Die Geschichten hinter dem Glasmacherbrunnen

Weißwasser. Ein Jubiläum steht der Stadtgeschichte von Weißwasser 2022 ins Haus: Vor 100 Jahren wurde der Glasmacherbrunnen vor dem Bahnhof aufgestellt. Er sollte an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Glasmacher erinnern. Dafür stark gemacht hatte sich Joseph Schweig, der als Unternehmer der Glasindustrie die Entwicklung in Weißwasser mitbestimmte. In den 1970er-Jahren wurde der Brunnen abgetragen – „ein Hindernis für die Verkehrsführung“, so die Begründung. Engagierten Bürgern, vor allem dem Förderverein des Glasmuseums, ist es zu verdanken, dass es den Brunnen wieder gibt. 2002 wurde er am alten Platz vor dem Bahnhof wieder errichtet. Mit dem Kreisverkehr drumherum ist er kein Verkehrshindernis mehr. Der Glasmacherbrunnen verbindet – Geschichte und Gegenwart wie auch die Menschen der Stadt.
Mit Denkmalen die Heimat bewahren
„Weißwasser hat im Vergleich zu anderen Städten wie Görlitz, Zittau oder Löbau viel weniger Kulturdenkmale. Deshalb müssen wir erst recht sorgsam mit ihnen umgehen, um sie zu erhalten“, erklärt Stefanie Sprejz. Die Mitglieder der Denkmalkommission, deren Vorsitzende sie ist, „wollen den Menschen einen Blick dafür geben, was nicht immer sichtbar ist“, sagt sie. Seit 20 Jahren gibt es das Gremium inzwischen. Der Wiederaufbau des Glasmacherbrunnens war im Juni 2002 Anlass zur Gründung einer Arbeitsgruppe ehrenamtlich wirkender Bürger, die sich der Pflege der Denkmale verschrieben haben und diesen mehr Aufmerksamkeit verschaffen wollten. 2003 wurde die Denkmalkommission als ständige Arbeitsgruppe des Stadtrats anerkannt. Und das ist sie bis heute. Ihr gehören sieben ehrenamtliche Mitglieder sowie entsandte städtische Bedienstete an. Bis 2018 leitete Günter Seggers die Kommission. Nach seinem Ausscheiden übernahm Karl-Heinz Melcher das Ehrenamt, gab es aus persönlichen Gründen jedoch im vorigen Jahr ab. Seit April 2020 ist Stefanie Sprejz in der Stadtverwaltung für den Hochbau zuständig, wirkte seither schon in dem Gremium mit. Seit Juni 2021 hält sie vollends die Fäden in der Hand.

Wie in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wurde auch die Arbeit der Denkmalkommission durch die Corona-Pandemie ausgebremst. 2020 fanden nur zwei, 2021 fünf Sitzungen statt. Und dennoch sei, so Stefanie Sprejz, einiges erreicht worden. Seit 23. September 2021 ist das Wandbild „Lebensfreude“ wieder für jedermann sichtbar. 1986 von dem Grafiker Georgios Wlachopulos entworfen, zierte es die Giebelwand der Aula der späteren 5. Mittelschule, die 2012 abgerissen wurde. Mit Geld aus diversen Fördertöpfen konnte es wieder aufgestellt und erhalten werden. Eine enge Zusammenarbeit verbindet die Kommission mit der Reservistenarbeitsgemeinschaft Kriegsgräberpflege Sachsen.
Im Herbst 2020 wurden die Rabatten am Ehrenhain auf dem städtischen Friedhof neu bepflanzt, 2021 die Treppe am Sowjetischen Ehrenmal neu verfugt und bei der Gelegenheit auch das fehlende Hinweisschild ergänzt. Für 2022 wurden schon vorausschauend Gespräche geführt. Zwar erfordert der Einsatz der Reservisten viel Aufwand in der Vorbereitung, „aber das Ergebnis kann sich sehen lassen und wertet unseren Friedhof auf“, sagt Sprejz.
Als einen „schwarzen Tag in der Geschichte aller Denkmalpfleger in Weißwasser“ bezeichnet sie den Brand des Volkshauses am 25. April 2021. Mit dem Saal sei nicht nur ein Raum mit viel emotionalem Wert, sondern auch ein bauhistorisch und architektonisch wertvolles Baudenkmal in großen Teilen verloren gegangen, hieß es in einer kurz darauf veröffentlichten Stellungnahme der Denkmalkommission.
Volkshaus wieder aufbauen

Diese sieht „große Chancen für einen Wiederaufbau in der Zukunft, den alle Mitglieder mit besten Kräften unterstützen“. Die anfängliche Erschütterung über den Verlust sei einer optimistischen Hoffnung auf einen Neuanfang gewichen, so die Chefin der Kommission. Im Mai 2021 traf man sich zu einer Sonderberatung mit Prof. Dr.-Ing. Holger Schmidt, einem Experten für behutsame Stadterneuerung. Der Termin war schon vor dem Brand angesetzt worden, danach aber um so wichtiger. Einmal mehr war man sich dabei mit dem Landesamt für Denkmalpflege über die Bedeutung des Volkshauses einig.
Weil der Gebäudeversicherer bislang die Zahlungen für das Volkshaus verweigert, tut sich nach außen hin nicht viel. Im Hintergrund aber laufen intensive Bemühungen zur Vorbereitung des Wiederaufbaus. Auf Initiative der IG „Freunde des Volkshauses“ und weiterer engagierter Bürger gelang es mittlerweile, die Metall-Installation im Treppenhaus zu bergen.
Einmal jährlich berichtet die Denkmalkommission dem Stadtrat. Stefanie Sprejz könnte viel erzählen: über die Restaurierung des Seelöwen in der Kita Ulja zum Beispiel; über Aktionen zu den Tagen des offenen Denkmals – oder über einen Arbeitseinsatz zur Beräumung des Geländes an der Glasfachschule. Dass selbige wie auch Gelsdorfhütte und Bahnhof als Strukturwandelprojekte einer neuen Zukunft entgegensehen, betrachtet man in der Denkmalkommission „mit Wohlwollen“.
Was 2022 alles passieren soll
Ganz oben auf der Prioritätenliste für 2022 steht eine grundhafte Sanierung des Sowjetischen Ehrenmals. „Es reicht nicht aus, die vorhandenen Risse einfach zuzuschmieren“, gibt Stefan Sprejz zu bedenken. Das Vorhaben könnte mit Fördermitteln finanziert werden. Gleichfalls saniert werden müsste das Mahnmal für die Opfer des Faschismus. Dafür müssten dringend Fördermittel akquiriert werden. Jedoch sei nach ihrer Aussage das „passende Programm noch nicht gefunden“. Anschieben möchte die Vorsitzende der Denkmalkommission Weißwasser allzu gern die Sanierung der Stele Neuer Glasmacherbrunnen (1986) am Boulevard. In Anbetracht der Haushaltslage der Stadt sei sie mit dem Erreichten zufrieden. Vier Projekte hatte die Kommission für den Doppelhaushalt 2021/22 angemeldet. Dieser wurde kurz vor Weihnachten beschlossen, aber noch nicht bestätigt.
Auch im 20. Jahr des Bestehens gibt es viel zu tun für das ehrenamtliche Gremium. Ob und wie das Jubiläum gefeiert wird, ist angesichts der Pandemie ungewiss. In einem aber ist sich Stefanie Sprejz sicher: Sie möchte die Denkmalkommission noch viel mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rücken, „um eine Bühne zu geben; um Aktionen zu starten und um die Bürger der Stadt mit einzubeziehen“, wie sie sagt.