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Umstrittene Pullover

In Schulen, Jugendclubs und Unternehmen sind bestimmte Marken tabu. Schülern droht sogar der Rauswurf.

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© dpa

Von Stefan Lehmann und Britta Veltzke

Riesa/Großenhain. Die Entscheidung sorgte für Aufsehen: Anfang November beschloss die Kupferbergschule in Großenhain, Kleidung der Marke Thor Steinar zu verbieten. Der Hersteller ist insbesondere in der rechten Szene beliebt. Auch weitere Kleidungsmarken hat die Großenhainer Schulleitung auf eine Verbotsliste gesetzt.

Der Umgang mit radikaler Symbolik und Szeneklamotten ist auch in Riesa ein Thema. „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass wir hier noch nie einen Fall hatten, in dem jemand solche Sachen anhatte“, sagt Michael Hampsch, der Leiter des Beruflichen Schulzentrums (BSZ). „Der erste Weg ist dann immer, mit dem Schüler zu sprechen.“ Bisher habe sich noch jeder einsichtig gezeigt. Auch in der Hausordnung ist ein Verbot formuliert. Allerdings würden dort ganz bewusst keine spezifischen Marken benannt, „weil das wechseln kann“.

Die Direktorin des Werner-Heisenberg-Gymnasiums Sylvia Mebus hält dagegen wenig von Kleidervorschriften an der Schule. Es gebe doch schließlich in der Gesellschaft einen Konsens, was den Umgang mit dem Nationalsozialismus angeht. Wenn doch einmal in dieser Hinsicht etwas vorkomme, dann greife sie konsequent durch, sagt Mebus. Vorfälle mit aus der Szene bekannten Symbolen oder Kleidung habe es aber noch nicht gegeben. Edmund Weigl, Schulleiter der Oberschule Am Sportzentrum, ist ein Fall aus dem Vorjahr in Erinnerung geblieben: „Ein Junge trug etwas von Thor Steinar. Wir haben ihn darauf angesprochen. Er will angeblich nicht gewusst haben, was es damit auf sich hat. Er hat das Kleidungsstück dann gewechselt.“ Seitdem habe es keinen Vorfall mehr in dieser Richtung gegeben. Wenn sich Kollegen hinsichtlich einschlägiger Symbole oder Marken unsicher seien, könnten sie sich an den Beratungslehrer der Schule wenden. Der habe extra eine Fortbildung besucht, in der über szenetypische Symbole aufgeklärt wurde, so Weigl.

Im Offenen Jugendhaus sind solche Erkennungszeichen generell verboten. „Die Security und unsere Veranstalter wissen Bescheid, außerdem hängt im Jugendhaus ein Plakat mit den unerwünschten Symbolen“, erklärt Kay Natusch, der das Haus im Auftrag von Outlaw leitet. Wer mit Szene-Kleidung erwischt werde, der werde freundlich, aber bestimmt des Hauses verwiesen. „Diese Gesinnung passt auch nicht mit unserem Konzept der Jugendarbeit zusammen.“

Die Unternehmen in der Region gehen mit dem Thema sehr unterschiedlich um. Bei BuS Elektronik habe es bisher keine Probleme in dieser Hinsicht gegeben, heißt es vom Unternehmen. Deshalb gebe es derzeit auch keine Regelungen oder ein Verbot. Anders sieht es etwa bei Wacker Chemie in Nünchritz aus. „Sichtbar getragene Zeichen, die auf eine extreme Gesinnung hindeuten, sind im Konzern und im Werk unerwünscht und werden nicht geduldet“, erklärt Sprecherin Asta Tehnzen-Heinrich. Dazu gehörten auch Kleidungsmarken wie Thor Steinar. Es gebe klare Leitlinien zu dem Thema, etwa in der Arbeitsordnung. „Wir setzen hier in erster Linie auf Gespräch und Aufklärung durch regelmäßige Schulungen. Eventuelle Vorfälle werden angesprochen, die Zeichen beseitigt, beziehungsweise abgedeckt.“

Einfach haben es die Institutionen und Unternehmen ohnehin nicht, wenn sie gegen rechte Erkennungszeichen vorgehen wollen. Während manche Symbole noch recht eindeutig sind, trifft das auf Modemarken selten zu. Der sächsische Verfassungsschutz stellte 2015 in einer Broschüre fest: „Genaues Hinsehen ist bei Marken geboten, die selbst nicht von der Szene angeboten werden, aber bei Rechtsextremisten beliebt sind. Hier kann man dem Träger nicht generell eine rechtsextremistische Gesinnung nachsagen.“ Die Verfassungsschützer verweisen auf die Marke Lonsdale – lange Zeit sehr beliebt in der Szene. Seit Jahren grenze sich das Label aber ab und unterstütze beispielsweise Projekte gegen Rassismus. Im juristischen Sinne verboten sind ohnehin nur wenige Marken.

Im Grunde könnten zumindest die Schulen hart durchgreifen, wenn ein Schüler wiederholt extremistische Kleidung trägt und gegen die Hausordnung verstößt. Das Schulgesetz gibt in dieser Hinsicht eine Reihe von Sanktionen an die Hand, sagt Michael Hampsch – vom Gespräch beim Schulleiter über den Verweis bis hin zum Rauswurf sei theoretisch vieles möglich. Konstruktiv wäre das aber nicht. „Wir wollen ja erziehend wirken, nicht bestrafend.“