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Ungewisse Zukunft für Selbstfahrer

Nach dem tödlichen Unfall mit einem Tesla denken Regulierer über die Vorschriften nach. Wer hält das Lenkrad?

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© dpa

Berlin/Washington. Dem Auto vertrauen oder doch lieber dem Fahrer: Nach dem ersten tödlichen Unfall mit einem computergesteuerten Auto zeichnet sich ein Wandel im Umgang mit Fahrassistenz-Systemen ab. Der Crash eines Tesla-Elektrofahrzeugs in den USA könnte auch massiven Einfluss darauf haben, wie die Entwicklung von komplett selbst fahrenden Roboterwagen weitergeht.

Deutschlands Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hält allerdings an Plänen fest, noch dieses Jahr eine „innovationsfreundliche Änderung des Straßenverkehrsgesetzes“ zu beschließen. Sie soll voll automatisiertes Fahren auf deutschen Straßen zulassen. Eine Ethik-Kommission unter Vorsitz des früheren Verfassungsrichters Udo di Fabio solle aber moralische Fragen bei der Einführung vollautomatisch fahrender Wagen abklären, sagte Dobrindt der Bild am Sonntag.

Die EU-Kommission erklärte am Wochenende, sie berate mit Behörden der Mitgliedsländer sowie mit Industrie- und Verbraucherorganisationen. Gemeinsam wird überlegt, wie die Anforderungen an Fahrassistenz-Systeme verbessert werden könnten. Ein am Freitag eingebrachter Änderungsvorschlag für die internationalen Regeln macht unter anderem folgende Vorschläge: Dem Fahrer soll stets angezeigt werden, wenn ein Lenk-Assistent in die Steuerung eingreift. Außerdem soll es ein dauerhaftes Ton-Signal geben, wenn ein Spur-Assistent über längere Zeit aktiv ist. Der Vorschlag wurde von Experten der EU-Kommission sowie aus Deutschland, Frankreich, Japan, Südkorea, Schweden und den Niederlanden eingebracht.

Anfang Mai war in den USA ein Mann ums Leben gekommen. Sein Elektroauto wurde gerade von Teslas Fahrassistenz-System „Autopilot“ gesteuert und raste unter einen querenden Lastwagen-Anhänger. Es war der erste Todesfall in einem vom Computer gesteuerten Fahrzeug.

Nach Tesla-Angaben hielt die Software die weiße Seitenwand des Anhängers für ein hoch hängendes Autobahnschild. Der Konzern betonte stets, „Autopilot“ sei nur ein Fahrassistenzsystem und mache die Teslas nicht zu komplett selbst fahrenden Autos. Deswegen fordert der Hersteller die Fahrer auf, den Überblick über die Verkehrslage zu behalten und jederzeit eingreifen zu können.

Die meisten wollen selbst steuern

Dennoch belegen unter anderem zahlreiche Videos im Internet, dass viele Fahrer der Technik so weit vertrauten, dass sie ihr die Kontrolle überließen. Der verunglückte Fahrer hatte erst wenige Wochen vor dem tödlichen Crash einen Film hochgeladen, der zeigt, wie der Wagen per „Autopilot“-Funktion einem Lastwagen ausweicht, der überraschend auf seine Spur wechselte, und damit eine Kollision verhindert.

Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid für den Focus ergab, dass in Deutschland lediglich 29 Prozent der Befragten sich vorstellen können, in einem selbst fahrenden Auto unterwegs zu sein. 67 Prozent können sich das nicht vorstellen.

Am Freitag war zudem bekannt geworden, dass in Deutschland das Kraftfahrt-Bundesamt die „Autopilot“-Funktionen unter die Lupe nimmt. Tesla verweist auf eine europäische Zulassung in den Niederlanden, wo die Fahrzeuge für Europa montiert werden. Damit gebe es eine Zulassung für die fünf Elemente Lenken, Spurwechsel, automatisches Einparken, Warnung vor seitlichen Kollisionen und die Möglichkeit, ein parkendes Auto vorfahren zu lassen. Die deutsche Behörde stört sich aber an der Bezeichnung „Beta“, die Tesla Elementen seines Systems verpasste. So wird in der Tech-Branche noch nicht endgültig fertige Software bezeichnet, die durch Tests besser werden soll.

Dobrindt hob zwei Grundsätze hervor, die bei den Überlegungen der Ethik-Kommission gelten sollen: „Sachschaden geht immer vor Personenschaden. Und es darf keine Klassifizierung von Personen geben, etwa nach Größe oder Alter.“ Er sei überzeugt davon, dass automatisierte Systeme die Zahl an Unfällen, Verletzten und Toten letztlich „drastisch reduzieren“ werden, meinte Dobrindt. Über 90 Prozent der Unfälle gehen auf menschliche Fehler zurück.

In den USA schaltete sich in die Ermittlungen zum Tesla-Crash auch die Untersuchungsbehörde NTSB ein. Sie wird üblicherweise bei Flugzeugunglücken aktiv. Diesmal gehe es um den Einsatz von Technik zum automatisierten Fahren auf der Straße, sagte ein Sprecher. Fünf Ermittler würden an den Unglücksort reisen. (dpa)