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Unbekannte hetzen einen Wolf zu Tode

Die Naturschutzbehörden planen eine Anzeige gegen Tierquäler, die einen Wolf mit dem Auto gejagt und überfahren haben sollen.

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Von Wulf Stibenz

Am Wochenende ist ein Lausitzer Wolf bei Rietschen im Kreis Görlitz durch einen Autounfall verletzt und ein zweiter an der Grenze zum Kreis Bautzen offenbar absichtlich gehetzt und überfahren worden. Das bestätigte gestern Frank Meyer vom Umwelt- und Landwirtschaftsministerium in Dresden.

Beide Fälle sind einzigartig. Denn der auf einer Staatsstraße bei Rietschen unabsichtlich angefahrene Wolf ist jetzt zur Pflege in den Görlitzer Tierpark gebracht worden. Dort wird er unter Quarantäne gehalten. Ziel sei es, ihn nach der Heilung der leichten Verletzungen mit einem Funksender zu versehen und auszuwildern, sagt Markus Bathen vom Nabu-Wolfsprojekt. Deshalb gibt es weder Fotos noch unnötige Kontakte mit dem Tier.

Die Chance auf eine biologische Begleitung und Analyse des angefahrenen Wolfes wird jedoch massiv überschattet, weil der überfahrene Wolf in der Nähe von Boxberg Rätsel aufgibt. Zwei Jäger haben ihn tot entdeckt – auf einem Waldweg mit Zäunen links und rechts. Die Biologin Ilka Reinhardt vom Wildbiologischen Büro Lupus stellte jedoch nicht nur den Tod des gut 20 Kilogramm schweren Wolfes fest. Sie entdeckte auch eine ungewöhnliche Fährte und Abdrücke von Autoreifen. Der Fall liegt nun beim Umweltministerium. Wie Meyer erklärte, muss der Wolf offenbar einen sogenannten Streckgalopp ausgeführt haben – über reichlich 100 Meter. Das bedeutet: Der Wolf ist von einem Autofahrer gehetzt worden, konnte durch die Zäune aber nicht nach links oder rechts ausweichen und wurde nach etwa 100 Metern überfahren. „Es gibt keine Bremsspuren, es war also Absicht“, sagte ein Jäger der SZ.

Wolfsmord ist eine Straftat

Eine Stellungnahme von den Mitarbeitern des Kontaktbüros Wolfsregion Lausitz oder vom Wildbiologischen Büro gab es gestern Abend nicht. „Das ist eine völlig neue Dimension, so etwas darf nicht folgenlos bleiben“, sagte Nabu-Experte Bathen. Es sei wichtig, dass der Tathergang rekonstruiert und Spuren genau analysiert werden. Denn es hat 2010 den Fall eines erschossenen Wolfes gegeben, bei dem die Tätersuche im Sande verlaufen ist.

Wolfsmord ist ein Straftatbestand. Das Tierschutzgesetz sieht nach unberechtigter Tötung bis zu drei Jahre Haft vor. Frank Meyer vom Umweltministerium hat aber wenig Hoffnung, dass der Fall schnell geklärt wird. „Der tote Wolf ist zur pathologischen Untersuchung in Berlin.“ Dort untersuchen ihn Zoo- und Wildtier-Biologen auf die tatsächliche Todesursache hin. Für die Lausitzer Wolfsexperten liegt aufgrund der Fotos und der örtlichen Gegebenheiten die Vermutung nahe, dass der junge Wolf aus dem Milkeler Rudel absichtlich gejagt und überfahren wurde.

Die Tatwaffe gibt Ermittlern allerdings Rätsel auf: Mit einem Pkw wäre nach der Kollision der Schaden am Auto groß. Es kommen somit nur Geländewagen oder Nutzfahrzeug infrage. Nabu-Vertreter Bathen will Strafanzeige erstatten. Und laut Meyer wäre das auch der Weg der Unteren Naturschutzbehörde: „Sollte die Untersuchung des Kadavers eine Gewalteinwirkung vor dem Tod des Wolfes ergeben, gibt es die Anzeige.“