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Was ist das denn?

Rätselhafte Objekte beflügeln die Fantasie der Zittauer. Die Stadt verrät, was sich dahinter verbirgt.

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© Matthias Weber

Von Mario Heinke

Seit die ersten Fotos der vermeintlichen „Kunstinstallationen“ in den sozialen Netzwerken aufgetaucht sind, rätseln die Zittauer, was es mit den Objekten, die im Stadtgebiet vermehrt auftauchen, auf sich hat. Auch die bei Kunstbanausen beliebte Schenkelklopferphrase „Ist das Kunst oder kann das weg?“ hat schnell die Runde gemacht, weil die Zittauer sich keinen Reim auf die Objekte machen können. Die steinernen Ringe in der Hammerschmidtstraße, der mit Goldstücken besetzte Ofen mit Wecker in der Amalienstraße, der rote Teufel am Töpferberg oder die bunte Bank mit Kutsche am Fastentuch sind inzwischen aber trotzdem zu beliebten Fotomotiven geworden.

Eine besonders hitzige Debatte im Internet löste ein Sitzbalken mit Pferdekopf aus, der in der Parkanlage gegenüber der Aral-Tankstelle am Ring steht. An dem Objekt war ursprünglich ein Luftgewehr befestigt. Besorgte Mütter schrieben sogleich bei Facebook, dass ein solch militantes Gerät nicht auf einen Spielplatz gehöre. Nun ist die Bank gar kein Spielplatz, trotzdem schritten Unbekannte offenbar schnell zur Tat und entsorgten das ungeliebte Objekt des Militarismus. Auch ein Königsstuhl auf Gummistiefeln auf der Neustadt stehend, ist bereits dem allgegenwärtigen Vandalismus zum Opfer gefallen, noch bevor die sagenhaften Objekte überhaupt ihrer Bestimmung übergeben werden konnten.

Die SZ hat bei der Stadtverwaltung nachgefragt, welche Bestimmung den bis dato unbekannten Werken zugedacht ist. „Hier entsteht ein Sagenpfad“, löst Stadtsprecher Kai Grebasch das Rätsel. Der Zittauer Sagenpfad ist ein Gemeinschaftsprojekt der bao GmbH, dem Jobcenter und der Stadtverwaltung Zittau. Durch die Zusammenarbeit der drei Einrichtungen entstand in der Vergangenheit bereits der „Sinnesgarten“ in der Pfarrstraße, die rote Holzwand der Läufer am Weinaustadion und einige Objekte im Bürgergarten in Zittau Nord. Erwerbslose junge Menschen fertigen in den Werkstätten der bao GmbH unter fachkundiger Anleitung die einzelnen Stationen für den Sagenpfad. Die Entwürfe stammen aus der Werkstatt der bao und wurden mit den Fachbereichen der Stadtverwaltung weiterentwickelt und sind im Technischen- und Vergabeausschuss vorgestellt worden, erklärt Grebasch.

Momentan stehen die ersten fünf Stationen, weitere vier werden bis Mitte August aufgestellt. Danach sollen im dritten Bauabschnitt noch einmal fünf Stationen dazukommen. Parallel dazu werden derzeit die Beschriftungen der 14 Informationstafeln an den Stationen und ein Flyer angefertigt. Tafeln und Flyer erklären, welche Oberlausitzer Sage das jeweilige Objekt darstellt und um welche Orte, Ereignisse und Personen sich die sagenhaften Geschichten ranken. Kenner der Stadtgeschichte und Historiker können die Sagen zu den bestehenden Stationen sicherlich schnell zuordnen. Nach SZ-Informationen sind alle bekannten Figuren am Start, vom Ascheweibchen bis zum Malzmönch. Sobald alle Stationen stehen, plant die Stadt eine offizielle Einweihung des Sagenpfades, der ein weiterer Baustein im Angebot für Besucher und Touristen der Stadt werden soll. Ein Termin für die Einweihung stehe allerdings noch nicht fest, so der Stadtsprecher.

Die Kosten zur Herstellung der sagenhaften Objekte trägt das Jobcenter. Die Stadt finanziert lediglich die Beschilderung der Stationen und die Produktion des Übersichts-Flyers. Die bao GmbH kümmert sich derzeit um die Vandalismusschäden. So soll der Königsstuhl auf der Neustadt mittels Betonsockel fester im Boden verankert werden. Wie alles Neue entfacht auch der „Zittauer Sagenpfad“ eine Debatte um Sinn und Nutzen des Projektes. Es sind vermutlich wieder einmal die Jüngsten, die unvoreingenommen Besitz von den Objekten ergreifen werden. Sind die Eltern dann noch in der Lage, ihnen die dazugehörige Sage zu erzählen, dann trägt das zur Allgemeinbildung bei und kann die Identifikation mit der Heimatstadt befördern.

Silke Otto von der Zittauer Touristinformation sieht das Projekt ganz pragmatisch. Die Stadt Zittau erhalte fast zum Nulltarif eine zusätzliche Attraktion, sagt sie und ergänzt: „Wenn den Arbeitslosen durch die Arbeit am Projekt geholfen werden kann, eine neue Anstellung zu finden, dann ist das doch ein lohnendes Projekt.“