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Kaffee kommt per Mausklick ins Gefängnis

Der Knast im tschechischen Stráž hat jetzt als erster im Land einen Online-Shop. So soll weniger illegale Ware hinter Gittern gelangen.

Von Petra Laurin
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Mitarbeiter des Gefängnisses in Stráž pod Ralskem in Tschechien gehen Bestellungen aus dem Online-Shop der Haftanstalt durch.
Mitarbeiter des Gefängnisses in Stráž pod Ralskem in Tschechien gehen Bestellungen aus dem Online-Shop der Haftanstalt durch. © Petra Laurin

Der Vater, der Bruder, die Schwester, die Freundin im Gefängnis – schwierig und schlimm für Angehörige und Bekannte. Und für die Inhaftierten sowieso. Manche schicken nicht nur Briefe in die Justizvollzugsanstalt, sondern auch Lebensmittel und Geschenke. Im tschechischen Stráž pod Ralskem (Wartenberg am Rollberg) gibt es dafür nun eine neue Möglichkeit.

Die Haftanstalt hat so einen Laden eingerichtet, in dem es zum Beispiel Schokoriegel und Kaffee gibt. Damit soll Schmuggel von Drogen und Waffen ins Gefängnis unterbunden werden.
Die Haftanstalt hat so einen Laden eingerichtet, in dem es zum Beispiel Schokoriegel und Kaffee gibt. Damit soll Schmuggel von Drogen und Waffen ins Gefängnis unterbunden werden. © Petra Laurin

Wer ein Päckchen an Menschen hinter Gittern senden möchte, muss dafür nun keine Wege in die Geschäfte mehr auf sich nehmen, um einzukaufen. Auch der Gang zur Post wird überflüssig. Alles, was es braucht, sind ein Internetzugang und ein paar Klicks oder Befehle am Computer, auf dem Tablett oder dem Smartphone. Denn die Vollzugsanstalt in Stráž pod Ralskem hat kürzlich – , als erste in Tschechien – dafür eigens einen Online-Shop eingerichtet. Allerdings nicht so sehr, um Angehörigen Arbeit zu ersparen. Auf dieser Art soll vielmehr verhindert werden, dass im Gefängnis verbotene Waren und Gegenstände dort hineingelangen. Gemeint seien vor allem Drogen oder Waffen.

„Wer ein Paket an Gefangene, die bei uns sind, schicken möchte, bekommt in diesem Online-Shop alles, was er braucht“, ist Gefängnissprecherin Martina Krutinová überzeugt. Alles laufe ganz einfach. Man registriere sich auf der speziellen Internetseite www.balikdoveznice.cz, suche dann Artikel aus – wie im Online-Handel üblich. Die Waren werden in den virtuellen Korb gelegt, verbindlich bestellt und bezahlt. Erledigt. Gepackt werden die Kisten von Gefangenen vor Ort.

All dies spare vor allem dem Gefängnispersonal einiges an Zeit, die für die Kontrolle von selbst gepackten Sendungen nötig werden würde. „In bis zu 90 Prozent der Pakete findet man etwas, was dort nicht hingehört. Die Prüfung einer Sendung verlangt im Schnitt bis zu 20 Minuten“, erklärt die Sprecherin. „Verbotene elektronische Geräte werden immer kleiner, sie lassen sich sehr gut verstecken, sind also schwer zu entdecken. Es besteht bei einem normalen Paket auch die Gefahr, dass Suchtmitteln drin sind. Deshalb haben wir uns diesen elektronischen Laden ausgedacht, um den gesamten Prozess zu vereinfachen“, fügt Ladislav Blahník, Direktor des Gefängnisses hinzu.

Investition von 30.000 Kronen

Über den Online-Shop können Zeitungen, Drogerieartikel, Süßigkeiten oder Kaffee verschickt werden. Man kann sich eine von zwei Paketvarianten aussuchen. Das erste sei das sogenannte Anspruchspaket, auf das die Häftlinge alle sechs Monate einen Anspruch haben. Das dürfe mehr als fünf Kilo wiegen; die Zusammenstellung und Lieferung koste 120 Kronen (fast fünf Euro). Ein Paket packen, in dem nur Zeitschriften und Zeitungen sind, koste die Hälfte.

Die Anfangskosten für das Einrichten des Shops betrugen etwa 30.000 Kronen (etwa 1.200 Euro) und stellen nach Angaben der Einrichtung keinen allzu großen Mehraufwand an Arbeit dar. Ganz im Gegenteil, der Weg zur Post, Pakettransport ins Gefängnis und vor allem die zeitraubenden Kontrollen fallen dadurch weg. Denn alles müsse gründlich überprüft werden. „Bei der Kontrolle sind immer zwei bis drei Personen und auch der Adressat anwesend“, erklärt die Sprecherin.

Alle Ware werde aus der Originalverpackung rausgenommen und in Plastiktüten umgefüllt. Kekse, Waschpulver oder Kaffee zum Beispiel. Auch eine scheinbar intakte Kaffeedose könne ein Sicherheitsrisiko darstellen. Verboten sind die „normalen“ Sendungen dennoch nicht. „Momentan werden immer noch die meisten Pakete auf dem üblichen Weg verschickt, aber die Zahl der Online-Päckchen nimmt stetig zu“, informiert die Sprecherin.

Das Gefängniss in Stráž pod Ralskem in Tschechien
Das Gefängniss in Stráž pod Ralskem in Tschechien © Petra Laurin

Das Gefängnis in Stráž ist seit 1973 in Betrieb. Es entstand aus einem Heim der ehemaligen Uranminenarbeiter. Derzeit sitzen dort 717 Männer ein. Im Vorjahr bekamen sie 1.150 Pakete. In der Vergangenheit versuchten Absender beispielsweise, mit Crystal Meth imprägnierte Briefpapiere, ein Telefon in einer Wurststange oder Drogen in Schuhsohlen in die Justizvollzugsanstalt zu schmuggeln. „Sobald wir ein neues Versteck entdecken, tauschen wir uns mit anderen Gefängnissen aus und informieren uns gegenseitig“, berichtet die Sprecherin. Und – wenn sich der Online-Shop bewähre, werde die Idee auch von anderen Hafteinrichtungen übernommen.