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Weißwasser
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Kein Ende in Debatte um Wassergeschäft

Nach dem gescheiterten Bürgerbegehren fordert jetzt die CDU/SPD-Fraktion im Stadtrat Weißwasser, den WZV-Beitritt zu überdenken. Aus Sicht der Stadt gibt es dafür aber keinen Grund.

Von Constanze Knappe
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Symbolfoto © dpa

Wie oft denn noch? Die Verwunderung stand Petra Brünner (Klartext) geradezu ins Gesicht geschrieben. Als die CDU/SPD-Fraktion des Stadtrats Weißwasser in der jüngsten Sitzung einen Antrag zum Wassergeschäft einbrachte. Darin wird die „Überprüfung und öffentliche Darstellung der Wirtschaftlichkeit des Eigenbetriebs Wasser/Abwasser des Wasserzweckverbands Mittlere Neiße – Schöps“ (WZV) gefordert. Man bringe den Antrag ein, „obwohl das Thema schon sehr belastet ist“, meinte Ronald Krause (SPD) prompt.

Doch „die extrem veränderten Rahmenbedingungen auf dem Finanzmarkt“ würden die erneute Befassung notwendig machen – und zwar vor Abschluss von Kauf- und Kreditverträgen zur Rekommunalisierung der Wasserver- und Abwasserentsorgung, erklärte er. Wesentliche Entscheidungen des WZV, insbesondere eine Übernahme von Bürgschaften durch die Stadt Weißwasser, müssten im Stadtrat vorberaten werden. Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext) hielt dagegen, dass die Stadt auf die Notwendigkeit von Bürgschaften hingewiesen worden ist, dem sei aber gar nicht so. „Die Kreditverhandlungen im Verband haben ergeben, dass keine zusätzlichen Bürgschaften nötig werden“, erklärte er. Es gebe bereits Kreditzusagen von Banken, so Weißwassers OB, der im Februar zu einem der zwei stellvertretenden WZV-Chefs gewählt worden ist.

Doch selbst wenn die Frage der Bürgschaften geklärt sei, die Forderung der CDU/SPD-Fraktion nach einer Überprüfung der Entscheidung zur Rekommunalisierung ist damit nicht vom Tisch. „Die Idee zur Übertragung der Dienstleistungen ließ sich vor über einem Jahr von Wirtschaftsberatern vor Verbands- und Stadträten gut rechnen und darstellen. Das ist unumstritten“, räumte Ronald Krause ein. Aber da habe der Leitzins der Europäischen Zentralbank noch bei Null Prozent gelegen, inzwischen sind es drei Prozent. Am 16. März soll der Leitzinssatz erneut angehoben werden.

Gebührenerhöhung befürchtet

Beim angenommenen Kreditvolumen von 40 Millionen Euro, die Zahl entnahm er dem Bundesanzeiger, wären das aufgrund der Zinsbelastungen Mehrkosten von über einer Million Euro jährlich. „Jetzt, in der finalen Phase, ist die sogenannte inhouse-Lösung die mit Abstand schlechteste Variante“, erklärte der SPD-Stadtrat. Er begründete die Feststellung damit, dass die Kommunale Versorgungsgesellschaft Lausitz mbH (KVL) als Tochter des WZV ohne nennenswertes Eigenkapital alle Geschäftsvorgänge mit Krediten finanzieren müsse und das in einer Zeit, da die Zinsen am Kapitalmarkt seit 15 Jahren die Höchsten sind.

Die CDU/SPD-Fraktion befürchtet, dass von den ursprünglichen Zielen der Rekommunalisierung nicht viel übrig bleibt. Gesichert werden sollten damit konstante Gebühren, Erträge zugunsten der beteiligten Kommunen und Sponsoringleistungen. Stattdessen sei zu befürchten, dass sich die veränderten Rahmenbedingungen „mindestens für die nächsten 20 Jahre wesentlich und vor allem negativ auf die Höhe von Gebühren und Preisen auswirken werden“.

In ähnlicher Weise hatte sich Rico Jung, eine der Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens „Pro Stadtwerke“, bereits in der Ratssitzung im Januar geäußert. In der Einwohnerfragestunde erkundigte er sich, ob es Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen unter den neuen Gegebenheiten gebe, und wer Verluste bezahle, ob diese auf die Bürger umgelegt werden oder zulasten der Gewinnausschüttung gehen. Rico Jung hatte an die Stadträte appelliert, ihren Beschluss zum WZV-Beitritt zu überdenken und die Wasserkonzession doch auszuschreiben.

In der jüngsten Ratssitzung nun nahm die Stadtverwaltung Stellung dazu. Die Räte hätten sich in elf Gremiensitzungen in zweieinhalb Jahren intensiv mit der Thematik befasst und nach bestem Wissen und Gewissen für die Rekommunalisierung entschieden. Das sei zu respektieren. Es sei aber auch legitim, Ratsentscheidungen zu kritisieren und zu hinterfragen, Kontrollinstanzen zu bemühen, den Rechtsweg zu nutzen und mit einem Bürgerbegehren eine Neubehandlung des Themas zu erzwingen, umriss Torsten Pötzsch den Handlungsspielraum für die Gegner des WZV-Beitritts. Jedoch sei dieser ausgeschöpft, nachdem die Rechtsaufsicht des Landkreises Görlitz die Ablehnung des Bürgerbegehrens durch den Stadtrat bestätigt hat. Der OB ermahnte Jung, dass in den Fragestunden des Stadtrats nicht immer die gleiche Frage gestellt werden dürfe, das Thema müsste dann zumindest unter einem neuen Aspekt betrachtet werden.

Schlechteste Varianten betrachtet

Bezogen auf die neuen Gegebenheiten meinte der Rathauschef, dass Energiekrise, Tarifverhandlungen, Materialkosten und Fachkräftemangel alle Unternehmen betreffen. Die Kosten des Übergangs des Wassergeschäfts, etwa für den Erwerb des Anlagevermögens, „hätte nach einer Ausschreibung auch ein Mitbieter an die SWW zahlen müssen, wenn sein Angebot besser gewesen wäre“. Wie hoch die Kosten sind, werde zum Abschluss der Verhandlungen mit den Stadtwerken Weißwasser GmbH und Veolia feststehen. Das erklärte unlängst auch der WZV-Chef und Schleifer Bürgermeister Jörg Funda (CDU) und ebenso, dass man intensiv daran arbeite.

Hinsichtlich der Zinsentwicklung sagte Pötzsch, dass selbige ebenso wenig berechenbar gewesen wäre wie etwa die gestiegenen Energiekosten durch den Ukrainekrieg. „Was feststeht: Bei den Kalkulationen für oder gegen den Beitritt zum WZV und die Rekommunalisierung des Wassergeschäfts sind die schlechtest möglichen Varianten berücksichtigt worden. Und auch da ist die Rekommunalisierung der für die Bürger beste Weg gewesen“, betonte er. Wie mit der Gewinnausschüttung umgegangen werde oder mit Verlusten, „wenn es denn überhaupt Verluste geben sollte“, sei eine Entscheidung des WZV.

Großinvestition zurückgestellt

Zwar muss die Stadtverwaltung Weißwasser nun auf den Antrag der CDU/SPD-Fraktion reagieren. Inhaltlich dürfte aber wenig Neues zu erwarten sein, da einige der angesprochenen Punkte schon in der Stellungnahme der Stadt auf die Einwohnerfragen von Rico Jung beantwortet sind.

Zuguterletzt wollte Ronald Krause noch wissen, ob die Modernisierung der Hauptwasserleitung nach Schwarze Pumpe tatsächlich zurückgestellt sei. Er sehe in der Leitung nur Vorteile: Sie sei ein Ersatz, falls mit der Leitung vom Bärwalder See etwas sein sollte, man könne sie in beide Richtungen nutzen, daraus Wasser ziehen, aber auch liefern und sich damit neue Gebiete erschließen und noch dazu sei es ein Strukturwandelprojekt. Pötzsch bestätigte die Rückstellung der Investition durch den WZV. Die Mittel dafür seien noch nicht genehmigt. Es gehe um 38 Millionen Euro bei zehn Prozent Eigenanteil. Wegen der neuen Lage mit der Übernahme des Wassergeschäfts sei die Rückstellung mit allen Beteiligten abgestimmt worden, sagte er.