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Wartehäuschen verschwunden

War der Abriss des historischen Gebäudes in der Talstraße legal? Wer hat den Abriss veranlasst?

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Auf dieser Ansichtskarte von 1912 ist das Wartehäuschen rechts neben der Straßenbahn noch da.
Auf dieser Ansichtskarte von 1912 ist das Wartehäuschen rechts neben der Straßenbahn noch da. © Archiv Rainer Graff

Von Reiner Graff & Udo Lemke

Meißen. Noch bis zum 5. Februar stand das kleine Wartehäuschen auf der Denkmalliste des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen. Nun ist es nicht nur von der Liste verschwunden, sondern auch aus der Stadt. Gemeint ist das im historischen Foto oben rechts neben der Straßenbahn zu sehende kleine Gebäude.

Dazu schreibt Reiner Graff, der 1961 in Meißen geboren worden ist und heute als Autor und freier Journalist im Brandenburgischen lebt: „Ich wohnte bis 1984 in der Leninstraße bzw. Talstraße, in der Nähe der Böttgerstraße. 

Zum Spielen trafen wir uns als Kinder am Nachmittag gern am alten Wartehäuschen. Das historische Gebäude war nicht nur ein Schutz vor schlechtem Wetter, nein, gleichzeitig waren im Gebäude auch noch Toiletten für Männer und Frauen untergebracht. An der Südseite war auch noch ein kleiner Brunnen am Haus, welcher im Sommer sogar funktionierte.“

Reiner Graff hat noch weitere Informationen zu dem Wartehäuschen zusammengetragen. So sei es aus dunkelbraunen, glänzenden Klinkerziegeln gefertigt gewesen. Gebaut worden sei es für die Personenstraßenbahn-Linie zwischen dem Bahnhof Meißen und der Jaspisstraße bzw. dem Buschbad. 

Eröffnet worden sei diese Linie am 13. Dezember 1899. Wann das Wartehäuschen genau entstanden sei, könne er nicht sagen. Allerdings verzeichnet die Objekt-Dokumentation der eingangs erwähnten Landesdenkmalliste das Häuschen als in den 1920er-Jahren entstanden. Jedoch gibt es eine Postkarte aus dem Jahr 1912, da ist es schon da. Es wird in der Denkmalliste als baugeschichtlich bedeutend als „Klinkerbau mit originaler Sitzbank“ beschrieben. 

„Das Wartehäuschen wurde vermutlich nach dem Hochwasser 2002 abgerissen. Wer für den Abriss verantwortlich war, ist mir unbekannt“, schreibt Reiner Graff. Und: „Es gibt Augenzeugen, welche das alte Wartehaus nach den Hochwassern der Triebisch ab 2002, nicht beschädigt sahen. Das Gebäude war stabil und hatte schon einige Fluten überlebt!“

Hier ist die heutige Situation zu sehen. 
Hier ist die heutige Situation zu sehen.  © Claudia Hübschmann

Reiner Graff fragte sich, wie kann ein Gebäude, welches vermutlich schon vor vielen Jahren abgerissen worden ist, noch auf einer aktuellen Denkmalliste stehen? „Im Landesamt für Denkmalpflege wusste man nichts vom Abriss. Die Angelegenheit wurde einem Referenten übergeben, doch auch der wusste von nichts, er fiel aber wenigstens dabei aus allen Wolken.“

Man habe das Landesamt wohl nicht informiert. Aber warum, fragt sich Reiner Graff? „Der Referent war mit seinem Referat am Ende und übergab die Sache an die Untere Denkmalbehörde.“ Die sitzt für den Landkreis Meißen in Großenhain, Kreisdenkmalpfleger ist Andreas Christl. „Ich habe mitgeteilt, dass das Wartehäuschen wahrscheinlich im Zuge der Flut 2002 zerstört worden ist.“ Genaueres wisse aber auch er nicht.

Wenn niemand mehr etwas weiß, weiß es der Archivar. Das ist für Meißen Tom Lauerwald. Der überlegt, schaut nach und erklärt: „Das ist keine Flutgeschichte. Wir haben eine alte Denkmalliste von 1998, da steht es nicht mehr mit drauf.“ 

Und: „Jetzt, wo es weg ist, ist es wieder da.“ Wie es auf die Denkmalliste gekommen ist, von der es inzwischen ja wieder verschwunden ist, weiß aber auch er nicht zu sagen, er vermutet allerdings „koordiniertes Verwaltungshandeln“.

Wie dem auch sei, das Wartehäuschen bleibt verschwunden. Kreisdenkmalchef Andreas Christl appelliert denn auch an die Bürger: „Wenn jemand aus der Bevölkerung weiß, wie das Häuschen weggekommen ist, würde uns das sehr interessieren.“