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Von der Gärtnerei zum Onlinehandel

Seit 120 Jahren besteht ein Hirschfelder Unternehmen. Thomas Krusekopf hat es zum Lifestyle-Shop umgebaut.

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© M. Weber

Von Mario Heinke

Es ist kurz vor dem Mittag, als Thomas Krusekopf einen Blick auf die zum Versand vorbereiteten Pakete wirft, die im Postcontainer gestapelt sind. Vier Mitarbeiter wuseln zwischen den meterhohen Regalen im Versandraum der Hals-ueber-Krusekopf GmbH in Hirschfelde herum. Konzentriert suchen sie bestellte Waren zusammen und packen sie in Luftpolsterfolie gehüllt in verschieden große Kartons.

Bis halb drei am Nachmittag geht das so. Dann fährt der Transporter von DHL am Rolltor vor, lädt den Postcontainer ein und die Pakte mit neuer Ware aus. Nun erfassen die Mitarbeiter den Nachschub, sortieren ihn in die Regale oder bereiten die Ware zum Transport in die Zittauer Filialen des Familienbetriebes am Rathausplatz und in der Frauenstraße vor. Mit einer klassischen Gärtnerei hat das Versandgeschäft wenig zu tun, obgleich im Verkaufsraum nebenan Sträuße gebunden werden, Kunden nach der passenden Frühjahrsbepflanzung für ihren Balkon suchen oder Blumeerde kaufen. Mit dem Nebeneinander des kleinen Logistikzentrums für den Onlinehandel und den drei Blumenläden glaubt Krusekopf eine zukunftsfähige Lösung für die traditionsreiche Gärtnerei gefunden zu haben. Den Grundstein legte er im Jahre 2004, als er in einen professionellen Onlineshop investierte und mit 100 Geschenkartikeln online an den Start ging. Heute sind 7 000 Produkte online erhältlich. 6 000 Kartons mit eigenem Firmenaufdruck sind ständig vorrätig. Täglich kommt mindestens ein neues Produkt hinzu und der Shop ist auch über eine App abrufbar.

Einer der insgesamt 16 Mitarbeiter des Unternehmens beschäftigt sich ausschließlich mit der Datenpflege, legt neue Artikel an, aktualisiert die Preise, bereitet Sonderposten vor und überwacht den Warenbestand. Eine Mitarbeiterin kümmert sich ganztägig um den Kundendienst. Telefonisch erreichbar zu sein, ist ein wichtiges Kriterium, die bei der Kaufentscheidung der Onlinebesteller eine wichtige Rolle spielt. „Der Wettbewerb im Netz ist hart, aber wir haben zur richtigen Zeit angefangen“, sagt der Hirschfelder. Die Zahlen geben ihm recht. Gut zwei Drittel des gesamten Umsatzes erwirtschaftet die Firma inzwischen über das Internet mit Produkten, „die ein Kribbeln im Bauch“ auslösen sollen. Die Sehnsucht nach einem Stück Poesie im Alltäglichen und der Wunsch etwas Besonderes verschenken zu können, sorgen dafür, dass die Deutschen für individuelle Wohnraum-Accessoires, Geschenkartikel, Dekoration und kreatives Design viel Geld ausgeben. Das spüren die Hirschfelder besonders in der Vorweihnachtszeit, wenn die meisten Online-Bestellungen eingehen. Dann beschäftigt Krusekopf zusätzlich vier bis fünf Saisonkräfte, die den Festangestellten bei der Versandabwicklung helfen. Zehn bis zwölf Postcontainer verlassen in den Wochen vor Weihnachten täglich das Haus. Bei der in der Branche sehr bekannten Marke „Räder“ aus Bochum sind die Hirschfelder inzwischen der umsatzstärkste Einzelhändler Deutschlands.

Aber auch regionale Produkte bekommen in Krusekopfs Onlineshop eine Chance. So verschickt er ganzjährig das Gebäck und in der Vorweihnachtszeit die Mohn- und Weihnachtsstollen der Hirschfelder Bäckerei Rönsch. Ansprechend verpackt und mit dem Label „Rönsch – Der Meisterbäcker“ versehen, findet so das feine Schokomandelgebäck kombiniert mit Orange, Macadamia, Amaretto, Chili oder Cappuccino den Weg in die ganze Welt. Und auch die Herrnhuter Sterne finden sich im Sortiment. „Wenn uns jemand ein Produkt anbietet, testen wir es und schauen, wie online läuft“, sagt Krusekopf. Online- und stationärer Handel sind völlig verschiedene Welten. „Du musst völlig anders denken und planen“, so Krusekopf, der als Zittauer Stadtrat und erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters auch in der Lokalpolitik mitmischt. „Die politische Arbeit ist nur möglich, weil meine Frau Carmen die Geschäfte dann beherzt in die Hand nimmt“, so der parteilose Chef der FUW/FBZ/FDP-Fraktion. Über die Nachfolge im Familienunternehmen macht sich der 53-Jährige noch keine Gedanken, die Rente ist noch weit entfernt. Ob Tochter Emily, die eine kaufmännische Ausbildung bei der Sparkasse in Dresden absolvierte, irgendwann in die Firma einsteigt, ist ungewiss. „Sie ist 21 und soll genügend Zeit haben, darüber nachzudenken“, sagt der Vater. Während er den Satz ausspricht, blinkt es auf dem Monitor. Irgendwo auf der Welt hat jemand in Hirschfelde bestellt.