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Volle Breitseite

Rolf Schafstall teilte einst heftig gegen Dynamo aus – jetzt ist der Trainer mit 80 Jahren gestorben.

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© Archiv: Ronald Bonß

Von Sven Geisler

Tief im Westen hatte er seine erfolgreichsten Stationen: Den MSV Duisburg führte er 1979 sensationell ins Europapokal-Halbfinale, den VfL Bochum bewahrte er mehrmals vor dem Abstieg in die zweite Liga. Doch zwei seiner insgesamt 14 Stationen als Fußball-Trainer hatte Rolf Schafstall auch im Osten, allerdings gerieten die besonders kurz: 1992 für 55 Tage bei Stahl Brandenburg und 1999 nur zwei Tage länger bei Dynamo.

In Dresden sollte er mal wieder den „Feuerwehrmann“ spielen, den Retter also, denn die Not war groß: Die Schwarz-Gelben waren in der drittklassigen Regionalliga bedrohlich nah an die Abstiegsränge gerutscht. Bei einem Fanforum erhielt er viel Beifall für seine ehrliche Antwort auf die Frage, warum er sich das antut: „Da muss einen schon der Teufel reiten.“ Ein Mentalitätsproblem zwischen Ost und West gebe es nicht, beteuerte Schafstall an seinem ersten Trainingstag bei Dynamo. Wenig später las sich das dann ganz anders.

„Schokolade vom bösen Onkel“ lautete die Schlagzeile im Nachrichtenmagazin Der Spiegel, weil er der Sekretärin Süßes zum Kaffee mitbrachte. In dem Bericht aber schimpfte der Trainer auf die Zustände im Verein. „Dreck, wo du hinguckst. Denen hab‘ ich erst mal den Marsch geblasen: Besen in die Hand nehmen, auskehren, Hygiene reinbringen. Dem Zeugwart muss man in den Arsch treten, damit er seine Arbeit macht und nicht den ganzen Tag reinquasselt und von alten Zeiten erzählt.“

Volle Breitseite. „Die sehen keinen Dreck hier. Das haben die früher nicht sehen müssen. Die sind nicht zur Arbeit, nicht zur Ordnung, zu nichts erzogen worden hier. Das stinkt zum Himmel.“ Nach diesem Rundumschlag trennten sich beide Seiten „im gegenseitigen Einvernehmen“. Schafstall entschuldigte sich nicht für seine Entgleisung, sondern rechtfertigte sie in der Pressemitteilung des Vereins: „Ich lege großen Wert auf Ordnung, Disziplin und Sauberkeit. Was ich in Dresden erlebt habe, brachte das Fass zum Überlaufen.“

Das ist nur eine Episode in einem langen Trainerleben, und sie wird ihm sicher nicht gerecht. Schafstall galt als harter Hund, aber auch als einer, der schwierige Situationen lösen kann. Am Dienstag ist der gebürtige Duisburger im Alter von 80 Jahren gestorben. (mit dpa)