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„Unser Hauptziel ist Wachstum“

Das Mineralöl-Unternehmen Varo möchte von Meißen und Sachsen aus sein Kundengeschäft in Nordwesteuropa weiter ausbauen.

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© Claudia Hübschmann

Vor einem Jahr sei er das erste Mal in Meißen gewesen, sagt der Managing Director der Varo Energy Germany GmbH Norbert Kamp. Das sechs Jahre junge Unternehmen bezieht Rohöl aus allen Teilen der Welt, verarbeitet es in seinen Raffinerien in der Schweiz und Bayern. Anschließend werden Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl über die verschiedenen Handelskanäle und eigene Tanklager in Nordwesteuropa vermarktet. In Meißen übernahm Varo 2017 die insolvente Schneider Mineralöl GmbH. Daraus entwickelte sich eine Erfolgsgeschichte, so Kamp und Geschäftsführer Heiner Rühlmann bei einem Besuch in der Stadt.

Welche Bedeutung hat der Standort Meißen für Varo Deutschland?

Kamp: Sachsen und Meißen sind für uns sehr wichtig aufgrund von zwei Punkten. Erstens hat sich Varo Energy Direct durch die Akquisition von Schneider Mineralöl in der Region Ostdeutschland eine sehr gute Geschäftsbasis geschaffen. Sachsen ist für uns ein interessanter Markt. Hier gibt es viel Industrie, eine florierende Tourismusbranche, Landwirtschaft – von allem etwas. Den zweiten Grund bildet das Endkundengeschäft, in dem Varo so bislang nicht aktiv war. Das wollen wir von diesem Standort aus weiter ausbauen.

Rühlmann: Wir finden in Meißen sämtliche Aspekte des Verbrauchergeschäfts wieder. Varo kann mit eigenen Tankwagen aufwarten, hat vor Ort ein Lager, Tankstellen und Flottenkarten integriert und handelt mit Schmierstoffen. Varo Energy Direct vermarktet hier fast die komplette Palette von Mineralölprodukten.

Wie hat sich das Geschäft in Sachsen und den angrenzenden Regionen in den letzten zwölf Monaten entwickelt?

Kamp: Wir haben in dieser Periode sehr stark miteinander gearbeitet. Wenn man ein Unternehmen aufkauft, findet man ganz andere Prozesse vor. Uns ging es darum, hier eine Varo-Kultur zu etablieren, das zu bewahren, was gut war, aber auch Dinge zu verändern, die aus unserer Sicht nicht so gut liefen. Diese Schritte haben wir nacheinander abgearbeitet. Nach zwölf Monaten bin ich mit dem Erreichten sehr, sehr zufrieden.

Rühlmann: Von der Marktseite ist es so, dass wir in Sachsen natürlich die Grenznähe mit den steuerlichen Unterschieden spüren. Besonders im Tankstellenbereich. Dazu kommt das Fortschreiten der alternativen Energien, was den Druck auf den Heizölmark erhöht.

Macht sich die Diesel-Problematik bei Ihnen bemerkbar?

Rühlmann: Im Speditions-Geschäft nicht. Bei Transportern und Lkw wird Diesel immer die Grundlage bleiben. Im Privatkundengeschäft gibt es allerdings eine Verschiebung. Das bedeutet für uns, dass wir intensiver in den Markt hineingehen müssen. Die Anforderungen an den Mineralhändler wachsen von Jahr zu Jahr. Durch die Synergien innerhalb der Varo-Gruppe sind wir allerdings in der Lage, uns flexibel auf den Markt einzustellen.

Welche Ziele hat sich Varo in Mitteldeutschland gesetzt?

Kamp: Unser Hauptziel ist Wachstum. Das haben wir in den sechs Jahren, die es Varo gibt, bereits erfolgreich umgesetzt. In dieser Zeit ist es uns gelungen, zahlreiche Unternehmen zu integrieren, sehr viele neue Kunden zu gewinnen. So möchten wir weitermachen, vor allem im Endkundengeschäft. In diesem Bereich sehen wir sehr gute Chancen. Im Endeffekt geht es um eine optimale Wertschöpfungskette.

Was verstehen Sie darunter?

Kamp: Das beginnt mit der Raffinerie und endet beim Kunden, der bei uns sein Heizöl kauft. Dazwischen liegen viele große und kleine Bereiche. Dazu zählen Depots und Terminals, Tankstellen, das Großhandelsgeschäft und vieles mehr. Hier brauchen wir eine Ausgewogenheit. Nur so können wir eine größtmögliche Kundennähe erreichen.

Welche Pläne gibt es für den Standort Meißen?

Rühlmann: In den letzten Monaten hat Varo Energy Direct weitere Firmen zum Beispiel ein Tankstellenunternehmen eingegliedert. Bis zum Jahresende werden wir alle diese Unternehmensteile über den Standort Meißen in eine einheitliche IT-Plattform zur Abrechnung einbinden. Das wird es uns dann ermöglichen, noch einfacher und schneller zu expandieren. Meißen wird damit zu einem wichtigen Zentrum für unser Endverbrauchergeschäft. Nicht zuletzt deshalb, weil wir an diesem Standort hoch motivierte Mitarbeiter und eine sehr stabile Belegschaft haben, die über die Phase der Insolvenz und die Konsolidierung im vergangenen Jahr fest hinter dem Unternehmen gestanden hat und dies auch weiterhin tut.

Wie sieht es auf der Kundenseite aus?

Rühlmann: Wir verfügen in Ostdeutschland über sehr stabile Kundenstrukturen. Selbst Verbraucher, die durch die Insolvenz der Schneider Mineralöl Geld über das Wärmekonto verloren haben, sind bei uns geblieben und nutzen weiter dieses Modell. Das zeigt, welches große Vertrauen sie in ihren Berater und Lieferanten setzen. Dazu hat sicher beigetragen, dass wir auf eigene Kosten – ohne für die Schwierigkeiten eigentlich verantwortlich zu sein – einen Ausgleich in Höhe von 22 Prozent gezahlt haben, zusätzlich zu dem, was möglicherweise als Rücklauf aus der Insolvenzmasse zu erwarten ist.

Weshalb wurde der neue Name Varo Energy Direct gewählt?

Rühlmann: Die alte Bezeichnung wäre im überregionalen Markt sehr schwierig zu platzieren gewesen. Das „Direct“ im Namen signalisiert dem Kunden ganz deutlich, dass er als Endverbraucher angesprochen ist. Für die englische Schreibweise haben wir uns ebenfalls sehr bewusst entschieden, um zu zeigen, dass es sich bei Varo um ein international breit aufgestelltes Unternehmen handelt.

Es wird viel über alternative Energien berichtet. Wie sieht die Realität aus?

Kamp: Wenn wir uns den deutschen Markt anschauen, stellen wir fest, dass ein Viertel der deutschen Haushalte mit Heizöl heizt. Das sind 20 Millionen Menschen. Der Anteil nimmt über die Jahre ab, trotzdem wird aus unserer Sicht Heizöl in vielen Regionen aufgrund der wirtschaftlichen und natürlichen Gegebenheiten der Haupt-Energieträger zum Heizen bleiben.

Vor welchen Herausforderungen steht der Markt, in dem Sie agieren?

Kamp: Der Energiemarkt befindet sich im Wandel, welcher zahlreiche rechtliche und sicherheitstechnische Vorgaben mit sich bringt. Da sehen wir ganz aktuell den Datenschutz. Das bereitet uns allerdings kein Kopfzerbrechen. Varo ist darauf bestens vorbereitet und kann damit umgehen. Entscheidend für unser Unternehmen ist, den vor sechs Jahren beschrittenen Weg zielstrebig weiterzugehen. Wir stellen fest, dass in Deutschland zahlreiche mittelständische Unternehmer in unserer Branche keine Nachfolger finden. Ihnen bietet Varo eine sichere Möglichkeit, ihr Geschäft in gute Hände zu übergeben. Parallel verlagert die Großindustrie ihre Aktivitäten in Boom-Märkte wie Mexiko oder Indonesien und benötigt Kapital, welches durch Verkäufe in Europa gewonnen wird. Damit werden wiederum Marktanteile für Varo frei. Wir füllen also eine Nische zwischen den Mittelständlern und den ganz Großen.

Hält Varo an den Plänen für den abgesagten Börsengang fest?

Kamp: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir schauen uns den Markt mit Adleraugen an. Beim letzten Mal waren die Marktumstände nicht gut für uns. Varo hätte nicht den maximalen Wert generieren können. Die Ambitionen bestehen weiter, aber nicht in einem konkreten Zeitraum. Wir warten den passenden Zeitpunkt an. Die Vorarbeit ist geleistet.

Das Gespräch führte Peter Anderson.