetrieb

Im Großenhainer Fußballverein 1990 e.V. sind es 15 Mannschaften, die regelmäßig in der Meisterschaft des Bezirkes Dresden unterwegs sind. Sie brauchen ganz einfach dieses Stadion, um alle Spiele regelgerecht auszutragen. Es spielen die erste Männermannschaft in der Kreisliga, die zweite Männermannschaft in der ersten Kreisklasse, die dritte Männermannschaft in der zweiten Kreisklasse, die A-Junioren in der Bezirksliga, B-, C-, D-, E-Junioren in Kreisliga/Bezirksklasse, die Alten Herren, die Frauenmannschaft und die D-, E-, F- und G-Junioren im Kreis. Das ist im Raum Dresden eine Seltenheit, dass alle 15 Mannschaften im Spielbetrieb spielen.

Berechtigt wäre ein Umzug ins Husarenviertel, wenn diese gute Situation dort bestehten würde mit Duschen, Toiletten und einer Gaststätte. Aber so ist es nicht. Sollte man sich anders entscheiden, zu Ungunsten der Sportler, so wäre das für den Volkssport-Fußball und den Leistungssport-Fußball nicht gerechtfertigt.Dieter Kührt