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Weißwasser
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Laut und stark: Proteste und Warnstreik in Weißwasser

Über 300 Streikende waren gestern am Bahnhofvorplatz. Sie forderten nicht nur mehr Geld.

Von Sabine Larbig
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Dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di zum Warnstreik waren gestern viele regionale Mitarbeiter im öffentlichen Dienst gefolgt.
Dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di zum Warnstreik waren gestern viele regionale Mitarbeiter im öffentlichen Dienst gefolgt. © Sabine Larbig

Weißwasser. Die Mitarbeiter kommunaler und kreislicher Verwaltungen sowie Einrichtungen, von Kitas, Horten, Stadtwerken, Bauhöfen, Straßenmeistereien kamen mit vielen Plakaten voller Sprüche wie „Ein soziales Herz reicht nicht“; „Erzieher sind wie Dessous: Spitzenqualität für einen Hauch von Nichts“ oder „Wer, wenn nicht wir und jetzt“. Die Streikenden aus Weißwasser, Rothenburg, Niesky, Krauschwitz, Schleife, Bad Muskau machten mit Trillerpfeifen, Rasseln, Tribünenreden auf sich und ihre Forderungen aufmerksam. Dazu gehören für Beschäftigte im öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens 500 Euro. Bisher blieb das ergebnislos, weshalb die Gewerkschaft ver.di im Bezirk Sachsen West-Ost-Süd gestern vielerorts zu Warnstreiks aufrief. Mit der Teilnehmerzahl in Weißwasser war der ver.di-Geschäftsführer Ostsachsen, Daniel Herold, sehr zufrieden. Er wisse zudem, dass der Tarifkampf härter sei als in der Vergangenheit und dass viele ostsächsische Kommunen in schwierigen Haushaltslagen seien. „Aber wir weisen seit Jahren darauf hin, dass die Kommunalfinanzen und die Löhne der Mitarbeiter verbessert werden müssen. Das ist nicht passiert, wirkt sich schon jetzt und künftig sehr fatal durch Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst aus“, begründet Herold die Warnstreiks. Und er appelliert, dass man sich in Deutschland entscheiden müsse, wohin die Gesellschaft sich bewegen solle. „Es gibt genug Geld, es muss nur richtig verteilt werden.“

Wie er sehen es alle Streikenden. Auch Stefanie Sprejz, Personalratmitglied Stadtverwaltung Weißwasser. „Ich finde es gut, dass aus Verwaltung und Kitas so viele da sind und die Gewerkschaftsforderungen unterstützen. Denn dabei geht es auch um Gleichberechtigung, besonders für die unteren Entgeltgruppen, die immer unter den Tisch fallen.“ Die Personalrätin spricht damit Mitarbeitern der Kita Ulja Weißwasser aus dem Herzen. Viele von ihnen streiken mit: für mehr Geld sowie bessere Anerkennung ihrer Arbeit. „Wir haben zu wenig Erzieher für die Zahl der Kinder, müssen zusätzlich immer mehr bürokratische Aufgaben erledigen, haben dadurch immer weniger Zeit für die Arbeit am und mit dem Kind“, sagt eine Erzieherin.

Eine daneben stehende Gruppe der Kita „Sonnenhügel“ aus Rothenburg, die per Zug anreiste, klatscht ihr Beifall. „Genau. Daher bleiben wir standhaft. Es geht nicht nur um Lohn, auch um Arbeitsbedingungen.“ Die, so ein Erzieher, seien kaum noch tragbar. „Wir müssen für jede Packung Buntstifte wegen der Haushaltslage und des noch nicht genehmigten Stadthaushalts einen Antrag stellen, betteln um Spenden für Spiele und seit Wochen um eine Sachspende, damit abschließbare Fenstergriffe eingebaut werden. Das ist fürchterlich und unzumutbar.“Mitarbeiter der Stadtwerke Weißwasser begründen ihre Streikteilnahme damit, dass man nur zusammen stark sei, etwas erreichen und Verantwortlichen zeigen könne, dass es wie jetzt nicht weitergehe.

Dahinter stehen auch zehn Streikende der Kita „Bergpiraten“ Bad Muskau, die gestern zu blieb – zum Ärger vieler Eltern. „Doch wir sind auch hier“, so eine Erzieherin, „weil wir zu wenig Leute für die Aufgaben und Kinder sind, uns krank zur Arbeit schleppen, viel Dienstkram zu Hause machen, überlastet sind. Das sehen Eltern nicht. Sie wollen die Kinder betreut wissen, der Rest ist ihnen egal, weshalb sich viele über den Streik beschweren. Dabei kämpfen wir für sie und die Kinder mit, was nur klappt, wenn wir uns Gehör verschaffen.“