Von Lars Radau
Dresden. Je weiter Ulrich Lingnau in seiner Rede kommt, desto gespannter wird die Stille in der Gläsernen Manufaktur, desto aufmerksamer hören die 250 Gäste zu. Der Geschäftsführer der „Freien Presse“ lobt noch einmal die zuvor bereits per Film vorgestellten fünf Finalisten, die es in die Endrunde von Sachsens wichtigstem Unternehmerpreis geschafft haben. Sie alle, betont Lingnau, hätten vieles gemeinsam: „Sie haben eine Idee zum Erfolg gemacht. Sie sind Risiken eingegangen und haben Verantwortung übernommen.“ Preiswürdig seien deshalb ohne Frage alle Kandidaten. Die Jury aber könne den Titel „Sachsens Unternehmer des Jahres“ nur einmal vergeben – und habe sich diesmal für ein Unternehmen entschieden, das an seinem Heimatstandort noch heute manchmal etwas abschätzig als „Saftladen“ bezeichnet wird.
In diesem Moment treffen sich an einem festlich eingedeckten Tisch unterhalb der Bühne die Blicke von Vater und Sohn. Werner Deharde und Maximilian Deharde strahlen sich an. Sie wissen: Ihre Lausitzer Früchteverarbeitung GmbH aus Sohland an der Spree ist längst mehr als ein Saftladen. Mittlerweile macht das 160-Mitarbeiter-Unternehmen 30 Millionen Euro Jahresumsatz und ist einer der größten Früchteverarbeiter im Osten, zudem wichtiger Zulieferer der milchverarbeitenden Eiscreme- und Backwarenindustrie. Was für Werner Deharde mit der Übernahme des ehemaligen Kombinats Lausitzer Früchte Anfang der 1990er-Jahre begann, setzt sich bis heute fort: Die Chefs erkennen das Potenzial eines Betriebes – und bringen ihn wieder auf neue Höhen.


Gäste der Gala
So gehört mittlerweile ein Konfitüren-Hersteller aus Rostock ebenso unter das Dach der Firmengruppe wie seit 2016 auch der bekannte Babysaft-Hersteller Kinella mit Sitz im Vogtland. Auch für die Rettung dieses Traditionsbetriebs können sich die Dehardes nun „Die Träumende“ ins Büro stellen – die Bronze-Skulptur der Bildhauerin Malgorzata Chodakowska ist das hoch begehrte Symbol für den prestigeträchtigen Titel.
Sie ist zudem – gemeinsam mit Moderatorin Franziska Schenk – eine der wenigen Konstanten der feierlichen Preisverleihungs-Gala. Deren mittlerweile zwölfte Auflage war von etlichen Premieren geprägt. Denn Spannung spielt mittlerweile nicht nur im Alltag der Gläsernen Manufaktur eine Rolle – seit April wird hier die Elektro-Version des VW Golf gefertigt – für Spannung war an diesem Abend auch in der Lounge der Fabrik gesorgt. Erstmals nämlich wurde beim „Unternehmer des Jahres“ auch ein Sonderpreis für den oder die besten Gründer des Freistaates vergeben. Anders als beim Hauptpreis mussten sich die aus 73 Nominierungen verbliebenen fünf Finalisten indes nicht dem Urteil einer Jury stellen. Stattdessen wartete ein Pitch: In jeweils exakt drei Minuten mussten die Start-ups das Gala-Publikum von ihrem Geschäftsmodell überzeugen.
Am besten meisterten das Jonathan Geffen und Markus Hein von der Etage8 GmbH, einem Leipziger Unternehmen, das Möbel mit Handläufen für körperlich Eingeschränkte und Ältere entwickelt. Mit dem diesjährigen Festredner Professor Gerhard Fettweis hatten die Gründer einen äußerst kompetenten Paten an der Seite. Der Inhaber der Vodafone-Stiftungsprofessur an der TU Dresden gilt nicht nur als Mobilfunk-Guru, sondern hat aus dem Lehrstuhl heraus selbst etliche Unternehmensgründungen angestoßen. Er rät Start-ups noch zu ein wenig Geduld. In zehn Jahren werde es auch um die Risikokapital-Finanzierung im Freistaat besser bestellt sein. Wenn nämlich die jetzigen Start-ups groß und erfolgreich seien und mit ihrem Geld und Know-how der nachfolgenden Generation helfen können. Zentral sei dabei, betonte auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) in seinem Grußwort, dass „sächsische Unternehmen – gestandene und junge – weiter innovativen Pfaden folgen“.