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Verprügelt oder betrunken gestürzt?

Ein 22-jähriger Harthaer steht wegen Körperverletzung vor Gericht. Er leugnet die Tat. Das Verfahren wird fortgesetzt.

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© Symbolfoto

Von Helene Krause

Döbeln. Recht kurios gestaltet sich die Verhandlung vorm Amtsgericht Döbeln. Während der Angeklagte beteuert, niemanden geschlagen zu haben, erklären zwei Zeugen, dass er nur dagestanden hätte. Eine Zeugin, die bei der Tat gar nicht dabei war, gab bei der Polizei den Beschuldigten als Täter an.

Vorgeworfen wird einem 22-jährigen Mann aus Hartha Körperverletzung. Am 6. Dezember 2016 soll er auf dem Weihnachtsmarkt in Döbeln einen Mann mehrfach mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Der Geschädigte erlitt eine Platzwunde an der rechten Augenbraue sowie Hämatome im Gesicht und an der rechten Schulter.

Der Beschuldigte stand zur Tatzeit am Eingang des Festzeltes. „Ich stand nun da“, sagt er. „Es gab ein Gerangel. Wer wen geschlagen hat, habe ich nicht gesehen“, erklärt er. Die Zeugin, die bei der Tat nicht dabei war, aber die Polizei im Nachgang der Vernehmung ihrer Tochter anrief und den Beschuldigten der Tat bezichtigte, erklärt: „Ich weiß den Namen von meiner Tochter. Sie hat ihn von einem Freund erfahren.“ Den Angeklagten kennt sie nicht. Sie weiß aber, dass er mit ihrem Sohn im Kraftsport ist. Obwohl sie von der Tat nur von ihrer Tochter wusste, zeigte sie der Polizei sogar ein Foto des mutmaßlichen Täters. Es war das des Angeklagten. Daraufhin fragt Richterin Weik. „Sie bezichtigen jemanden einer Straftat?“ Daraufhin entgegnet die Zeugin: „Nein. Ich habe nur gesagt, dass der Mann, der dort stand, der Angeklagte war.“

Ihre 16-jährige Tochter und eine Freundin waren zur Tatzeit zusammen auf dem Weihnachtsmarkt. Wegen der Prügelei rief die 16-jährige die Polizei. In der Zeugenbefragung sagt sie, dass der Angeklagte das Opfer weggedrückt habe. Doch richtig erinnern kann sie sich nicht. Bei der Polizei hatte sie erklärt, dass der Beschuldigte den Geschädigten geschlagen habe. Auf Nachfragen der Richterin verstrickt sie sich in Widersprüche. Unter anderem erzählt sie von Sicherheitsleuten, die am Zelteingang gestanden hätten. Doch die gab es gar nicht. Dass sie den Namen des mutmaßlichen Schlägers von ihrem Freund erfahren hat, bestätigt sie. Den Namen des Freundes will sie zuerst nicht sagen. Doch den hatte Richterin Weik schon zuvor von ihrer Mutter erfahren. Die Freundin der 16-Jährigen kann sich an den Vorfall gar nicht erinnern. „Es ist zu lange her“, sagt sie. Den Angeklagten kennt sie nicht. Allerdings erinnert sie sich, dass das Opfer betrunken war. Auf Fotos, die den Mädchen bei der Polizei vorgelegt wurden, erkannten beide den Täter nicht.

Ein Zeuge, der mit einem Freund und einem Imbissbetreiber in der Nähe des Festzeltes stand, schildert den Vorfall so: „Eine Kellnerin kam und sagte, dass es im Festzelt eine Schlägerei gäbe.“ Als er in das Zelt kam, sah er, wie die Frau des Opfers mit einem Bierglas krakelte. „Ich nahm ihr das Glas ab und bat sie, das Zelt zu verlassen“, sagt er. „Ich schob sie aus dem Zelt.“ Danach ging er zu seinem Freund und dem Imbissbetreiber zurück. Etwa fünf Minuten später soll die Kellnerin erneut gekommen sein und von einer Schlägerei im Zelt erzählt haben. Er ging hinein. „Es waren viele Leute in dem Zelt“, schildert er das Geschehen. „Der Geschädigte lag blutend am Boden. Seine Frau stand dort mit zwei Hölzern in den Händen. Ich nahm sie ihr weg.“ Das Opfer und seine Frau sollen stark betrunken gewesen sein. Dass der Geschädigte auch unter Drogen stand, vermutet er nur. Ein weiterer Zeuge sagt in der Verhandlung, dass das Opfer eine Schramme an der Augenbraue hatte. Als Richterin Weik ihn nach den beiden Mädchen fragt, erklärt er: „Ich habe keine Mädchen dort gesehen. Es waren nur Männer da.“ Auch er kann nicht sagen, ob der Geschädigte geschlagen wurde oder in Folge der Trunkenheit gestürzt ist. Allerdings kennt er das Opfer und weiß, dass es schon mehrfach wegen Trunkenheit an verschiedenen Orten Hausverbote erhalten hat.

Der Geschädigte selbst fehlte in der Verhandlung. Richterin Christa Weik hatte ihn nicht geladen, weil er auf Montage in den alten Bundesländern arbeitet und zum Tathergang nichts sagen kann. „Der Geschädigte weiß von nichts mehr, nicht einmal wer ihn geschlagen hat“, sagt sie. „Er weiß nur, dass er zu Boden gegangen ist.“

Das Verfahren wird fortgesetzt. Dann werden nicht nur der Geschädigte und seine Frau als Zeugen gehört, sondern auch der Mann, der der 16-Jährigen den Namen des Täters genannt hat. Allerdings ist es fraglich, ob Letzterer zur Verhandlung geladen werden kann. Zeugen nannten von ihm zwei verschiedene Familiennamen.