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Warum es beim Abwasserverband noch gärt

Die Maßnahmen gegen den Schwefelwasserstoff in Mücka zeigen Wirkung. Doch das Kanalnetz bleibt eine Baustelle.

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© Fotos: André Schulze

Von Alexander Kempf

Der Abwasserverband Schwarzer Schöps hat mit Daniel Klemm einen neuen Geschäftsführer. Darüber hat die Sächsische Zeitung schon berichtet. Doch es ist auf der Verbandsversammlung am Donnerstagabend nicht die einzige gute Nachricht. Auch die gemessenen Schwefelwasserstoffwerte sind gesunken. Können die Mückaer und alle anderen Gemeinden im Verband nun aufatmen? Antworten auf die dringendsten Fragen.

Vor der Feuerwehr in Mücka misst der Abwasserverband regelmäßig Schwefelwasserstoffwerte in der Kanalisation. Für die interessieren sich selbstverständlich auch Anwohner wie Frank Beier (links) und Bernd Hilgenfeld.
Vor der Feuerwehr in Mücka misst der Abwasserverband regelmäßig Schwefelwasserstoffwerte in der Kanalisation. Für die interessieren sich selbstverständlich auch Anwohner wie Frank Beier (links) und Bernd Hilgenfeld.

Wie gefährlich ist Schwefelwasserstoff für den Menschen?

Das hängt maßgeblich von der Konzentration ab. Der Abwasserverband Schwarzer Schöps hat bei Messungen in der Mückaer Kanalisation bereits Werte zwischen 700 und 900 ppm festgestellt. Das bestätigte der kommissarische Geschäftsführer Maik Gerber am Donnerstagabend. Diese Werte sind extrem hoch und lebensgefährlich. Schon ab einer Konzentration von etwa 100 ppm kommt es zu einer Reizung der Schleimhäute beim Menschen. Werden 500 ppm überschritten, kann das zu Krämpfen und Bewusstlosigkeit führen. Die Abkürzung ppm steht für Parts per million. Sie gibt Auskunft über die Zusammensetzung der Wassermoleküle.

Was hat der Abwasserzweckverband gegen das Problem unternommen?

Das Team um Maik Gerber hat in den vergangenen Wochen verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Schwefelwasserstoffwerte zu senken. Dabei haben sich nicht alle als zielführend erwiesen. So hat der Abwasserverband beispielsweise versucht, Geruchsklappen einzubauen. Weil die Rohre oval sind, hätten die Klappen aber nicht richtig abgedichtet, erklärt Maik Gerber. Später ist an der Mückaer Feuerwehr noch ein Lüftungsschacht installiert worden, damit die Gerüche entweichen können. Zeitweise seien Mitarbeiter des Verbandes täglich nach Mücka gefahren, um dort temporäre Verschlüsse anzubringen. Mittlerweile gibt es im Ort drei fest installierte Geruchsklappen. Außerdem wird dem Abwasser seit dem 16. Juni in Weigersdorf dosiert Aluminiumsulfat hinzugegeben. Das soll verhindern, dass sich Gase und Gerüche bilden.

Haben sich die Maßnahmen des Verbandes mittlerweile ausgezahlt?

Aus Sicht von Maik Gerber ist das so. Die Schwefelwasserstoffwerte liegen mittlerweile zwischen zehn und 18 ppm, also deutlich unter den noch vor wenigen Wochen gemessenen Zahlen. Den Effekt führt Maik Gerber vor allen Dingen auf das dem Abwasser hinzugegebene Aluminiumsulfat zurück. „Wir werden die Sache erst mal weiterführen“, sagt er.

Ist das Geruchsproblem in Mücka nun abschließend geklärt?

Zumindest hat der Abwasserverband bewiesen, dass er die Gerüche in Mücka eindämmen kann. Jedoch kostet das Aluminium Geld. Beobachter rechnen mit Kosten in fünfstelliger Höhe pro Jahr. Dabei bekämpft das Aluminium zwar die Symptome, ändert aber nichts an der Ursache des Problems. Es fließt einfach zu wenig Wasser durch das Kanalnetz. Darum ist die Geruchsbelästigung in Mücka auch besonders deutlich aufgetreten. Denn in dem kleinen Ort sammelt sich das Abwasser aus umliegenden Dörfern, ehe es zur Kläranlage nach Kreba-Neudorf weitergeleitet wird.

Hat sich der Abwasserzweckverband zu spät für die Mückaer eingesetzt?

Diese Frage dürften die Beteiligten sehr unterschiedlich beantworten. Fakt ist, dass es in Mücka nicht erst seit diesem Jahr stinkt. In der Vergangenheit haben die Bürger wiederholt auf das Problem aufmerksam gemacht. Der Verband hat indes andere Prioritäten gesetzt und im vergangenen Jahr eine neue Kläranlage in Kreba-Neudorf eingeweiht. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Verantwortlichen den Mückaern, die besonders unter dem Geruch litten, zuletzt individuelle Angebote unterbreitet haben. So hätte der Abwasserverband beispielsweise der Familie Beier die Verlegung ihres Lüftungsschachtes am Haus bezahlt, berichtet Maik Gerber. Auch ist dem Paar angeboten worden, auf Kosten des Verbandes zwischenzeitlich in ein Hotel umzuziehen, da es in ihrem Schlafzimmer besonders stark nach Schwefelwasserstoff gerochen hat. Beide Angebote seien von der Familie aber abgelehnt worden.

Schadet Aluminiumsulfat nicht dem Kanalnetz und der Kläranlage?

Diese Frage stellen sich die Verantwortlichen ebenfalls. Der Schwefelwasserstoff hat in der Vergangenheit nämlich nicht nur für unschöne Gerüche gesorgt, sondern auch den Rohren und Schächten stark zugesetzt. Wie die nun auf das Aluminiumsulfat reagieren, bleibt abzuwarten. Maik Gerber will die Werte weiter beobachten. „Wenn die Daten vorliegen und wir Klarheit haben, werden weitere Maßnahmen eingeleitet“, sagt er. Schon jetzt muss der Abwasserverband regelmäßig den Aufsichtsbehörden des Landkreises Görlitz über seine Fortschritte berichten.

Welchen Investitionsstau schiebt der Abwasserverband vor sich her?

Dem Abwasserverband fehlt bis heute eine Eröffnungsbilanz. Die würde einen Überblick über die bestehenden Baustellen geben. Der letzte Jahresabschluss datiert daher auch aus dem Jahr 2012. Maik Gerber, der kommissarische Geschäftsführer, hofft, dass die Daten für die Eröffnungsbilanz bis Oktober vorliegen. „Es gibt aber viele Unwägbarkeiten“, warnt er. Mit Daniel Klemm hat der Abwasserverband nun einen designierten Geschäftsführer, der sich Vollzeit um die Eröffnungsbilanz kümmern kann. Der Verbandsversammlung hat der Diplom-Verwaltungswirt erzählt, dass er sich schon in das Thema doppelte Buchführung einarbeitet.

Welche Aufgaben erwarten den neuen Geschäftsführer?

Die Eröffnungsbilanz drängt besonders. Nach dem überraschenden Abgang der Geschäftsführerin Katrin Kuhnert, scheint es aber auch im Unternehmen zu rumoren. Der Verband leistet sich für zwei Mitarbeiterinnen zwei Niederlassungen in Sproitz und in Nieder Seifersdorf. „Aus meiner Sicht haben wir eine schwierige personelle Situation“, sagt Mückas Bürgermeister Uwe Blättner und fragt Daniel Klemm noch vor dessen Wahl nach Lösungen. „Das kann nicht auf Dauer funktionieren“, kommentiert der 37-Jährige die zwei Niederlassungen. Zunächst müsse er aber die Personen und Hintergründe kennenlernen.