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Verschollenes Meissener wieder aufgetaucht

Jahrzehntelang galt das Tafelservice der Hermsdorfer Schlossherren als verschwunden. Dabei war es nie wirklich weg.

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Von Sebastian Kositz

Scherben bringen Glück. Hat das Sprichwort Bestand, dann sollte der Hermsdorfer Udo Trepte jetzt ganz schnell einen Lottoschein ausfüllen und könnte anschließend eine Reise auf die Malediven buchen. Die vielen Scherben, die Udo Trepte neulich in seinem Wohnhaus in einem alten Schweinetrog entdeckte, würden sicher für einen sechsstelligen Lottogewinn reichen.

Glücklich machen die Porzellantrümmer derzeit vor allem die Mitglieder des Heimatvereins Hermsdorf nördlich von Dresden an der A 4. Denn bei den zutage geförderten Scherben handelt es sich um die Reste eines wertvollen Meissener Tafelservices der früheren Schlossherren. Über die Jahrzehnte galt das aus dem 18. Jahrhundert stammende Geschirr als unwiederbringlich verloren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verschwand vieles aus dem Schloss auf Nimmerwiedersehen. Geplündert, offenkundig nicht nur von der Sowjetarmee, die hier für einige Monate eine Kommandantur eingerichtet hatte. Auch das opulent verzierte Tafelservice war wie vom Erdboden verschluckt. Bis es nun zufällig im Haus von Udo Trepte an der Schloßstraße direkt an der Einfahrt zu dem barocken Prachtbau wieder auftauchte.

Der Hermsdorfer wollte einen Raum – der einst zur Garage des Schlosses gehörte und nach dem Krieg als Stall genutzt worden war – zum Wohnen herrichten. Als er dann an der Wand einen alten Schweinetrog herausriss, stieß Udo Trepte auf die Scherben. Und er wusste sofort, was er da hervorförderte. „Meine Großmutter hatte mir immer davon erzählt, dass mein Vater als damals zwölfjähriger Junge einen Sack voll zerdeppertem Porzellan vom Schloss geholt und im Haus versteckt hatte“, sagt Udo Trepte. Nur wiedergefunden hatte es eben über die vielen Jahrzehnte niemand. „Ich hatte es selbst versucht zu sortieren und zu kleben, aber das war aussichtslos“, sagt Udo Trepte, der die Scherben – eingefüllt in vier große Obstkisten – stattdessen zu Monika Klink vom Hermsdorfer Heimatverein brachte. „Ich habe alles auf einen Tapeziertisch gelegt und sortiert, versucht, anhand der Muster und Abbruchkanten die Teller, Schalen und Terrinen wieder zusammenzubekommen“, erklärt die Hermsdorferin. Schnell wurde klar, dass die Scherben nicht komplett sind.

Monika Klink, die sich mit der Historie des Schlosses auskennt, konnte dafür das genaue Alter des Porzellans ermitteln. „Anhand der eingebrannten Zeichen und den Ziffern neben den blauen Schwertern lässt sich darauf schließen, dass das meiste Geschirr 1763 hergestellt worden ist“, weiß Klink. Einen materiellen Wert hat das zerschlagene Porzellan heute nicht mehr. „Wir wollen ein oder zwei Stücke zusammensetzen lassen und mit den übrigen Scherben in Schaukästen im Schloss ausstellen“, kündigt Monika Klink an.