SZ + Deutschland & Welt
Merken

Tschechien verabschiedet sich von den Corona-Masken

Seit Montag gilt die Maskenpflicht in Tschechien nur noch im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen. Ukrainische Flüchtlinge bereiten kaum neue Corona-Sorgen.

Von Hans-Jörg Schmidt
 4 Min.
Teilen
Folgen
Hinter der Grenze zur Tschechischen Republik gibt es kaum noch die Corona-Maskenpflicht.
Hinter der Grenze zur Tschechischen Republik gibt es kaum noch die Corona-Maskenpflicht. © Symbolfoto: Matthias Weber/photoweber.de

Entweder hatten sie es noch nicht mitbekommen oder sie halten sich einfach weiter dran: Die Tschechen in einem Supermarkt im 4. Prager Stadtbezirk trugen heute bei meinem Einlauf dort geschätzt zu drei Vierteln wie immer Covid-Masken. Auch große Teile des Verkaufspersonals. Auch anderenorts in Tschechien das gleiche Bild.

Dabei ist dieser Montag Tag eins beim vorläufigen Ende des Maskentragens im Nachbarland. Im Innern von Gebäuden - und damit auch beim Einkauf - braucht es sie nicht mehr. Nur noch in den öffentlichen Verkehrsmitteln Bahn, Bus, Tram und Metro sowie beim Besuch des Arztes oder in einer sozialen Einrichtung wie einem Seniorenheim.

„Ehrlich? Ich habe es nicht gewusst“, gesteht ein Mittdreißiger, der schon draußen beim Holen eines Einkaufswagens wie gewohnt die FFP2 - Maske über Mund und Nase ausrichtet. „Die Medien berichten derzeit fast ausschließlich über die Ukraine. Covid scheint es nicht mehr zu geben. Oder ich hab es einfach verpasst.“ Dann zieht er die Maske wieder ab und verstaut sie in der Jackentasche. „Wie neugeboren“, lacht er dabei.

Im Supermarkt selbst tragen vor allem Angehörige der „Risikogruppe“ der Älteren weiter ihre Maske. „Ich habe mich daran gewöhnt und fühle mich damit einfach sicherer“, hört man gleich bei mehreren Befragten. Man werde die Masken deshalb erst einmal weiter tragen. „Am Delikatessenstand und an denen für Fleisch und Wurst stehen die Leute dicht an dicht. Mir ist das unheimlich“, sagt eine ältere Dame. Ihr Mann, der sie begleitet, ergänzt: „Aus unserem Bekanntenkreis ist im vergangenen Jahr jemand an Covid gestorben. Das ist uns bis heute Warnung.“

Tschechien hat ein Covid-Wechselbad hinter sich. Auch weil es zu den allerersten Ländern gehörte, die die Maskenpflicht einführten, hatte es lange gute Zahlen. Anfangs gab es dabei überhaupt keine Masken im Land. Die Leute nähten sich in ihrer Not selbst welche auf beinahe schon eingerosteten Nähmaschinen.

Medizinische Mitarbeiter im November beim Transport von Corona-Patientenag transportiert.
Medizinische Mitarbeiter im November beim Transport von Corona-Patientenag transportiert. © Uhlíø Patrik/CTK/dpa

Auch wenn diese Behelfsmasken nicht perfekt funktionierten, sie hatten einen gewissen Nutzen. Der war immerhin so groß, dass der damalige Premier Andrej Babiš meinte, sein Land als „Best in Covid“ rühmen zu können. Bis der Einbruch kam, der dazu führte, dass Tschechien plötzlich am anderen Ende der Skala angelangt war, eine Zeit lang die schlimmste Inzidenz weltweit hatte. Die Tschechen hatten zu früh geglaubt, alles hinter sich zu haben.

Hinzu kam eine wachsende Lässigkeit im Umgang mit der Pandemie. Die rührte auch daher, dass die strengen Regeln selbst von einem der vier Prager Gesundheitsminister, die die Pandemie verschleißte, nicht beachtet worden waren. „Wenn ‚die da oben‘ sich nicht an die Regeln halten, dann müssen wir das auch nicht“, lautete die allgemeine Stimmung. Das hatte alles in allem schwerwiegende Folgen: Mehr als 39.000 Menschen sind in Tschechien im Zusammenhang mit den verschiedenen Typen des Corona-Virus gestorben.

Aktuell steht Tschechien mit einer 7-Tage-Inzidenz von 501 sehr gut da, deutlich besser auch als das benachbarte Deutschland. In den Kliniken werden knapp 2.000 Covid-Patienten behandelt. 110 davon befinden sich in einem schweren Zustand.

Dass Tschechien so gut dasteht, erstaunt die Experten, die vor allem die niedrige Impfquote beklagten. Die liegt mit 64 Prozent der Geboosterten etwa auf dem Niveau von Sachsen. Das derzeitige Interesse an Impfungen ist minimal. Dennoch: Sollte sich an den positiven Werten nichts gravierend ändern, dann wurde am Montag nicht die letzte Erleichterung in Sachen Masken wirksam. Im kommenden Monat könnten die Maskenpflicht dann komplett fallen.

Ein gewisses Risiko sieht das Gesundheitsministerium noch in den Flüchtlingen aus der Ukraine, die zumeist mit dem Sputnik-Wirkstoff geimpft seien. Derzeit befinden sich in Tschechien mehr als 200.000 Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet. Doch zu einem neuerlichen massiven Anwachsen der Covid-Zahlen, so heißt es, dürften sie kaum beitragen.