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Was wird aus dem Schloss?

Jürgen Krüger hatte schon einige Ideen für seine Immobilie in Königsbrück. Nun will er ein Flüchtlingsheim daraus machen.

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© Matthias Schumann

Von Nicole Preuß

Das Königsbrücker Schloss macht einen gepflegten Eindruck. Der Rasen des Gartens ist kurz gehalten, die Rosen sind gestutzt, das Baumaterial wurde sauber aufgestapelt. Und doch stimmt etwas ganz Entscheidendes nicht. Das herrschaftliche Gelände im Herzen von Königsbrück wird schon seit rund 15 Jahren nicht mehr genutzt. Seitdem besitzt Jürgen Krüger die Immobilie.

Wie ein verwunschenes Märchenschloss. Das Königsbrücker Schloss steht seit rund 15 Jahren leer. Eigentümer ist der Rheinländer Jürgen Krüger. Er hatte dem Landratsamt das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft vorgeschlagen.
Wie ein verwunschenes Märchenschloss. Das Königsbrücker Schloss steht seit rund 15 Jahren leer. Eigentümer ist der Rheinländer Jürgen Krüger. Er hatte dem Landratsamt das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft vorgeschlagen. © Matthias Schumann

Der Schlossherr ist für zwei Tage aus seinem Wohnort bei Köln nach Königsbrück gekommen. Dachdecker wollen etwas reparieren, er will Absprachen treffen. Der Mann trägt dunkle Gummistiefel, Arbeitshose, Pullover, Basecap – und Ärgerfalten auf der Stirn. Die Dachdecker arbeiten nicht so wie abgesprochen. Der kleine Vorfall steht symbolisch für das Verhältnis des Schlossherrn zu Königsbrück. Denn eigentlich hat aus seiner Sicht in der Stadt bisher nur wenig geklappt.

Das gilt auch für seinen bisher letzten Vorstoß. Jürgen Krüger hat das dreigeschossige Schloss aus der Zeit um 1700 dem Landratsamt als Flüchtlingsunterkunft angeboten. Die Reaktion blieb nicht aus. Die Stadt Königsbrück schlug für den Zweck ein eigenes Grundstück im Gewerbegebiet vor – gerade um Offerten wie seine zu verhindern. Aufgebrachte Königsbrücker buhten ihn bei einer Einwohnerversammlung aus. Doch Jürgen Krüger ficht das scheinbar nicht an. Der Rheinländer ersteigerte das Schloss 2001 vom Freistaat, Medienberichten zufolge für rund 500 000 DM. Der Einzelhandelskaufmann hatte bereits denkmalgeschützte Häuser in Köln saniert und vermietet. Er besaß das Geld, also schlug er zu. Beginnen wollte er damals mit dem Einrichten von 25 Wohnungen im Torhaus. „Die Mieten liegen in Königsbrück aber höchstens bei 5,50 Euro pro Quadratmeter“, stellte er fest. „Eine Sanierung ohne Zuschüsse wäre unrentabel gewesen.“ Er hoffte auf Fördermittel, um Mehrkosten aufzufangen. Eigenen Angaben zufolge bekam er die Unterstützung aber nicht.

Bisherige Kosten: 1,5 Millionen Euro

Deshalb erledigte er nur die Reparaturen, die dringend notwendig waren, und ließ sonst die Anlage von einem angestellten Hausmeister pflegen. 2009 versuchte er etwas Neues. Der Freistaat suchte für die Naturschutzgebietsverwaltung Königsbrücker Heide ein neues Domizil. Er bewarb sich. „Da mehrere Objekte zur Auswahl standen, wurde auf Grundlage von einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung entschieden“, sagt Andrea Krieger vom Sächsischen Immobilien- und Baumanagement auf Nachfrage. Das Schloss wurde abgelehnt und die Verwaltung zog schließlich in die ehemalige Schwanenteichschule.

Wirtschaftlichkeit spielt bei den Begründungen oft eine Rolle. Ein Problem scheint daher immer wieder das Geld zu sein. Jürgen Krüger sagt, er will die Summe rausbekommen, die er ins Schloss gesteckt hat. „Das Ganze hat mich inzwischen 1,5 Millionen Euro gekostet“, rechnet er vor. Verkaufen komme daher nicht infrage. Ein erfahrener Makler hat ihm gesagt, so viel bekomme er niemals für das Objekt.

Die Königsbrücker sind nicht zufrieden

Und so setzt er jetzt seine Hoffnung auf das Flüchtlingsheim. Im März 2015 bewarb er sich, im Oktober bekam er vom Landratsamt die Ablehnung. „Es gibt weitere Angebote in der Stadt Königsbrück, die schneller realisierbar und deutlich wirtschaftlicher sind“, sagt Gernot Schweitzer vom Landratsamt. „Außerdem hat die Stadt im Rahmen der stadtinternen Abwägung das Schloss als Standort abgelehnt.“

Das Hauptgebäude, das Jürgen Krüger als Flüchtlingsheim angeboten hat, wurde nach dem Krieg erst als Heim für Tuberkulosekranke und dann als psychiatrisches Pflegeheim genutzt. Von langen Fluren gehen Zimmer und Waschräume mit Toiletten aus. Im Erdgeschoss steht eine Ausstellung zur Geschichte des Schlosses, doch die sieht auch niemand mehr. Das Heizen im Winter, wenn die meisten Besucher kommen würden, ist zu teuer. Dann stehen nämlich die Kamelien im Gewächshaus des Schlosses in Blüte. Die Pflege der Pflanzen hat der Heimatverein übernommen.

Die Königsbrücker sind mit dem Zustand ihres Schlosses nicht zufrieden. Konzeptlosigkeit wird dem Schlossherrn vorgeworfen – und Schlimmeres. Peter Sonntag vom Heimatverein könnte sich Nutzungen für das Schloss vorstellen. Eine Idee wäre zum Beispiel Service-Wohnen für Senioren. Das ist eine Betreuung nach Wunsch, die mit Freizeitangeboten abgerundet wird. „Der Bedarf dafür ist riesig“, sagt er. Bürgermeister Heiko Driesnack (CDU) wünscht sich ebenfalls eine gute Lösung für das Schloss. „Es wäre schön, wenn es aus dem Dornröschenschlaf erwacht.“

Jürgen Krüger hat inzwischen keine Idee mehr. „Dann muss das Schloss dem Verfall preisgegeben werden“, sagt er. Der Kreis jedenfalls schließt auch für die Zukunft aus, im Schloss Flüchtlinge unterzubringen. Und das will schon etwas heißen.