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Die nächste Flucht: Ukrainische Familie Martsenko ist wieder in Dresden

Die Ukrainerin Viktorija Martsenko hatte im Sommer ernsthaft versucht, mit ihren Kindern in Kiew zu bleiben. Doch die Sorgen waren zu groß. Jetzt ist die Familie, die die SZ seit März 2022 begleitet, zurück in Dresden.

Von Olaf Kittel
 6 Min.
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Dresden-Bühlau statt Kiew: Viktoria Martsenko mit ihren Kindern Diana und Jan.
Dresden-Bühlau statt Kiew: Viktoria Martsenko mit ihren Kindern Diana und Jan. © Matthias Rietschel

Viktoria Martsenko (41) hatte sich wohlgefühlt in diesem Sommer in der Heimat, bei ihrem Mann, in ihrem Kiewer Haus. Die Kinder Jan (8) und Diana (4) waren glücklich, den Papa wiederzuhaben. Es wäre schön, wenn sie immer so leben könnten. Frau Martsenko wollte unbedingt testen, ob es gehen würde, mitten im Krieg. Sie hatte in Dresden schon in Jans Schule und in seinem Fußballverein Bescheid gegeben, dass sie wohl endgültig in der Ukraine bleiben.

Aber der Sommer in Kiew hatte schon bald die Risiken aufgezeigt. Bereits in den ersten Tagen gab es Luftalarm, eine ganz in der Nähe stationierte Patriot-Einheit schoss praktisch über ihrem Haus eine russische Rakete mit gewaltigem Knall ab, die Trümmer stürzten herab. Sie sahen es durch das Fenster. Die meiste Angst um die Kinder hatte jetzt ihr Mann. Aller paar Tage gab es Luftalarm, sie flohen dann in einen fensterlosen Raum, weil das Haus nicht unterkellert ist. Jan, der einige Zeit seine alte Schule besuchte, saß bei Raketenalarm bis zu dreieinhalb Stunden mit bis zu 800 Kindern im Keller. Wenn sie in der Stadt unterwegs waren, flohen sie in eine Metrostation. Und: Die Meldungen über russische Raketenangriffe auf die Energieeinrichtungen des Landes häuften sich. Der Winter wird wohl wieder kalt und dunkel werden.

Familie Martsenko: Zurück, als wären sie nie weg gewesen

Viktorija Martsenko ist eine starke Frau, sie hatte der Familie angekündigt, dass sie allein die Entscheidung treffen werde, ob sie bleiben oder erneut nach Dresden fliehen. Als der Zeitpunkt dafür nahte, fühlte sie sich schlecht, sie ahnte, wie der Familienrat entscheiden würde. Aber sie gab trotzdem das Zeichen zum Aufbruch, die Risiken für die Kinder waren ihr zu groß. Ihre Tochter weinte, wollte bei Papa bleiben. Ihr Sohn meinte trocken: „In Kiew geht es mir besser.“ Ihr Mann war traurig, aber zeigte Verständnis. Der Rechtsanwalt hat erst seine Arbeit verloren und bleibt allein im Haus zurück.

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