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Unterricht in der Dynamo-Sprachschule

Ein Französischlehrer aus Freital bringt einigen Spielern deutsche Vokabeln bei. Aber nicht nur das.

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Von Daniel Klein

In der Halbzeitpause gibt es in der Dynamo-Kabine eine feste Sitzordnung: Der Senegalese Cheikh Gueye sitzt neben dem Franzosen Romain Bregerie, Sportdirektor Steffen Menze neben Mickael Pote aus dem Benin. Mit Völkerverständigung hat das wenig zu tun, mit Verständigung aber viel. Bregerie und Menze übersetzen den beiden aus Afrika stammenden Profis die Ansprache des Trainers. Damit auch sie die taktischen Hinweise verstehen.

Gueye, Bregerie und Pote bilden das Franzosen-Trio bei Dynamo – was die Sprache betrifft. Seit August kümmert sich Thomas Fabreg um die drei. Der 55-Jährige ist Französischlehrer am Weißeritz-Gymnasium Freital, Fachberater für 35Schulen im Regierungsbezirk Dresden, vor allem aber ist er Dynamo-Fan. Denn für seine Hilfe bekommt er keinen Cent. Und Fabreg ist mehr als nur ein Deutschlehrer. „Ich helfe auch bei privaten Dingen“, erzählt er. „Etwa bei der Wohnungssuche, der Anmeldung der Kinder in Kitas und Schulen und den Behördengängen.“ Unzählige Formulare müssen die Profis ausfüllen. Warum das unbedingt notwendig ist, das verstehen sie nicht immer. Der Umgang mit der deutschen Bürokratie ist eben gewöhnungsbedürftig. Vor allem für Gueye und Pote, die aus Afrika und damit aus einem anderen Kulturkreis kommen. „Dass hier in Deutschland auf gewisse Dinge wie Pünktlichkeit und Exaktheit sehr viel Wert gelegt wird, das mussten sie erst lernen“, sagt Fabreg.

In erster Linie soll er dem Trio aber die deutsche Sprache beibringen. Auch das ist nicht einfach. Durch die wechselnden Trainingszeiten und die Fahrten zu den Auswärtsspielen ist ein regelmäßiger Unterricht unmöglich. „Wir machen das auf Zuruf“, sagt Fabreg. Drei- bis viermal haben sie seit August erst zusammengesessen und Vokabeln gepaukt. Zunächst, erklärt der Lehrer, ginge es um einfache Dinge wie die Aussprache, die Zahlen, das ABC. „Dann sollen sie natürlich die fußballspezifischen Wörter lernen.“ Vom derzeit verletzten Torwart Dennis Eilhoff ließ sich Fabreg die wichtigsten Kommandos aufschreiben. „Raus“ etwa, oder „Zeit“.

Der erste deutsche Satz, den Rechtsverteidiger Gueye aussprechen konnte, hat mit Fußball aber wenig zu tun: „Isch liebe Disch“, sagt der 24-Jährige mit dem typisch französischen Akzent und grinst. Die Dialekte sind auch so ein Problem. „Mickael und Cheikh sprechen ein Französisch, das durch ihre afrikanische Heimat sehr geprägt ist. Da muss man genau hinhören“, erzählt der Lehrer. Bregerie, der in Frankreich aufgewachsen ist, lernt am schnellsten, ist deutlich weiter als seine Mitschüler. Auch deshalb kann er die Kabinenpredigten größtenteils verstehen und für seinen Nebenmann übersetzen.

„Sprache ist der Schlüssel zu allem“, sagt Sportdirektor Menze. „Deshalb legen wir viel Wert auf den Unterricht und darauf, dass unsere ausländischen Neuzugänge Kontakt zur Mannschaft finden. Entscheidend ist, dass sich die Spieler selbst öffnen.“

Auf ein Jahr ist das Projekt angelegt, wie es danach weitergeht, ist offen. Um die Pausen zwischen den einzelnen Deutschstunden zu verkürzen, nimmt Fabreg Vokabeln und Sätze auf einer MP3-Datei auf und mailt sie dem Trio. Dadurch können sie auch auf den langen Busfahrten zu den Auswärtspartien lernen. Der Unterricht mache Spaß, versichert Gueye. „Er ist aber auch anstrengend.“ Die passenden Vokabeln hat er schon auf Deutsch parat: „Total kaputt.“