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Warten auf Marlon

Ein Paar aus Mittelsachsen hat seinen Hund in Südkorea klonen und sich das mehr als 87 000 Euro kosten lassen. In Deutschland ist das verboten.

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© Sven Jorde

Von Marion Gründler

Barbra Streisand hat es schon getan. Und nun auch eine Familie aus Mittelsachsen. Den geklonten Welpen, der momentan noch in Südkorea von der Firma Sooam Biotech betreut wird, erwartet die fünfköpfige Familie etwa Anfang März. Auf diesen Tag fiebern sie hin. In regelmäßigen Abständen trudeln Bilder von dem kleinen Vierbeiner ein, von dem Familie J. sagt, dass der Klon ihrer Englischen Bulldogge Marlon bis auf eine etwas verschobene Farbschattierung am Kopf zum Verwechseln ähnlich sieht. Die Mittvierziger hoffen, dass das auch auf das Wesen des Tieres zutrifft. Sind doch bei dem Eingriff alle Erbinformationen mitgeliefert worden.

Simone (46) und Sven (48) J. aus Mittelsachsen ließen ihre fünf Jahre alte und bei einem Routineeingriff gestorbene Englische Bulldogge (unten) in Südkorea von der Firma Sooam Biotech klonen. Der jetzt sechs Wochen alte Klon (oben) lebt noch in Südkorea.
Simone (46) und Sven (48) J. aus Mittelsachsen ließen ihre fünf Jahre alte und bei einem Routineeingriff gestorbene Englische Bulldogge (unten) in Südkorea von der Firma Sooam Biotech klonen. Der jetzt sechs Wochen alte Klon (oben) lebt noch in Südkorea. © Marion Gründler
© Sooam Biotech

Rückblick. Der 23. Februar war für Familie J. ein rabenschwarzer Tag. Der fünfjährige Rüde Marlon überlebte einen Routineeingriff nicht. „Wir waren zunächst wie gelähmt vor Schmerz“, beschreibt Sven J. die Situation. Hatte doch Marlon einen besonderen Stellenwert in der Familie. „Wir übernahmen den Welpen vom Züchter, der ihm kaum eine Überlebenschance gab“, ergänzt Simone J. Das Tier habe beispielsweise unter Lungenproblemen gelitten und an Störungen des Magen-Darm-Traktes. „Er sollte eingeschläfert werden. Das haben wir nicht zugelassen, ihn stattdessen in den ersten zwei Monaten intensiv und im Stundentakt betreut.“ Diese schwierige Zeit hatte eine besondere Verbindung zum Tier geschaffen. „Deshalb konnten wir seinen plötzlichen Tod kaum ertragen.“

Die Idee, Marlon klonen zu lassen, hatten die selbstständigen Unternehmer zwei Tage nach dessen Tod. Schnell wurde klar, dass ihnen die Zeit davonlief. „Die Gewebeproben dürfen nicht älter als fünf Tage sein, sonst sind sie nicht mehr brauchbar“, schildert Sven J. Die gekühlten Röhrchen durch ein Transportunternehmen rechtzeitig nach Südkorea zu bringen, erwies sich als unlösbar. „Wir setzten uns dann selbst mit den Proben in den Flieger. Die Entnahme-Röhrchen mussten in den Koffer. Und in Incheon, einer Großstadt an der Nordwestküste Südkoreas, stellte sich heraus, dass unser Gepäck beim Zwischenstopp in Moskau stehengeblieben war.“

Letztlich kam das Paar doch noch an seine wertvolle Fracht. „Allerdings erhielten wir erst drei Wochen später die erlösende Nachricht, dass das Material verwendungsfähig ist und in eine Leihmutter eingesetzt werden kann“, sagte Simone J.

Klon Marlon wurde am 11. September geboren. Wie Simone und Sven J. von Sooam Biotech erfahren hatten, sei der Welpe die erste Englische Bulldogge weltweit, bei der das Klonen gelungen sei. Für die J.s kein billiges Vergnügen. Kostet doch dieser Service rund 100 000 US-Dollar – umgerechnet etwas mehr als 87 000 Euro. Über die Klonhunde der Sooam Biotech Research hatten schon internationale Medien berichtet. „Wir erhalten unterschiedliche Reaktionen“, bemerkt Sven J. Viele verstünden die Entscheidung, Marlon quasi weiterleben zu lassen. Bei anderen wiederum schlage ihnen unverhüllter Neid entgegen. „Wir haben uns das Geld selbst erarbeitet, und es ist unsere Entscheidung, was wir damit machen“, sagt Sven.

Indes ist das Verfahren umstritten. Das Klonen nach der „Dolly-Methode“ – so benannt nach dem ersten Schaf, das 1996 durch ein Klonierungsverfahren gezeugt wurde – gilt in Deutschland als genehmigungspflichtiger Tierversuch gemäß Tierschutzgesetz. Tiere dürfen nur zu Forschungszwecken geklont werden und nur dann, wenn eine Genehmigung erteilt wird.

„Grundsätzlich lehnen wir das Klonen von Tieren strikt ab“, urteilte Sprecherin Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund mit Sitz in Bonn. „Bis überhaupt ein Klontier geboren wird, sind oft zahllose Versuche erforderlich. Die Klontiere sterben meist in unterschiedlichen Embryonalphasen. Oft auch kurz vor oder nach der Geburt, sodass die Tiere Schmerzen empfinden und schwer leiden.“ Abnehmer von geklonten Haustieren können also keineswegs sicher sein, ein gesundes Tier zu erhalten. „Wir fordern ein generelles Verbot des Tierklonens“, unterstreicht Schmitz. „Durch Hormongaben und oft sehr schwere Geburten leiden auch die Ammentiere, die die Klontiere austragen müssen.“ Der meist sehr hohe Preis zeige zudem, dass der Eingriff höchst problematisch sei. Interessenten müssten sich zudem darüber im Klaren sein, dass das geklonte Tier dem bisherigen Haustier äußerlich ähnlich sehen mag, sich aber zu einer völlig anderen Persönlichkeit entwickeln könne. „Verstorbene Tiere kann man genauso wenig wieder auferstehen lassen wie verstorbene Menschen.“

Familie J. steht zu ihrer Entscheidung. „An sich sollte man nicht Gott spielen und etwas zurückholen, was nicht mehr da ist“, sagt Sven J. nachdenklich. „Fakt ist auch: Wir freuen uns wie Kinder auf die weihnachtliche Bescherung.“ (fp)