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Nie ist unsere Tochter pünktlich

Ein Elternpaar will von Familienberater Veit Rössner wissen, wie sie ihrer 14-jährigen Tochter ein besseres Zeitmanagement beibringen können. 

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© dpa/SZ

Unsere 14-jährige Tochter ist immer spät dran, ob zum Bus, zu Terminen oder bei Verabredungen. Wie können wir ihr helfen, ein besseres Zeitmanagement zu erlernen?

Von Veit Rössner

Unpünktlichkeit ist bei Heranwachsenden keine Seltenheit und kann verschiedene Ursachen haben. Manchmal scheint es fast so, als sei Pünktlichkeit eine angeborene Eigenschaft. Sind chronisch unpünktliche Menschen nämlich doch mal fast pünktlich dran, fällt ihnen noch etwas ein, und es wird wieder zu spät. „Ein Arzttermin? Ich bin gleich weg, suche nur noch meinen Schlüssel.“ Auch soziale Medien wie Facebook, WhatsApp und Co sind wahre Zeitfresser. Und in der Tat gibt es Menschen, die intuitiv eher strukturiert und damit häufig auch stets pünktlich sind und andere, die ein eher „entspanntes“ Zeitmanagement betreiben. Entspannt ist dies aber genau genommen keineswegs, denn Unpünktlichkeit und ständiges Spät-dran-sein erzeugt Stress bei allen Betroffenen.

Fakt ist: Pünktlichkeit kann sich jeder angewöhnen, wenn er motiviert ist. Leider müssen jedoch viele Jugendliche viel zu wenig Verantwortung für ihr Handeln übernehmen: „Bus oder Bahn verpasst? Meine Eltern fahren mich bestimmt.“ Dieser mangelnde Leidensdruck senkt natürlich die Motivation, sich ein anstrengendes Verhalten neu und selbst anzueignen.

Sprechen Sie zunächst offen mit Ihrer Tochter. Schildern Sie Ihren Standpunkt und erhöhen Sie dann ihren Leidensdruck. Kinder und auch Heranwachsende in der Pubertät sind dringend auf direkte elterliche Rückmeldungen angewiesen. „Ich bemerke, wie schwer es dir fällt, pünktlich zu Terminen zu kommen.“ „Nervt es dich, immer zu spät zu kommen?“, „Möchtest du daran etwas ändern?“. Spiegeln Sie Ihrer Tochter, dass es unhöflich ist, andere immer wieder warten zu lassen. Schließlich stielt man quasi seinem wartenden Gegenüber jedes Mal kostbare Lebenszeit. Pünktlichkeit wird nicht umsonst als Tugend bezeichnet, sie verschafft Respekt und ein gutes Zusammenleben in sozialen Gefügen. Auch wenn es mitten in der Pubertät nicht das Hauptanliegen Ihrer Tochter sein wird, Ihnen möglichst viel Höflichkeit entgegen zu bringen und sich tugendhaft zu verhalten, möchte sie höchstwahrscheinlich im Kreis ihrer Gleichaltrigen gut ankommen und wird sich Ihre Worte möglicherweise deshalb doch zu Herzen nehmen.

Bieten Sie Unterstützung an. Erstellen Sie gemeinsam einen genauen Zeitplan. Dabei ist es wichtig, die Zeiteinheiten großzügig festzulegen, um Puffer für Unvorhergesehenes zu haben. Zur Überlistung des Gehirns können Sie zum Beispiel auch Uhren und Wecker um fünf Minuten vorstellen. Obgleich die Uhrzeit zum Handeln mahnt, besteht dann noch etwas Puffer. Auch Termine kann man gut gedanklich um 15 Minuten vorverlegen, um am Ende pünktlich zu sein. Nutzen Sie moderne Medien. Bevor Sie andauernd antreiben, sind nonverbale Signale zum Beispiel durch die Erinnerungsfunktion des Smartphones oder einer Uhr sinnvoll.

Übertragen Sie Ihrer Tochter die Verantwortung für ihr Handeln und besprechen Sie Konsequenzen bei Unpünktlichkeit. Logische Konsequenzen sind hilfreich, um eine Änderung des Verhaltens zu erreichen. Treffen Sie im Vorfeld klare Absprachen und kündigen Sie Folgen an. „Ich trau dir zu, dass du es pünktlich zum Bus schaffst.“ Falls sie ihn verpasst, sollten Sie sie auf den nächsten Bus warten lassen. Wenn Sie lange Diskussionen und Szenen kennen, können Sie im Vorfeld Ihre Absprachen auch gemeinsam schriftlich festhalten.

Haben auch Sie eine Frage an den Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. med. Veit Rößner vom Dresdner Uniklinikum? Schreiben Sie an die Sächsische Zeitung, Nutzwerk, 01055 Dresden oder eine Mail an [email protected]