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Was kostet eine Beschwerde?

Eine Görlitzerin ärgert sich über das Ordnungsamt. Die Stadt fühlt sich zu Unrecht kritisiert.

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© Nikolai Schmidt

Von Susanne Sodan

Görlitz. Wenn Brigitte Neu zurückdenkt, kommt der Ärger wieder hoch. Sie ist die Vorsitzende des Gartenvereins „Brose“ in der Südstadt. Die Geschichte, die sie so geärgert hat, beginnt mit einem falsch geparkten Auto in der Gartensparte. Sie geht weiter mit einem Besuch beim Ordnungsamt der Stadt Görlitz. Und sie endet mit der Frage: Muss man Geld bezahlen, wenn man sich beschweren will?

Anfang Mai gab es einen Arbeitseinsatz in der Gartensparte. Der Verein hat ungenutzte Gärten entmüllt. Dafür wurde ein Container bestellt, der am 7. Mai von einem Lkw wieder abgeholt werden sollte. „Ich habe vergeblich in der Gartenanlage gewartet, bis eine Gartenfreundin mir mitteilte, dass der Lkw nicht runterkommen kann, weil ein Pkw den Weg blockiert“, schildert Brigitte Neu in einem Brief an die SZ. Eine Suche nach dem Besitzer des Autos blieb ohne Erfolg. „Wir haben dann das Ordnungsamt angerufen und um Hilfe gebeten.“ Als dessen Mitarbeiter eintraf, seien auch die Besitzer des Autos zurückgekommen. Brigitte Neu habe den Mitarbeiter gefragt, ob er nicht etwas unternehmen wolle, schildert sie. Die Antwort habe in etwa gelautet: Der Mann mit dem Pkw fahre ja jetzt weg, wenn Brigitte Neu etwas unternehmen wolle, müsse sie ihn privat anzeigen. Etwa eine Stunde habe es gedauert, bis der Weg für den Lkw frei war und der Container abgeholt werden konnte, erzählt Brigitte Neu. Einen Aufschlag mussten die Gartenfreunde für den Verzug zwar nicht bezahlen, aber der Ärger blieb. Auch am nächsten Tag noch. Am 8. Mai ging Brigitte Neu selber zum Ordnungsamt, sprach mit dessen Chefin.

Erstens wollte sie tun, was ihr tags zuvor geraten wurde, nämlich eine private Anzeige gegen den Autofahrer erstatten. Zweitens wollte sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Mitarbeiter vom Ordnungsamt einlegen, weil er untätig geblieben war. Das ist noch zu klären. Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes muss generell einen eindeutigen Tatnachweis über eine Ordnungswidrigkeit vorlegen können, erklärt die Stadt. Er muss lange genug selber vor Ort sein, um beispielsweise sagen zu können: Ja, das Auto stand länger als drei Minuten dort, wo es nicht parken darf. Dieser eindeutige Tatnachweis sei aber in dem Fall nicht möglich gewesen.

Als Brigitte Neu die Dienstaufsichtsbeschwerde abgeben wollte, wurde ihr gesagt, das müsste sie schriftlich machen, schildert sie. Genau das wolle sie jetzt und vor Ort tun, erklärte daraufhin Brigitte Neu. Dafür müsste sie eine Verwaltungsgebühr bezahlen, erhielt sie als Antwort, über die sie sich heute noch aufregt. „Es kann doch nicht sein, dass ich als Bürger Gebühren bezahlen muss, wenn ich mich beschweren will.“

Das ist auch nicht so, kontert die Chefin des Ordnungsamtes, Silvia Queck-Hänel. Jeder habe das Recht, sich jederzeit mit Bitten wie auch Beschwerden an die Verwaltung zu wenden, erklärt sie. Einfach ist es, wenn man zum Beispiel melden will, dass eine Straßenlampe kaputt ist. Solche Eingaben einfacher Art kann man im Ordnungsamt mündlich anbringen oder einfach anrufen – ohne eine Verwaltungsgebühr zu zahlen. „Man muss für eine Beschwerde also nicht bezahlen“, sagt die Ordnungsamtschefin. Es gibt aber auch kompliziertere Fälle, Beschwerden besonderer Art, zu denen Dienstaufsichtsbeschwerden zählen. Sie können durchaus Konsequenzen für die betroffene Person haben. Und auch derjenige, der sich beschwert, hat ein Recht auf Auskunft und Antwort. Eine kurze, mündliche Beschwerde reicht also nicht.

Schreibt man die Beschwerde zu Hause, kostet es ebenfalls nichts. Eine andere Sache ist es, wenn man seine Beschwerde von der Behörde schriftlich aufnehmen lässt. Eine solche Aufnahme einer Niederschrift sei grundsätzlich erstmal mit Verwaltungsgebühren verbunden, erklärt Silvia Queck-Hänel. Das ist keine städtische Verordnung, sondern steht im Sächsischen Verwaltungskostengesetz. Die Verwaltungsgebühr liegt bei mindestens fünf Euro, eine angefangene Stunde kostet zwischen zwei bis 50 Euro. In der Praxis wird aber meistens kein Geld gefordert: Wenn Menschen in die Behörde kommen, die nicht selber schreiben können, beispielsweise wegen einer körperlichen Behinderung oder Analphabetismus, dann „erheben wir selbstverständlich keine Verwaltungsgebühren“, so Silvia Queck-Hänel. Als Brigitte Neu zu ihr kam, habe sie diese Punkte auch angesprochen: Dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde eine bedeutende Angelegenheit ist, die sich nicht zwischen Tür und Angel klären lasse. Und auch, dass „für die Aufnahme einer Niederschrift der Beschwerde Gebühren erhoben werden müssten“, teilt Silvia Queck Hänel mit. „Ich habe ihr empfohlen, die Beschwerde schriftlich einzureichen.“ Eine E-Mail ist übrigens ausreichend.

Weiter kam das Gespräch nicht. „Empört bin ich gegangen“, schreibt die Vereinsvorsitzende. „Eigentlich habe ich geglaubt, dass die Stadtverwaltung für die Bürger da sein soll und nicht umgedreht.“