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Warmer Mantel für den Elbsandstein

Wissenschaftler suchen den besten Frostschutz für Skulpturen. Aber warum gehen sie dazu ins Erzgebirge?

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Franz Herz

Einen Arbeitsplatz mitten im Wald hat Michael Eilenberger auch selten. Der Diplom-Restaurator hat auf einer Lichtung im Fichtenwald bei Oberbärenburg vier Säulen auf Steinsockeln aufgestellt. Die Szene erinnert an ein versunkenes Schloss.

Mit dem Schloss liegt der Besucher nicht falsch, wie Dr. Christoph Franzen erklärt. Es sind originale Steinskulpturen aus dem Zwinger und von Schloss Königswartha. Dem Wissenschaftler geht es aber nicht das Versenken, sondern um das Erhalten von historischen Kunstwerken. Franzen arbeitet im „Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt“. Dort untersucht er, welche Einhausung im Winter die günstigste ist. „Seit jeher werden im Winter Skulpturen mit Brettern, Textilien und anderem gegen das Wetter geschützt. Aber noch niemand hat untersucht, welche Methode wirklich am günstigsten ist“, berichtet der Geologe. Er will Pionierarbeit leisten.

Franzen ist Spezialist für die Erhaltung von Steinen. Er hat seine Doktorarbeit in Konservierungswissenschaften geschrieben und beschäftigt sich seit 2008 mit den richtigen Methoden, um die Steine im Winter einzuhausen. Dabei geht es um Kunstwerke aus Sandstein, wie sie in Sachsen häufig zu sehen sind, aber auch um Marmor oder Kalkstein.

Der Wissenschaftler arbeitet mit vielen Partnern zusammen. So stellt ihm die TU-Bergakademie Freiberg ihren Forschungsstandort bei Oberbärenburg zur Verfügung. Das ist eine eingezäunte Waldlichtung, auf der eine Reihe von Messgeräten für die Klimaforschung sowie eine Blechbaracke mit Stromanschluss stehen. „Diese Infrastruktur für die Forschung macht den Standort richtig interessant“, sagt Franzen. Hier bekommt er laufend aktuelle Klimadaten, muss sie also nicht selbst messen. „Im Osterzgebirge können wir auch sicher mit einem richtigen Winter rechnen. Das ist in Pirna oder Dresden nicht so“, nennt er einen weiteren Vorteil von Oberbärenburg für seine Forschungsarbeit.

Dann packen Michael Eilenberger und Anna-Rachel Reerds an. Sie studiert in Antwerpen Restauratorin und schreibt eine Masterarbeit zum Winterschutz von Kunstwerken. Weil das im milden Klima Belgiens nicht so üblich ist, kam sie zu einem Forschungsaufenthalt nach Dresden. Drei Schutzsysteme bringen sie an den Säulen an. Die erste erhält eine klassische Holzverkleidung, wie sie im Barockgarten Großsedlitz oder im Großen Garten üblich sind. Die Zweite bekommt einen Textilschutz aus Polyesterleinwand übergestülpt. Das System ist 1999 für Schloss Moritzburg entwickelt worden. Und eine Säule erhält einen Winterschutz aus Hartschaum. Die vierte Säule muss den Winter nackt überstehen, zum Vergleich.

Sensoren für Temperatur und Feuchtigkeit sind an den Steinen befestigt, manche bis zu 20 Zentimeter tief hineingebohrt. Acht Kabel führen von einer Säule in einen Schaltkasten und übermitteln Daten an einen Rechner. Nach dem Winter nehmen die Fachleute die Säulen in Augenschein und werten die Fülle der Daten aus. Ergebnisse werden 2015 erwartet. Sie sollen helfen, die richtigen Systeme anzuschaffen, um Kunstwerke zu schützen.