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Volkshaus fast fertig

Seit einem Jahrzehnt wird an dem Bauhaus-Komplex in Riesa gearbeitet. Jetzt feiert der Hauptmieter Einweihung.

Von Christoph Scharf
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Mehrere Millionen hat der Eigentümer ins Projekt Volkshaus Riesa investiert. Die Wohnungen sind fast komplett vermietet, außerdem zogen ein Zahnarzt, ein Dentallabor und eine Physiotherapie ein. Nun komplettiert der Bildungsträger BSW das Haus.
Mehrere Millionen hat der Eigentümer ins Projekt Volkshaus Riesa investiert. Die Wohnungen sind fast komplett vermietet, außerdem zogen ein Zahnarzt, ein Dentallabor und eine Physiotherapie ein. Nun komplettiert der Bildungsträger BSW das Haus. © Sebastian Schultz

Riesa. Eines der markantesten Gebäude der Stadt ist so gut wie voll vermietet: Im Volkshaus hat am Dienstag das Bildungsunternehmen BSW seine Eröffnung gefeiert. Das Bildungszentrum Riesa war von der Passage am Puschkinplatz hergezogen und belegt nun rund 1 000 Quadratmeter in Erd- und Untergeschoss. „Hier im Volkshaus sind wir barrierefrei zu erreichen, habe eine Bushaltestelle vor der Haustür und den Bahnhof um die Ecke“, sagt Kathleen Hentschel, die den Standort leitet.

20 Mitarbeiter gehören zur Einrichtung. Sie haben im Volkshaus helle und modern ausgestattete Büros, Beratungs- und Schulungsräume bezogen. Hingen im alten Büro noch Neonröhren von der Decke, gibt es nun ein ausgefeiltes Lichtkonzept, das sich automatisch nach dem Tageslicht reguliert und auch bemerkt, wenn niemand im Raum ist – dann schaltet es sich von allein ab. 

Die neuen Mieter: Kathleen Hentschel leitet den Standort Riesa, Ralf Hübner ist Geschäftsführer bei BSW.
Die neuen Mieter: Kathleen Hentschel leitet den Standort Riesa, Ralf Hübner ist Geschäftsführer bei BSW. © Sebastian Schultz

„Riesa hat nun einen der modernsten Standorte von BSW“, sagt Geschäftsführer Ralf Hübner. Das Unternehmen beschäftigt sachsenweit 250 Angestellte in Bildungszentren und Schulen, an denen derzeit 1 300 junge Leute eine duale oder schulische Ausbildung absolvieren und jährlich 13 000 Menschen an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen.

Im Volkshaus werden Lehrlinge in fünf Berufen ausgebildet – als Fachpraktiker für Küche, Hauswirtschaft, Metall, Lager oder Verkauf. Sie finden eine Lehrküche mit sechs Küchenzeilen, Technik zum Bügeln, Mangeln, Wäschewaschen, ein Zimmer für das Pflegetraining – mit Technik vom Kinderstuhl bis zum Rollator, vom Wickeltisch bis zum Pflegebett. Eine Besonderheit des Riesaer Standorts ist das Programm IPAL – die Integration polnischer Arbeitnehmer in den Landkreis Meißen. „Wir rekrutieren Fachkräfte aus EU-Ländern oder auch aus Vietnam“, sagt BSW-Chef Ralf Hübner. Riesa hat sich dabei auf Polen spezialisiert. Dabei kooperiert man mit polnischen Jobbörsen und hiesigen Arbeitgebern und hilft Teilnehmern, mit den deutschen Bedingungen zurechtzukommen. So konnte etwa eine polnische Altenpflegerin beim Riesaer Heimbetreiber PBZ anfangen. Sie arbeitet bislang noch als Hilfskraft, weil ihr polnischer Berufsabschluss nicht anerkannt wurde, soll aber nach dem Abschluss aller noch fehlenden Prüfungen bald als Fachkraft einsteigen können.

Im Untergeschoss ist jetzt auch eine Lehrküche zu finden.
Im Untergeschoss ist jetzt auch eine Lehrküche zu finden. © Sebastian Schultz

Tatsächlich absolviere die Bildungsbranche den größten Wandel seit der Wende, sagt Hübner: Die Arbeitslosigkeit ist so gering wie nie, der Bedarf der Arbeitgeber aber zunehmend individueller. Wo früher leicht ganze Ausbildungsgruppen zusammen kamen, geht es heute oft um eine Einzelbetreuung – die aber finanziert werden muss. Einen Wandel hat auch das Volkshaus selbst mitgemacht: 1930 für Gewerkschaften und SPD gebaut worden, war es bald von den Nationalsozialisten enteignet worden. Später zog die Rote Armee ein, dann verfiel das Gebäude. Der Riesaer Geschäftsmann Lutz Steinchen begann 2008, die zugehörige Wohnzeile zu sanieren, ab 2012 folgte das eigentliche Volkshaus. Mit dem Einzug von BSW ist es nun fast voll vermietet. „Noch zu haben ist ein lichtdurchfluteter Saal mit fast 200 Quadratmetern“, sagt der Eigentümer. Er eigne sich als Großraumbüro und theoretisch auch als Loft. Ansonsten sei nur noch eine kleine Wohnung im Erdgeschoss frei, die bald fertig wird. „Da habe ich bei der Vermietung keine Sorgen“, sagt Steinchen. Zudem sei bald noch eine große Wohnung mit freistehendem Küchenblock zu haben.

Beim bevorstehenden Bauhaus-Jahr taucht das Volkshaus Riesa allerdings nicht auf der Ortsliste auf. Warum? Es gibt offenbar noch Klärungsbedarf mit dem Denkmalschutz. So oder so: Anfang 2019 sollen die Arbeiten am Haus abgeschlossen sein.