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Überall Wildschweine

Sogar Winzer müssen die Jäger um Hilfe bitten. Sie haben im Kreis Meißen ein Drittel mehr als im Vorjahr erlegt.

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© dpa

Von Peter Redlich und Peter Anderson

Radebeul/Meißen. Bis zu 200 Kilogramm kann ein Wildschwein auf die Waage bringen. Wenn solche Kolosse im Boden auf Nahrungssuche sind, wächst kein Gras mehr. In den Radebeuler Weinbergen sind die ersten Wildschweine aufgetaucht. „Sie finden hier Engerlinge und Würmer, Eiweißnahrung zwischen den Rebstöcken“, sagt Jagdpächter Bodo Pietsch.

Der Forstmann kennt sich aus mit der wilden Tierwelt in und um Radebeul. Er ist einer von vier Jagdpächtern in der Stadt. Sein Revier reicht vom Lößnitzgrund bis an die Dresdner Stadtgrenze. Im Lößnitzgrund, im Rieselgrund ist so eine Rotte Schwarzkittel derzeit unterwegs. Von Wahnsdorf her gehen die wilden Schweine auf Suche.

Den Tieren geht es gut. Die Winter sind nicht mehr wirklich kalt. Der Boden gefriert kaum – sie haben beste Bedingungen, sich reichlich zu vermehren. Mais und Rapsfelder um Moritzburg bieten Leckerbissen für Wildschweine. Und: Sie lassen sich neuerdings auch nicht davon abhalten, über Grenzen städtischer Zivilisation zu trotten und sich in den Boden zu wühlen. Bodo Pietsch: „Winzer haben uns um Hilfe gebeten, Wildschweine an der Einwechselstelle auf der Wahnsdorfer Höhe zu schießen.“

Spuren sind eindeutig

Auch von der Elbe her machen sich Wildschweine breit. Die Spuren sind eindeutig. Auf der Wiese unweit der Kötitzer Fähre haben Wildschweine nach Wurzeln und Knollen gegraben. Die Tiere können ausgezeichnet schwimmen, sagt der Meißner Kreisjägermeister Karsten Schlüter. Sie überquerten immer wieder die Elbe. „Wenn eine Rotte von vier bis fünf Tieren auf eine Wiese kommt, dann hinterlässt sie in einer halben Stunde deutliche Schäden“, so Schlüter.

Um wie viel sich die Tiere wirklich vermehrt haben, kann auch Jagdpächter Bodo Pietsch nicht direkt nachweisen. Forstexperten nehmen die Zahl der geschossenen Wildschweine als Indiz dafür, ob und in welcher Größenordnung sich die Tiere vermehrt haben. Die Jagdpächter von Radebeul erlegen normalerweise zehn bis 15 davon in Radebeul und an der Stadtgrenze. In diesem Jagdjahr seien es fünf mehr gewesen. Das letzte wurde erst vor wenigen Tagen geschossen, sagt Pietsch.

Stark zugenommen

Das Jagdjahr endet bei den Jägern am 31. März. Bis dahin müssen sie bei der Behörde eine Liste mit dem übers Jahr erlegten Wild abgeben. Daraus sei erkennbar, welche Tiere von Reh über Fuchs und Waschbär bis zum Wildschwein vermehrt auftreten. Marcus Biernath ist der Leiter des Forstbezirkes Dresden. Dieser Bezirk erstreckt sich über die Dresdner Heide, die Laußnitzer Heide und den gesamten Kreis Meißen. Der Forstchef hat die Listen jetzt schon weitgehend vorliegen. In dem 15 000 Hektar großen staatlichen Forstgebiet wurden von allen Jägern im Jagdjahr 374 Wildschweine geschossen. Im vorigen Jahr waren es 279. Biernath: „Das deutet darauf hin, dass die Zahl der Tiere stark zugenommen hat.“ Allerdings nicht zum ersten Mal. Auch im Winter 2013/14 haben die Jäger beinahe ebenso viele Wildschweine erlegt.

Fette Jahre für die Tiere

Wie sich die Natur von den Pflanzen bis zu den Tieren verändert, erlebt auch Daniel von Sachsen. Er bewirtschaftet zwischen Coswig und Moritzburg den Wald seiner Familie. Von Sachsen: „Sogenannte Mastjahre, in denen es besonders viele Eicheln und Bucheckern gibt, hatten wir früher etwa aller zehn Jahre. Jetzt gibt es diese durch die milden Winter aller drei Jahre.“ Eicheln und Bucheckern gehören zu den Lieblingsspeisen von Wildschweinen. Genauso wie Mäuse, die sich derzeit ebenso wie verrückt im Wald vermehren und Eiweißspender für die Schwarzkittel sind.

Jagdpächter Pietsch ist mit seinen Kollegen auch am Radebeuler Jacobstein, gleich neben den Wackerbarth-Rebstöcken, auf der Wildschweinpirsch gewesen. Hier haben die Hufe der Tiere die schmalen Stege zwischen den Weinstöcken aufgewühlt. „Dann können die Winzer dort nicht mehr mit ihren schmalen Maschinen fahren. Deshalb haben sie uns gerufen“, sagt er.