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Eklat zum Nationalfeiertag in Prag: Ein rachsüchtiger Präsident

Tschechiens Staatschef Zeman übergeht demonstrativ führende Politiker bei der Einladung zur wichtigsten Veranstaltung am Nationalfeiertag. Er betrachtet sie als „unfähig“ oder „illoyal“.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Tschechiens Präsident Miloš Zeman wird sein Amt bald abgeben. Vorher sorgt er aber nochmal für einen Eklat in Prag.
Tschechiens Präsident Miloš Zeman wird sein Amt bald abgeben. Vorher sorgt er aber nochmal für einen Eklat in Prag. © Ralf Hirschberger/dpa

Prag. Wenn am Freitagabend im mehr als 500 Jahre bestehenden Wladislaw-Saal des Alten Königspalastes der Prager Burg die Fanfarenklänge aus Smetanas Oper „Libuše“ ertönen, werden sich mehrere Hundert feierlich gekleidete Gäste von ihren Plätzen erheben. In diesem Jahr zum letzten Mal für Präsident Miloš Zeman, dessen zweite und letzte Amtszeit sich dem Ende zuneigt.

An jedem 28. Oktober, dem tschechischen Nationalfeiertag, ehrt das jeweilige Staatsoberhaupt verdiente Bürger des Landes und herausragende Persönlichkeiten aus dem Ausland mit Orden. Diese Veranstaltung krönt den wichtigsten Feiertag im Nachbarland und vereint alle, die Rang und Namen in Tschechien haben.

Vereint alle - unter Zeman gilt das allerdings nicht. Hochwichtige Politiker wie die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern, Markéta Pekarová Adamová und Miloš Vystrčil, haben für Freitag keine Einladung bekommen. Dabei sind sie protokollarisch die Nummern zwei und drei im Land, gleich nach dem Präsidenten. Pekarová Adamová hat es sich mit gelegentlicher Kritik beim Präsidenten verscherzt. Der hält sie an der Spitze des Abgeordnetenhauses für eine totale Fehlbesetzung.

Zeman wirf Vystrčil „Staatsstreich“ vor

Vystrčil konterkarierte Zemans permanente Anbiederung an China mit einem Besuch Taiwans. Zeman wirft ihm zudem vor, er habe versucht, ihn in einer Art „Staatsstreich“ zu entmachten. Vystrčil hatte vor einem Jahr, als Zeman schwer erkrankt war, laut darüber nachgedacht, ob der Präsident sein Amt noch ausüben könne. Das entsprach voll der Verfassung, was Zeman aber völlig anders sieht.

Die konservative Senatorin Miroslava Němcová, die ebenfalls ohne Einladung blieb, nannte Zeman „rachsüchtig“. Sie hatte vor ein paar Jahren mit anderen die Feier mitten in einer Rede Zeman demonstrativ verlassen. Der Präsident hatte da in seinen auf solchen Veranstaltungen obligatorischen Ausführungen mit scharfen Worten kritische Journalisten und damit die Meinungsfreiheit in Tschechien angegriffen.

Wen sich Zeman diesmal in seiner Rede vorknöpfen wird, ist offen. Sein letzter derartiger Auftritt, so befürchten viele, könnten ihn zu einem Rundumschlag gegen all seine Kritiker in den vergangenen zehn Jahren verleiten. Rücksicht jedenfalls muss er kurz vor seinem Abgang nicht mehr nehmen.