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Was vom Schlamm übrig blieb

Starkregen hatte am Wochenende eine Lawine durch den Wald an der B 6 ausgelöst. Die Straße musste gesperrt werden. Die Ursache ist immer dieselbe.

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© Roland Halkasch

Von Dominique Bielmeier

Klipphausen. Eine Baustellenampel ist das erste, schon von Weitem sichtbare Anzeichen für das, was am Wochenende an der B 6 zwischen Meißen und Scharfenberg geschehen ist. Sie regelt den Verkehr in beide Richtungen, so lange die drei Fahrzeuge der Galabau und Bauservice Meißen GmbH noch am Fahrbahnrand zu tun haben. Ohne die Ampel würde so mancher Autofahrer mittlerweile wohl wieder zwischen Wald und Elbe durchfahren, ohne einen Blick nach links oder rechts zu riskieren. Denn die Schlammmassen, die noch am Sonnabend hier die Straße auf mehreren Hundert Metern fluteten, sind mittlerweile größtenteils beseitigt, die Straße ist wieder frei von Matsch, Ästen und Geröll.

Die B6 zwei Tage später fast schlammfrei.
Die B6 zwei Tage später fast schlammfrei. © Claudia Hübschmann

B6 nach Erdrutsch gesperrt

Am Sonnabend musste die Bundesstraße bis in die Abendstunden gesperrt werden, nachdem gegen 15.15 Uhr Starkregen eine Schlammlawine ausgelöst hatte. Die Feuerwehr rückte an, um die Behinderung zu beseitigen. Mit einem Radlader des örtlichen Bauhofes schoben die Helfer die braune Masse zur Seite. Anschließend reinigten die Kameraden die Fahrbahn.

Noch am Montagmittag ist ein Caterpillar-Bagger dabei, den zähen Schlamm aus dem Straßengraben zu holen. Stellenweise wurde abgetragene Erde, durchsetzt von abgebrochenen Ästen und herausgerissenen, kleinen Bäumen, an der Waldböschung aufgeschüttet. An den verschmutzen Pflanzen am Straßenrand kann man erkennen, wie hoch der Schlamm hier stand – genau wie an den Fotos vom Sonnabend: Auf ihnen stehen Feuerwehrleute teilweise mehr als knietief im braunen Wasser. Die Abflüsse, die es im Straßengraben unterhalb des Waldes alle paar Meter gibt, konnten die Wassermassen am Wochenende nicht mehr aufnehmen.

Wie aber kam es zur Flut, die an die verheerende Schlammlawine im Triebischtal vor gut drei Jahren erinnert? Markus Biernath, Leiter des Forstbezirks Dresden, kann dazu bisher nur spekulieren, denn offiziell informiert wurde er nicht über die Schlammlawine, die durch einen Wald des Freistaats rollte. Oft hätten solche Schlammfluten jedoch nichts mit dem Landeswald zu tun, sondern kämen von vegetationsfreien Äckern, welche die Haltekraft nicht besäßen, erklärt Biernath.

Strecke schon häufiger betroffen

So war es schon bei der Flut im Triebischtal und auch an der B 6 ist das wieder der Grund, wie der Klipphausener Bürgermeister Gerold Mann auf SZ-Anfrage bestätigt. „Es waren Erdmassen von den Feldern, die sich ihren Weg durch den Elbhang gesucht haben und an der B 6 angekommen sind“, so Mann. Die Strecke zwischen Meißen und Scharfenberg habe es dabei schon häufiger getroffen, so auch im Jahr 2014. „Immer wenn in kurzer Zeit große Wassermassen auf Feldflächen niedergehen“, erklärt Mann. Der Lößlehm-Boden sorge zwar für gute Erträge, sei aber nicht sickerfähig.

Die Gemeinde könne nur an die Landwirte appellieren, sich bei der Bewirtschaftung so abzusprechen, dass nicht alle Flächen gleichzeitig mit einer Frucht, zum Beispiel Raps, bewirtschaftet werden. Denn: „Solche Ereignisse werden ja nicht weniger, sondern mehr“, sagt Mann. „Und der Bauer muss ja selbst ein Interesse daran haben, dass der Mutterboden auf dem Feld bleibt.“ Bei den Landwirten gebe es aber bereits „ein leichtes Umdenken“.

Für Leo Lippold ist die neueste Schlammlawine keine Überraschung. Der Besitzer von Schloss Scharfenberg appelliert seit Längerem an die Politik, die sächsische Kulturlandschaft nicht verwahrlosen zu lassen. „Noch nie war unsere Landschaft monotoner, armseliger, so vernutzt und entwertet, wie dieser Tage“, sagte Lippold erst im April im SZ-Interview.

Die Schlammflut habe nach seiner Auskunft in Hopfenfeldern oberhalb der B 6 ihren Anfang genommen. Deren Besitzer, die Agrarproduktions- und Handelsgesellschaft mbH Scharfenberg, die zur Meißener Agrarprodukte AG (MAP) mit Sitz in Priestewitz gehört, waren am Montag für die SZ nicht zu erreichen. Erst im vergangenen Herbst hatte die Agrar-Gesellschaft ihre Hopfenanlage zwischen Wolfsteichbach und B 6 von 35 auf 50 Hektar erweitert.