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"Umweltsau": WDR-Reaktion in der Kritik

Nach der Kinderchor-Satire bat der Sender um Entschuldigung und löschte das Video. Das empfinden einige als überzogen.

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Der WDR-Kinderchor dichtete das Kinderlied "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" um. Die Satire-Version sorgte für heftige Debatten.
Der WDR-Kinderchor dichtete das Kinderlied "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" um. Die Satire-Version sorgte für heftige Debatten. © Martin Schutt/dpa (Symbolbild)

Die "Umweltsau"-Satire des Westdeutschen Rundfunks ruft weitere Kritiker auf den Plan. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und das Deutsche Kinderhilfswerk tadelten am Montag aber nicht das von einem Kinderchor gesungene Lied über eine fiktive Oma, sondern den Umgang des Senders mit der Kontroverse.

Die WDR-Verantwortlichen sowie die Sicherheitsbehörden müssten sich aktiv um den Schutz und die Sicherheit des freien Journalisten Danny Hollek bemühen, forderte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall in Berlin und wies darauf hin, dass der Journalist derzeit Opfer von Beleidigungen und Morddrohungen im Zusammenhang mit seinen Tweets zu dem Thema sei.

Angehörige der rechtsextremen Szene marschierten vor seinem Haus auf und versuchten, den Journalisten einzuschüchtern, fügte Überall hinzu. Es gehe daher nicht um Geschmacksfragen von Satire, sondern um den Schutz von Satire- und Meinungsfreiheit.

Zugleich bezeichnete der DJV-Chef die redaktionelle Distanzierung des WDR-Intendanten Tom Buhrow von der Satire als "wenig hilfreich": "Buhrow muss sich der Frage stellen, ob er mit seiner eilfertigen redaktionellen Distanzierung für den Beitrag nicht all denen Oberwasser gegeben hat, die nicht auf den Austausch von Argumenten, sondern auf das Mundtotmachen kritischer Journalisten aus sind."

Der Pressesprecher des Kinderhilfswerks, Uwe Kamp, warf dem WDR ebenfalls eine überzogene Reaktion auf die Kritik vor. "Ich hätte mir vom WDR da mehr Rückgrat gewünscht", sagte er dem Internetportal "watson.de": "Das war ein satirischer Text, und Satire darf vieles. Der Text war nicht so unter der Gürtellinie, dass man das Video hätte vom Netz nehmen müssen."

Die satirische Umdichtung des Kinderlieds "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" durch den Radiosender WDR2 hatte am Wochenende zu scharfen öffentlichen Auseinandersetzungen geführt. 

In dem Lied sang ein Kinderchor über eine fiktive Oma, die unter anderem mit dem SUV zum Arzt fährt, Kreuzfahrten macht und sich täglich billiges Discounterfleisch brät. Das Video hatte der Sender bei Facebook veröffentlicht, später dort aber wieder gelöscht. Intendant Tom Buhrow entschuldigte sich und räumte einen Fehler ein.

Der Leiter des WDR Kinderchores Dortmund, Zeljo Davutovic, wurde nach eigener Aussage vom Wirbel um das Satirelied völlig überrascht. "Ich habe geglaubt, dass das Lied in der WDR-Satire-Ecke bleiben und auch in diesem Kontext diskutiert werden würde", erklärte Davutovic in einem am Sonntagabend bei "sueddeutsche.de" veröffentlichten Interview.

"Nachdem ich den parodierten Text gelesen hatte, war für mich ohne jeden Zweifel, dass mit der Textfigur 'Oma' wir alle gemeint sind", schilderte der Chorleiter in dem per E-Mail geführten Interview: "Selbst die Jüngeren werden in einigen Jahren oder Jahrzehnten Großeltern sein und sich von Nachfolgegenerationen Fragen gefallen lassen müssen, die unbequemer sind."

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) indes sprach von einem Missbrauch des Chores. Der "Bild"-Zeitung (Montag) sagte er: "Dass ein Kinderchor missbraucht wird, um zu denunzieren und Umerziehung zu betreiben, spricht gegen die Fernsehmacher und erinnert fatal an die untergegangene DDR." 

Unterdessen zeigt sich WDR-Intendant Buhrow "erschüttert" über Morddrohungen gegen WDR-Mitarbeiter wegen des viel kritisierten "Umweltsau"-Lieds . "Wir werden das nicht dulden, ich gehe mit allen juristischen Mitteln dagegen vor", sagte der Chef des größten ARD-Senders am Montag im "Mittagsmagazin" auf WDR 2. 

Die Drohungen offenbarten ein erschreckendes Maß an Verrohung. "In unserem Land ist etwas richtig krank, und wir haben alle dazu beizutragen, dass sich das ändert", sagte Buhrow. "Wir in den Medien müssen etwas demütiger sein (...) und auch mal Kritik ertragen können." Gewaltandrohungen lasse man sich aber nicht gefallen.

Der WDR teilte zusätzlich mit, dass er bedrohten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Personenschutz anbiete. Dies gelte sowohl für Festangestellte als auch für freie Mitarbeiter. (epd/dpa)