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Treibhaus Dresden

In der Stadt wird zu viel Strom verbraucht, zu viel geheizt und zu viel Auto gefahren. Neue Lösungen gibt es kaum.

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© Robert Michael/Montage SZ

Von Ronja Münch

Dresden wirbt für sich als eine der grünsten Städte Europas, doch von Klimafreundlichkeit ist man weit entfernt. Das muss Umweltamtsleiter Christian Korndörfer am Montag eingestehen: „Ich bin heute derjenige für die schlechten Nachrichten.“ Eigentlich wollte Dresden jedes Jahr weniger Kohlendioxid () ausstoßen. Passiert ist jedoch nichts. Rein rechnerisch pustet jeder Einwohner ganze zehn Tonnen in die Luft, wie aus der neuen Treibhausgasbilanz für das Jahr 2014 hervorgeht, die erst jetzt vorliegt. Zuvor hatte die Stadt mit Zahlen von 2010 gerechnet.

Seit 2003 ändert sich der -Ausstoß nicht mehr, zuletzt ist er sogar leicht gestiegen und liegt nun gerade noch im Limit, das von der Bundesregierung angestrebt wird. Und Korndörfer macht auch keinen Mut, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern könnte: „Der Trend wird voraussichtlich die nächsten Jahre anhalten.“

Einen großen Anteil an den Treibhausgasen hat der Verbrauch von Strom. Denn der erscheint zunächst sauber, für die Produktion wird aber unter anderem Kohle verbrannt. Das geschieht zwar nicht in Dresden, aber trotzdem verbrauchen Dresdner Firmen Strom aus Kohlekraftwerken. Und sie benötigen heute 26 Prozent mehr Energie als noch im Jahr 2007. Das liegt nicht allein daran, dass sich in Dresden mehr Industrie angesiedelt hat, so Korndörfer. „Der Anstieg ist überproportional.“ Ähnlich sehe es beim Handel aus. Dagegen ist der Verbrauch in privaten Haushalten kaum gestiegen, trotz wachsender Bevölkerung.

„Diese Zahlen können nicht zufriedenstellen, sie sind eine große Herausforderung“, sagt Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne). Dresden könne das Problem aber nicht alleine lösen. Das sei auch eine Aufgabe von Bund und Ländern. So tue Dresden bereits viel für sauberen Strom, bundesweit nimmt aber der Strom aus Kohlekraftwerken zu.

In einem ersten Schritt hat die Stadtverwaltung einen Klimaschutzstab eingerichtet. Der wird von Ina Helzig geleitet, die bisher das Klimaschutzbüro leitete und unter anderem das Stadtradeln organisierte. Das Büro hat aber nicht nur einen neuen Namen bekommen, so die Umweltbürgermeisterin. Der Klimaschutzstab habe geänderte Zuständigkeiten und mehr Durchsetzungskraft. Das sei ein Signal, dass dem Thema eine hohe Priorität beigemessen werde. Was der Klimastab genau tun wird, ließ sie jedoch offen.

Um das Treibhausgasproblem zu lösen, setzt Jähnigen weiterhin auf die Schritte, die 2013 im Rahmen des Energie- und Klimaschutzkonzepts vom Stadtrat beschlossen wurden. Darin geht es unter anderem darum, wie Strom gespart werden kann, wie sich der Verkehr reduzieren lässt und wie Häuser eine bessere Wärmedämmung bekommen. Vor allem bei der Sanierung von Gebäuden ist nicht nur die Stadt selbst gefragt, sondern auch die Bürger und Unternehmen, so die Umweltbürgermeisterin. Die in Wohnungen verbrauchte Energie macht etwa ein Viertel des gesamten -Ausstoßes aus, genauso wie der Verkehr. Unternehmen liegen 2011 bei 46 Prozent – aktuellere Zahlen liegen der Stadt nicht vor. Öffentliche Einrichtungen haben nur einen Anteil von etwa fünf Prozent am Gesamtausstoß.

Diese Zahlen bedeuten jedoch nicht, dass die Stadt nicht für eine Verringerung der Kohlendioxidbilanz sorgen könnte. Die Grünen werfen CDU und FDP jahrelange völlige Untätigkeit vor. Während andere Städte sich aktiv um den Klimaschutz bemühten, sei in Dresden wenig passiert.

Jähnigen will das nun ändern. Die Stadt könne durch entsprechende Infrastruktur für einen geringeren Ausstoß sorgen, so etwa durch das geplante Fernwärmenetz in Pieschen, aber ebenso durch eine verbesserte Mobilität mit kürzeren Wegen. Die Stadt habe außerdem eine Vorbildfunktion bei der Heizungsoptimierung und beim umweltfreundlichen Verkehr. Öffentliche Gebäude würden entsprechend saniert, die Stadt will sich zehn weitere Elektroautos anschaffen. Des Weiteren sollen der Nahverkehr und der Radverkehr ausgebaut werden. „Klimaschutz ist eine verwaltungsübergreifende Aufgabe“, sagt Jähnigen, „Es geht jetzt darum, dass wir die Dinge vorantreiben.“

Die Grünen kritisieren derweil, dass die Ausgaben für den Klimaschutz von 250 000 auf 100 000 Euro im kommenden Haushalt reduziert werden sollen.

Ob das ursprüngliche Dresdner Ziel von 5,8 Tonnen pro Kopf im Jahr 2030 so noch erreicht werden kann, ist fraglich. Die Stadt müsste es schaffen, pro Jahr drei bis vier Prozent einzusparen. Bisher sei man nur von zwei Prozent ausgegangen. Ohnehin, so Umweltamtsleiter Korndörfer, könne sich nur dann wirklich etwas tun, wenn der Verbrauch für die Industrie wieder teurer würde. Derzeit sinke der Preis für Energie und die sogenannten Emissionszertifikate seien viel zu billig. „Es muss wieder eine wirksame marktwirtschaftliche Steuerung geben.“