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Vergoldeter Steinbildhauer

Ernst Böttger hat vor 50 Jahren seine Meisterprüfung abgelegt. Heute greift der Mittweidaer nur noch selten zum Meißel - eher zum Stift.

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© Falk Bernhardt

Falk Bernhardt

Mit dem Vergolden kennt er sich aus. Davon zeugen in Ernst Böttgers Heimatstadt Mittweida die Postmeilensäule und der Friedensengel auf dem Marktplatz. Nun kommt der 80-Jährige selbst zu goldenen Ehren, denn vor 50 Jahren hat er seinen Meister gemacht. In Limbach-Oberfrohna wurde er mit 152 weiteren Handwerksmeistern des Jahrgangs 1963 mit dem goldenen Meisterbrief ausgezeichnet.

In fünfter Generation

Böttger, Jahrgang 1933, ist gebürtiger Mittweidaer, besuchte hier die Fichte-Schule, später die Oberschule. 1950 begann er seine Lehre im seit 1850 bestehenden elterlichen Betrieb als Steinbildhauer. 1955 führte ihn eine Weiterbildung für zwei Jahre an den Magdeburger Dom. Nach der Rückkehr folgte das private Glück mit der Heirat und später zwei Kindern. 1964 wurde er Teilhaber der Firma, ab 1969 führte Ernst Böttger in fünfter Generation den Betrieb selbstständig und meist als Alleinunternehmer weiter.

Er war aktiver Fußballer und Kegler, Reisen sein großes Hobby. Böttger fertigte vor allem Grabmale für Mittweida und Umgebung, eine Aufgabe, die zwischenmenschliches Fingerspitzengefühl und handwerkliche Präzision erfordert. „Fehler dürfen wir uns nicht erlauben“, sagt Böttger. „Ein falscher Buchstabe auf dem Stein, und dieser muss komplett abgeschliffen werden.“ Nur zweimal sei ihm in seiner langen Dienstzeit einmal etwas derart misslungen.

Gold brachte er an die Wetterfahne und die Kugel der Stadtkirche. Als seine wichtigste Arbeit sieht der Mittweidaer die Postmeilensäule auf dem Markt. Hier konnte er seine große Steinbildhauerkunst zeigen, auf die er sehr stolz ist: „Es ist ja der älteste nachgewiesene Beruf der Welt.“ Mit einem hintergründigen Lächeln fügt er hinzu: „Viele kennen ja nur das älteste Gewerbe.“ Seine Firma brachte Böttger auch sicher in das vereinigte Deutschland, es war für ihn wie ein Neuanfang.

Sohn ist jetzt Innungsobermeister

„Ich arbeite, um zu leben, nicht umgekehrt“, war immer sein Motto. 1996 übergab er den Betrieb an Sohn Frank Böttger, der heute der Innungsobermeister ist. Als er den als Marmeladentante bekannten Engel auf dem Markt vergoldete, war Vater Ernst als Helfer mit dabei. Der Senior schaut gern in der Werkstatt vorbei. Nach dem Tod seiner Frau nach 56 Jahren Ehe in diesem Jahr gibt Enkelin Franziska dem Senior Kraft und Freude. Die 22-Jährige hat nach der Lehre schon mit der Meisterschule begonnen und will die Familientradition fortführen, dann in der siebten Generation.

Als Rentner und inzwischen Uropa greift Ernst Böttger heute nicht mehr zum Werkzeug, lieber zu Stift und Papier. Das Schreiben – in der Schule noch ungeliebt – macht ihm viel Spaß. Neben lustigen Begebenheiten notiert er vor allem die Heimatgeschichte, schreibt so an einer eigenen Mittweidaer Chronik.