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Viagra aus dem Bienenstock

Imker Fritz Woitaß weiß eine Menge über Bienenprodukte zu erzählen – herstellen und vermarkten darf er vieles davon allerdings nicht.

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© Anne Hübschmann

Von Manfred Müller

Zeithain/Zabeltitz. Was macht eigentlich ein Imker in der kalten Jahreszeit? „Winterschlaf hält er nicht“, lächelt der Zabeltitzer Fritz Woitaß. Die Honigbienen selbst brauchen, wenn alle Vorbereitungen für die frostigen Monate abgeschlossen sind, nicht viel Betreuung. Sie haben sich im Stock eng zur sogenannten Wintertraube zusammengezogen. Durch heftiges Muskelzittern erzeugen die Bienen Wärme und können dadurch auch strenge Frostperioden überleben.

„Im Winter reinigt der Imker Bienenbeuten, schaut, ob sich Milben eingenistet haben, und spritzt sie eventuell noch mal“, erklärt Fritz Woitaß. Ansonsten sei die Zeit bis zum Frühjahr dem Geschäftlichen und der Weiterbildung vorbehalten. Der Zabeltitzer muss Kontakt zu Landwirten aufnehmen, um sich Standplätze fürs nächste Jahr zu sichern. Traditionell lässt er seine Bienen etwa in der Zeithainer Gohrischheide ausfliegen. Außerdem muss der Imker seinen Honig vom vergangenen Jahr an den Mann bringen und Ausschau nach neuen Vermarktungsmöglichkeiten halten.

Auf normalen Wochenmärkten steht Woitaß nicht mehr. „Das ist zu aufwendig“, sagt er. „Im Sommer muss ich an den Bienen arbeiten.“ Lediglich bei besonderen Gelegenheiten baut er einen Stand auf. Etwa zur Moritzburger Hengstparade, beim Aronia-Fest an der Elbe oder beim Weihnachtsmarkt in Zabeltitz. Sonst verkauft er seinen Honig im hofeigenen Laden.

Wenn es um Bienenvölker, Honig und Honigprodukte geht, kann man Fritz Woitaß kaum etwas vormachen. Schließlich betreibt er die Imkerei fast 40 Jahre. „Aber aus dem Bienenstock kommt noch viel mehr“, sagt er. „Manches davon klingt kurios.“ Apilarnil zum Beispiel ist ein Extrakt aus sieben Tage alten Drohnenzellen. Die männlichen Larven werden zusammen mit allen Nährstoffen zerkleinert und gefiltert. Das Mittel soll den Stoffwechsel in Schwung bringen, das Immunsystem stärken und die Potenz erhöhen. Viagra aus dem Bienenstock sozusagen. Das weibliche Gegenstück dazu ist Gelée royale – jener Saft, mit dem die Bienenkönigin gefüttert wird. Der wiederum soll den Hormonhaushalt von Frauen beflügeln und altersbedingten Verschleißerscheinungen entgegenwirken. Das Bienenharz Propolis wiederum ist bekannt für seine antibakterielle Wirkung. „Als Imker darf ich keine Gesundheitstipps geben“, sagt Fritz Woitaß. „Das bleibt Ärzten und Apothekern vorbehalten.“ Aber verschiedene Wirkungen seien medizinisch anerkannt und die entsprechenden Produkte auch auf dem Markt erhältlich. Viele Imker bieten sie in ihren Hofläden an – nur dass sie sie eben aus der Apotheke beziehen.

Woitaß tut sich damit schwer. Er sei in erster Linie Imker, nicht Händler. Aber wenn er sich im Kreise seiner Berufskollegen umschaue, steche das ins Auge: Die Meisten seien kerngesund. Sogar das Gift der Immen habe eine heilsame Wirkung und ist in vielen Medikamenten zu finden. Es wirkt gerinnungshemmend und wird gegen Rheuma und Gelenkserkrankungen eingesetzt.

Fritz Woitaß hat damit seine eigenen Erfahrungen gemacht. Wenn er bei der Arbeit mal ein Dutzend Stiche abbekomme, erzählt der 66-Jährige, fühle er sich anschließend beim Gehen federleicht. Für Bienengiftallergiker kann eine solche „Behandlung“ allerdings verhängnisvoll enden – mit einer Fahrt ins Krankenhaus.